Technologie

Vom Silicon Valley zum Mars: Trumps Tech-Milliardäre und ihre sehr seltsame Weltsicht

Früher galten die Nerds zwischen San Francisco und Santa Cruz im sogenannten Silicon Valley als Linke und unterstützten vornehmlich die Demokratische Partei. Das prägte die USA nicht nur kulturell, sondern auch politisch. Plötzlich erscheint alles anders: Was erhoffen sich Elon Musk, Mark Zuckerberg, Peter Thiel und all die anderen Tech-Milliardäre von Donald Trump und seinem radikalen Umbau des US-Staates?
05.03.2025 10:58
Lesezeit: 5 min

An der Westküste verspürt man eine neue Art von Goldgräberstimmung. Nicht mehr nach Gold wird gegraben, sondern Bitcoin und andere Krypto-Währungen werden geschürft. Die IT-Branche, die uns Apple-Computer, Internet und Social Media-Anwendungen geschenkt hat, ist mittlerweile verzaubert von Künstlicher Intelligenz - und auf dem technologischen Sprung zum Mars.

Nichts ist verrückt genug, dass Zuckerberg, Bezos und Co. davon nur träumten. Mit aller Macht und Milliarden auf dem Konto sind sie dabei, ihre Visionen vollends auszuleben und in die Tat umzusetzen. Während Joe Biden sie im Weißen Haus noch zu bändigen versuchte (und in seiner Abschiedsrede vor ihrem Treiben warnte), erlauben ihnen Donald Trump und sein Vize J.D. Vance richtig durchzustarten. „Noch nie in der Weltgeschichte hatten Konzerne eine solche Macht“, sagt Wirtschaftswissenschaftlerin und Professorin an der berühmten Harvard-Universität, Shoshana Zuboff, mit Hinblick auf die Entwicklungen in den USA. Die fast täglichen Hiobsbotschaften von Donald Trump und Elon Musk zeigen, dass sie ohne Kontrolle agieren und das Land verändern.

Wenn nicht mal mehr Hollywood warnt und Witzchen für Silicon Valley reißt

Wer auf mahnende Stimmen hofft, muss lange suchen. Nicht einmal Hollywood traut sich mehr, bei der Oscar-Verleihung (am vergangenen (Wochenende) den Mund aufzumachen und die Welt mit Spitzen zu sensibilisieren und zu warnen.

Wer genauer wissen will, was die Pioniere planen und wie sie uns alle (auch unfreiwillig) ins Space Age schießen wollen, ist gut beraten, bei Douglas Rushkoff nachzulesen. Als einstiger Cyberpunk einer der Vordenker des Internets, war Rushkoff einst wahrlich begeistert von den Möglichkeiten der neuen Informationstechnik. Er brachte uns die Digital natives nahe und erklärte uns, was es heißt, viral zu gehen. Inzwischen gehört er zu den wenigen verbliebenen Kritikern, die wenigstens noch Gehör finden in den USA.

Survival of the Richest - Warum wir vor den Tech-Milliardären noch nicht einmal auf dem Mars sicher sind“ heißt sein wohl bekannteses Buch, das vor wenigen Tagen nun auch im Suhrkamp-Verlag endlich auf Deutsch erschienen ist. Darin beschreibt er, wie sich Tech-America auf die Apokalypse vorbereitet - freilich nicht etwa aus Furcht, sondern mit eigentümlichen Eifer und sogar Vorfreude. Das Buch hat vor drei Jahren für Furore gesorgt, weil es das Mindset von Zuckerberg, Musk und Co. erklärt.

Fünf Milliardäre hatten Rushkoff gemeinsam in ein Luxus-Ressort eingeladen, um sich von ihm Überlebensstrategien aufzeigen zu lassen. Dabei kam nicht nur heraus, wie sich Facebook-Begründer Zuckerberg etwa in einem unterirdischen Atombunker auf Hawaii verstecken will, sondern auch, dass OpenAI-Begründer Sam Altman für sich (und mindestens sein Gehirn) auf ein unendliches Nachleben im Cyberspace hofft. Eine seiner Kernaussagen verheißt nichts Gutes für die USA und womöglich die Welt: „Jede Gesellschaft, die ein dem gegenwärtigen vergleichbares Maß an wirtschaftlicher Ungleichheit erreicht hatte, rutschte in den Faschismus ab. Noch nie ist eine Zivilisation, die ihre physische Umwelt derart ausgebeutet hat, dem Zusammenbruch entgangen.“

Von Rushkoffs einstigem Zukunftsoptimismus keine Spur mehr übrig. Es dominiert die Ernüchterung. Immerhin wird verständlich, was für eine Besessenheit es beispielsweise ist, die Elon Musk antreibt und es den Multimilliardären heutzutage real ermöglicht, ihre Träume wahr werden zu lassen. Nicht nur Elon Musk auch Amazon-Chef Jeff Bezos oder Virgin-Chef Richard Branson - sie alle drängt es in Weltall. Weil sie wirklich glauben, dass unsere Welt dem Ende zugeht - durch einen Atomkrieg oder nicht eher durch Gewalt in Amerika?

Kein bewaffneter Bürgerkrieg - aber organisierte Übergriffe auf der Tagesordnung

„Ich glaube nicht, dass es bewaffnete Auseinandersetzungen in den Straßen geben wird oder gar einen neuen Bürgerkrieg. Aber organisierte Übergriffe auf migrantische Gemeinschaften sind vorstellbar. Neonazis fühlen sich ermutigt. Denn die Tyrannen aus der letzten Reihe im Klassenzimmer, die dir früher im Flur aufgelauert haben, sind jetzt in der Verantwortung“, ergänzte Doug Rushkoff seine Ansichten jüngst nun in einen Interview. Dass Trump tatsächlich an die Macht zurückkommt, schien bei Drucklegung seines Buches noch undenkbar. Vor allem, dass Silicon Valley wirklich unter seiner Regierung nun dermaßen viel Freiraum erhält. „Sie benutzen Trump auf dieselbe Art, wie sie den Planeten benutzen. Er ist bloß ein Werkzeug für ihre Pläne“, glaubt Rushkoff. „Die neurechte Ideologie, etwa von Leugnern des Klimawandels, macht für die Superreichen auch vieles einfacher. Sie können nun sagen: Wir fliehen nicht von der zerstörten Erde, wir expandieren einfach nur in andere Sphären. Das Ideal dieser Tech-Milliardäre ist eine komplett sichere Umgebung, in der sie sich entziehen können. Im Zweifel lassen sie uns dafür zurück.“

Nicht alle scheinen überzeugt zu sein, dass sie selbst es bereits sicher in die neuen Kolonien auf dem Mars schaffen. Elon Musk hinterlässt daher vor allem Kinder, die es schaffen könnten. Angeblich sind es nunmehr bereits 13 an der Zahl. Es könnten noch Tausende folgen. Musks Freund Martin Varsavsky ist bereits munter dabei, das zu organisieren. Varsavsky hat die Firma Inception Prelude Fertility gegründet - eine der größten Kinderwunsch-Kliniken Amerikas. Auch er ist mit seiner Geschäftsidee steinrreich geworden - und nun von großen Visionen getrieben. „Wir müssen die Menschheit vor dem Aussterben bewahren“, bekannte er unlängst. Dann nämlich, wenn die Erde unbewohnbar geworden sei, da stimme er ganz „mit Elon“ überein. Bis es endlich soweit ist und die Infrastruktur auf dem roten Planeten steht, dank SpaceX und finanzieller Unterstützung der Nasa, müssten halt erst einmal 20.000 Embryonen tiefgefroren und in Höhlen auf dem Mars zwischengelagert werden. „Gesteuert wird das Raumschiff von Künstlicher Intelligenz (KI). Sie weckt die Embryonen auf, wenn sie eines Tages auf Aliens trifft“, hofft Varsavsky.

Was hilft? Wer wagt es, zu widersprechen? „Diese Typen mit ihren Plänen für die Apokalypse sind lächerlich“, findet Rushkoff und verleiht seinen Lesern etwas Trost. „Und wenn man verstanden hat, wie bescheuert ihre Ideen sind, will man sich gar nicht mit ihnen gleichmachen und sich in einen Privatbunker zurückziehen. Vielmehr stellt man sich dann hoffentlich die Frage: Wie mache ich meine Nachbarschaft zu einem Ort, von dem ich nicht fliehen möchte?“

Fremdschämen: Protestaktion „Tesla Takedown“ in über 90 US-Städten

Auch im Science-Fiction-vernarrten Amerika wurden die ersten Tesla-Showrooms angegriffen. Gewalt ist selbstverständlich keine Lösung und muss verurteilt werden. Festzuhalten bleibt dennoch, dass sich in den USA Widerstand gegen Musk regt. In Jacksonville, Boston, Tucson und New York gab es ebenfalls Proteste. Aktionen soll es angeblich vor insgesamt 90 Tesla-Filialen oder einfach auch nur Tesla-Ladestationen gegeben haben. Selbst in Nebraska, Missouri und Kentucky - also mitten im republikanisch dominierten Trump-Country - fanden Proteste statt. Die Organisatoren der landesweiten Protestaktion „Tesla Takedown“ riefen zudem öffentlich auf, Tesla-Aktien zu verkaufen. Nicht nur in Deutschland schämen sich einige Menschen scheinbar mittlerweile, ein Tesla-E-Auto zu besitzen.

  • Douglas Rushkoff stellt sein Buch am 13. März in Berlin vor. Im Kulturkaufhaus Dussmann an der Friedrichstraße 190 in 10117 Berlin. Uhrzeit: ab 19 Uhr. Tickets kosten 10 Euro, ermäßigt 8 Euro.

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Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

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