Wirtschaft

US-Ökonom warnt: Ab diesem Zinsniveau wird die Fed eingreifen

Trotz der jüngsten Zollsenkungen bleiben die von den USA verhängten Handelsbarrieren ein massiver wirtschaftlicher Schock. Das sagt der US-Ökonom und Handelsexperte Brad Setser. Er erwartet eine Rezession und nennt auch die Zinsmarke, ab der die US-Notenbank (Fed) seiner Einschätzung nach aktiv werden dürfte.
16.04.2025 08:42
Aktualisiert: 16.04.2025 14:32
Lesezeit: 2 min

Finanzsystem unter Druck – aber kein 2008er-Niveau

„Entgegen der Marktmeinung habe ich schon länger vermutet, dass der sogenannte ‚Tag der Befreiung‘ in deutlich spürbare Zölle münden würde“, erklärt Setser bei einer vom Schwedischen Institut für Internationale Angelegenheiten organisierten Diskussionsrunde. „Ich rechnete jedoch mit Sätzen zwischen 10 und 20 Prozent – die Zölle von über 40 Prozent in mehreren südostasiatischen Ländern haben mich schockiert.“

Brad Setser ist Senior Fellow beim einflussreichen Thinktank Council on Foreign Relations und war unter anderem Handelsberater des Weißen Hauses sowie im US-Finanzministerium tätig. Die jüngsten Kurskorrekturen in der Zollpolitik wertet er als Reaktion auf „dramatische Marktreaktionen“ – auch wenn die genauen Hintergründe schwer zu durchschauen seien.

„Der Präsident sagt, es liege an der Reaktion des Anleihemarkts – das mag sein. Aber ich glaube, auch die Entwicklung am Aktienmarkt spielt für ihn eine Rolle.“

Tatsächlich sei das aktuelle Marktverhalten ungewöhnlich: Während steigende Zinsen normalerweise zu einem Kapitalzufluss in die USA und damit zu einem stärkeren Dollar führten, sehe man nun das Gegenteil – steigende Zinsen, fallende Aktienkurse und ein gleichzeitig schwächerer Dollar. „Das deutet auf eine Flucht aus US-Vermögenswerten hin“, so Setser.

Rezession wahrscheinlich – Fed wird spät reagieren

Wie angespannt ist das amerikanische Finanzsystem derzeit? Setser zieht den Vergleich mit früheren Krisen: „In etwa so stark wie nach den ersten Wochen der Pandemie – aber längst nicht auf dem Niveau des Herbstes 2008. Vielleicht eher vergleichbar mit dem Frühjahr 2008, als Bear Stearns zusammenbrach.“

Für die kommenden Monate zeichnet Setser ein düsteres Bild: „Ich glaube nicht, dass der Einbruch bereits vorbei ist. Die 90-tägige Pause ist zwar zu begrüßen, aber die Kombination aus neuen Zöllen und der Eskalation mit China bleibt ein schwerer Schock für die Wirtschaft.“ Er rechnet mit einem Rückgang des US-BIP um etwa 2,5 Prozentpunkte – ein „echter Schock“.

Zwar ist die Federal Reserve grundsätzlich dazu verpflichtet, Preisstabilität und Vollbeschäftigung zu gewährleisten – doch ein Eingreifen erwartet Setser erst spät. „Die Fed wird verhindern wollen, dass ein einmaliger Preisanstieg sich ausweitet. Doch bei schwacher Nachfrage wird sie sich gezwungen sehen, die Zinsen zu senken – allerdings erst dann, wenn ein deutlicher wirtschaftlicher Rückgang sichtbar wird und sich der inflationsbedingte Druck abschwächt.“

Ab 6 Prozent wird es kritisch

Auf die Frage, bei welchem Zinsniveau die Fed voraussichtlich aktiv wird, sagt Setser: „Sollte die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen auf über 6 Prozent steigen, dürfte die Fed eingreifen. Das würde das Finanzsystem stark belasten. Je nach Geschwindigkeit des Anstiegs könnte eine Reaktion aber auch schon bei 5 bis 6 Prozent erfolgen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU plant Ukraine-Hilfe: Kann Russlands eingefrorenes Vermögen helfen?
13.11.2025

Die Europäische Union steht vor einer heiklen Entscheidung: Sie will die Ukraine weiterhin finanziell unterstützen, sucht jedoch nach...

DWN
Politik
Politik Zollfreigrenze in der EU: Billigwaren künftig ab dem ersten Euro zollpflichtig
13.11.2025

Billige Online-Waren aus Asien könnten bald teurer werden. Die EU plant, die 150-Euro-Freigrenze für Sendungen aus Drittländern...

DWN
Politik
Politik EU-Politik: Fall der Brandmauer öffnet Tür für Konzernentlastungen
13.11.2025

Das EU-Parlament hat das Lieferkettengesetz deutlich abgeschwächt. Künftig sollen nur noch sehr große Unternehmen verpflichtet sein,...

DWN
Politik
Politik Wehrdienst-Reform: Union und SPD einigen sich auf Kompromiss
13.11.2025

Union und SPD haben ihren Streit über den Wehrdienst beigelegt – und ein Modell beschlossen, das auf Freiwilligkeit setzt, aber eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Google: Milliardenstreits um Marktmissbrauch
13.11.2025

Google steht erneut unter Druck: Die Preissuchmaschine Idealo verlangt Milliarden, weil der US-Konzern angeblich seit Jahren seine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Stabilisierungsversuch nach Kursverlusten
13.11.2025

Nach der kräftigen Korrektur in den vergangenen Tagen zeigt sich der Bitcoin-Kurs aktuell moderat erholt – was steckt hinter dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gender Pay Gap in der EU: Was die neue Richtlinie wirklich fordert
13.11.2025

Die EU hat mit der Richtlinie 2023/970 zur Gehaltstransparenz die Gender Pay Gap im Fokus. Unternehmen stehen vor neuen Pflichten bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Telekom-Aktie: US-Geschäft treibt Umsatz trotz schwachem Heimatmarkt
13.11.2025

Die Telekom-Aktie profitiert weiter vom starken US-Geschäft und einer angehobenen Jahresprognose. Während T-Mobile US kräftig wächst,...