Unternehmen

ORWO Kult-Fotofirma insolvent: DDR-Traditionsmarke und Cewe-Konkurrent

Letzte Aufnahme? Dort, wo der erste Farbfilm der Welt entwickelt wurde, wird bis heute auf Fototechnologie gesetzt. Auch Drogerieketten lassen in Bitterfeld-Wolfen produzieren. Doch es gibt Probleme: Die ostdeutsche Kult-Fotofirma ORWO ist insolvent.
05.04.2025 09:33
Lesezeit: 2 min
ORWO Kult-Fotofirma insolvent: DDR-Traditionsmarke und Cewe-Konkurrent
Fotogroßlabor Orwo Net ist insolvent: Das Unternehmen spricht von schwierigen Rahmenbedingungen für den Fotofinishing-Markt, die von der aktuellen Rohstoff- und Energielage sowie von der Inflation und dem aktuell hohen Zinsniveau bestimmt seien. (Foto: dpa) Foto: Jan Woitas

„Original Wolfen“ oder kurz: „ORWO“ – das sind vier Buchstaben, die wohl jedem früheren Bürger der DDR ein Begriff waren. Die schwarz-weiß-grünen Foto-Filmschachteln waren in fast jedem Haushalt präsent. Zudem war ORWO Monopolist für Magnetbänder und Musikkassetten. Gegen Ende der DDR arbeiten rund 14.500 Menschen für den Betrieb in Bitterfeld-Wolfen.

Kult-Fotofirma ORWO ist insolvent

Jetzt ist einer der führenden Fotogroßlabore in Deutschland und eine DDR-Traditionsmarke ist insolvent. Die Orwo Net GmbH aus Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) hat Insolvenzantrag gestellt, wie das Amtsgericht Dessau-Roßlau mitteilte. Die Verwaltung des Vermögens wurde an einen vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen.

Das Unternehmen stellt nach eigenen Angaben unter anderem Bilder, Fotobücher und Kalender her. Neben der eigenen Produktion arbeitet Orwo auch als Dienstleister für andere Unternehmen, darunter nach eigenen Angaben die „Fotowelt“ der Drogeriekette Rossmann.

Hintergrund für den Insolvenzantrag seien aufgelaufene Verluste des Unternehmens im Zuge einer schwierigen Marktsituation und schwächerer Umsatzerlöse, teilte Insolvenzverwalter Christian Heintze mit. Der Versuch einer außergerichtlichen Sanierung sei zuvor gescheitert.

Erster Farbfilm der Welt wurde in Bitterfeld-Wolfen entwickelt

Das Unternehmen blickt auf eine mehr als hundertjährige Tradition zurück: 1909 hatte die Berliner Agfa in Wolfen eine Filmfabrik gegründet. 1936 entwickelte das Unternehmen den ersten Mehrschichtfarbfilm der Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Auseinandersetzungen über die Nutzung des Markennamens Agfa. In der DDR wurde das Unternehmen zu Orwo (Original Wolfen) umbenannt und belieferte fast den gesamten Ostblock mit Filmen. 1964 tauchten die ersten Filmschachteln mit dem ORWO-Logo im DDR-Handel auf.

Nach einer Insolvenz vor mehr als 20 Jahren entstanden Pixelnet und Orwo Media, die ebenfalls Pleite gingen. Aus der Insolvenz gründete eine Unternehmergruppe 2003 die Orwo Net.

Krise im Fotomarkt: Erbitterter Preiskampf und Überkapazitäten

Derzeit beschäftigt das Unternehmen 244 Mitarbeiter. Es erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von rund 30 Millionen Euro. Laut Geschäftsbericht fuhr Orwo Net im Jahr 2023 aber einen Verlust von mehr als 1,5 Millionen Euro ein. Bereits damals sprach das Unternehmen von schwierigen Rahmenbedingungen für den Fotofinishing-Markt, die von der allgemeinen Rohstoff- und Energielage sowie von der Inflation und dem aktuell hohen Zinsniveau bestimmt seien.

„Dazu kommt, dass sich der Markt selbst sehr kompetitiv entwickelt hat“, heißt es im Geschäftsbericht. Der Kampf um Kunden treibe Marketingaufwendungen ins Unermessliche. „Der erbitterte Preiskampf mit Rabattaktionen führt dagegen zu sinkenden Umsätzen.“ Inzwischen leide der Markt an Überkapazitäten.

Was wird nun aus der legendären DDR-Fotomarke?

Nach Angaben des Insolvenzverwalters werden die bestehenden Verträge weiterhin erfüllt, und es werden auch neue Aufträge angenommen. Er wird den Betrieb zunächst ohne Einschränkungen weiterführen. Die Gehälter der knapp 250 Mitarbeiter sind über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert. Allerdings scheint auch klar, dass es in Wolfen zu Einschnitten und Veränderungen kommen wird. Wie schon so oft in der Geschichte des Standorts.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der XRP-ETF-Markt steht vor einem bedeutenden Wandel: Bereitet er den Weg für ein herausragendes Jahr 2026?

Der Kryptowährungsmarkt steht erneut vor einem potenziellen Wendepunkt. Während Bitcoin und Ethereum im Fokus institutioneller Anleger...

 

DWN
Politik
Politik Drohnenabwehrzentrum startet: Bund und Länder bündeln Kräfte zur Gefahrenabwehr
17.12.2025

In Berlin startet ein neues Drohnenabwehrzentrum, das Behörden, Bundeswehr und Nachrichtendienste enger verzahnen soll. Drohnensichtungen...

DWN
Politik
Politik EU-Parlament macht Weg für Verzicht auf russisches Gas frei
17.12.2025

Die EU steuert auf einen harten Schnitt zu: Spätestens 2027 soll Schluss sein mit russischem Gas. Doch Ausnahmen, LNG und der Streit mit...

DWN
Politik
Politik Aus Bürgergeld wird Grundsicherung: Kabinett schickt mehrere Reformen auf die Strecke
17.12.2025

Letzte Kabinettsrunde vor Weihnachten: Von Grundsicherung über Rente bis Kurzarbeitergeld treibt die Regierung mehrere Reformen an. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bank bringt den Wero-Bezahldienst zu Millionen Kunden
17.12.2025

Der Wero-Bezahldienst erreicht jetzt Millionen Bankkunden: Deutsche Bank und Postbank schalten den vollen Funktionsumfang frei. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Inflation im November bei 2,1 Prozent
17.12.2025

Die Eurozone-Inflation wirkt auf den ersten Blick stabil – doch eine neue Eurostat-Schätzung verändert den Blick auf den November. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steve Jobs und die Zukunft der Führung: Warum Chefs jetzt umdenken müssen
17.12.2025

Der Mittelstand arbeitet noch nach Regeln von gestern – doch die Herausforderungen von heute lassen sich damit kaum lösen. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland: Ifo-Index schwach – Jahr endet ohne Aufbruchsstimmung
17.12.2025

Der Ifo-Index sendet zum Jahresende ein klares Warnsignal für Deutschlands Wirtschaft. Sinkende Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und...

DWN
Panorama
Panorama DHL-Betrugsmasche: Wie Kriminelle die Vorweihnachtszeit und das Paketchaos ausnutzen
17.12.2025

In der Vorweihnachtszeit nutzen Kriminelle das Paketchaos aus, um sich mit der sogenannten DHL-Betrugsmasche zu bereichern. Gefälschte...