Politik

Bargeldloser Zahlungsverkehr: CDU und SPD wollen Kartenterminals zur Pflicht machen

Für mehr Steuereinnahmen: Union und SPD verhandeln auch um eine künftige Pflicht für Gewerbetreibende, neben Bargeld auch mindestens eine digitale Zahlungsmöglichkeit anzubieten. Kommt mit der neuen Regierung die Zeitenwende im Zahlungsverkehr?
09.04.2025 07:48
Lesezeit: 2 min

In Deutschland ist noch immer nicht überall Kartenzahlung möglich. Die künftige Bundesregierung will dies ändern. Ihr Argument: Die Pflicht zur elektronischen Bezahlmöglichkeit für Gewerbetreibende soll gegen Steuerbetrug helfen. Wichtige Verbände warnen vor zusätzlichen Belastungen für kleine Betriebe. Die Koalitionäre hingegen könnten so noch mehr Steuern eintreiben.

Koalitionsverhandlungen: CDU und SPD wollen Kartenterminals zur Pflicht machen

Die künftige Regierungskoalition will Gewerbetreibende verpflichten, neben Bargeld auch elektronische Bezahlangebote zu akzeptieren. Bargeldloses Bezahlen soll im Einzelhandel bald überall möglich werden. Die künftige Regierung plant laut einem Bericht der Welt am Sonntag, eine Pflicht für elektronische Bezahloptionen zu schaffen.

Die Weichen für diese Neuerung wurden offenbar bereits in den Koalitionsverhandlungen gestellt. Im Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Haushalt, Steuern und Finanzen findet sich ein entsprechender Passus, der die „echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr“ betont. Nach Angaben der SPD solle diese Regelung in den Koalitionsvertrag übernommen werden, heißt es in dem Bericht.

Kreditkarte statt Bargeld: SPD und CDU drängen Händlern die Kartenzahlung auf

Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi bestätigte gegenüber der Welt am Sonntag die Pläne und erläuterte die Motivation dahinter. „Wir setzen uns für eine echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr ein“, wird er zitiert. Die Union hat bislang lediglich die Existenz entsprechender Überlegungen bestätigt, ohne konkrete Details zu nennen.

Ein wesentlicher Beweggrund für die geplante Reform ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Experten schätzen, dass dem deutschen Staat in bargeldintensiven Branchen jährlich zwischen zehn und 15 Milliarden Euro an Umsatz- und Gewinnsteuern entgehen.

Wenn man Lohnsteuern und Sozialabgaben hinzurechnet, die durch Schwarzarbeit verloren gehen, könnte sich der Gesamtschaden auf bis zu 70 Milliarden Euro jährlich belaufen.

Digitale Zahloptionen als Mittel gegen Steuerbetrug

Besonders im Fokus stehen dabei Branchen, in denen traditionell viel mit Bargeld operiert wird. „Unser Ziel ist es, in bargeldintensiven Bereichen wie beispielsweise der Gastronomie den Steuerbetrug zu bekämpfen und so die vielen steuerehrlichen Unternehmer zu schützen“, erklärte Schrodi. Um dieses Ziel zu erreichen, soll es zusätzlich eine allgemeine Registrierkassenpflicht geben.

Mit deutlichen Worten unterstrich der SPD-Politiker die Notwendigkeit der Reform: „Die Zeit der offenen Ladenkassen muss vorbei sein.“

Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüße dem Bericht nach die Initiative. Deren Bundesvorsitzender Florian Köbler äußerte sich gegenüber der Welt am Sonntag optimistisch: „Wenn jeder mit Karte zahlen würde, wären die Steuereinnahmen sehr viel höher.“

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hingegen ist besorgt. Der Verband warnte vor zusätzlichen Belastungen für seine Mitglieder, die durch die neuen Anforderungen entstehen könnten. Besonders kleinere Betriebe könnten Probleme bekommen, wenn sie in neue Kassensysteme und digitale Zahlungsmöglichkeiten investieren müssten.

Bargeld-Abheben wird immer schwieriger

Auch wenn die Deutschen ihr Bargeld schätzen, geht auch hier der Trend hin zu mehr bargeldlosen Zahlungen: Laut Bundesbank ist der Bargeldanteil bei Zahlungen von 83 Prozent im Jahr 2008 auf 51 Prozent im Jahr 2023 gesunken. Ein Grund kann aber auch sein, dass für viele Bundesbürger das Bargeld abheben zum Problem wird, da Bankfilialen und Geldautomaten zunehmend verschwinden.

Immer mehr Menschen gaben an, dass der Zugang zu Bargeld mühsamer wird: Im Jahr 2021 sagten 93 Prozent der im Auftrag der Deutschen Bundesbank befragten Menschen, dass sie es sehr oder ziemlich einfach finden, den nächsten Geldautomaten oder Bankschalter zu erreichen. Zwei Jahre später ist dieser Wert auf 85 Prozent gefallen.

Im europäischen Vergleich zeigt sich das Deutsche nach wie vor überdurchschnittlich häufig mit Bargeld zahlen, auch wenn der Anteil rückläufig ist. Die Experten erwarten, dass der Anteil elektronischer Zahlungen weltweit weiter steigen wird, allerdings mit abnehmender Profitabilität für die Finanzbranche.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden-Aktien: Wie Anleger jetzt potenzielle Dividendenrenditen erkennen
01.12.2025

Dividenden-Aktien gewinnen für Anleger in unsicheren Zeiten an Bedeutung, da sie regelmäßige Ausschüttungen mit potenziellem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Industriestimmung trübt sich stärker als erwartet ein
01.12.2025

Die Industriestimmung in der Eurozone zeigt sich schwach am Jahresende: Der Einkaufsmanagerindex ist im November erneut unter die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs vor dem Jahresende: KI-Blase oder Rally?
01.12.2025

Auf Jahressicht glänzt der DAX-Kurs mit einem kräftigem Plus – doch unter der Oberfläche wächst die Nervosität. Zum Auftakt der...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen: Wie laufen die Gespräche über ein Kriegsende in der Ukraine?
01.12.2025

Erstmals seit Kriegsbeginn sitzen westliche und russische Vertreter offiziell über einem Plan zum Kriegsende in der Ukraine. Nach heftiger...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Politik
Politik Heuchelei als Strategie: Warum ausgerechnet Trumps Freunde den größten Beitrag zu Russlands Kriegskasse leisten
01.12.2025

Donald Trump wirft Europa vor, Putins Krieg gegen die Ukraine mitzufinanzieren. Doch die Fakten zeigen etwas anderes: Nicht Brüssel oder...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutschland setzt auf Wasserstoff – Länder planen gemeinsames Versorgungsnetz
01.12.2025

Die ostdeutschen Bundesländer wollen gemeinsam ein Wasserstoff-Verteilnetz aufbauen, um Kommunen, Industrie und Gewerbe besser mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Neue Studie: Grüne Fonds unterscheiden sich nur minimal von traditionellen Produkten
01.12.2025

Viele Anleger erwarten, dass nachhaltige Fonds klare Alternativen zu traditionellen Produkten bieten und Kapital in verantwortungsvollere...