Finanzen

EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?

Der Druck auf die Europäische Zentralbank wächst, während die Zinsen sinken und der EURIBOR neue Tiefstände markiert. Was bedeutet das für Kreditnehmer, den Wohnungsbau – und die Stabilität des europäischen Finanzsystems?
26.04.2025 07:02
Lesezeit: 2 min
EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?
Die aktuelle Zinssenkung der EZB hat positive Auswirkungen auf den europäischen Immobilienmarkt - nur nicht in Deutschland. (Foto: dpa) Foto: Andreas Arnold

EZB zwischen Inflation und Zinssenkung – ein gefährliches Spiel

Es ist eine Entwicklung, die vielen Verbrauchern Hoffnung macht, aber gleichzeitig die Alarmglocken in den Zentralbanken schrillen lässt: Der 6-Monats-EURIBOR ist auf den niedrigsten Stand seit Ende 2022 gefallen – aktuell bei 2,154 Prozent. Noch im Herbst letzten Jahres lag dieser Referenzzins bei über vier Prozent. Nun sehen Marktteilnehmer den Zinssatz zum Jahreswechsel sogar deutlich unter der Zwei-Prozent-Marke.

Die Prognosen sind eindeutig: Der Trend zeigt nach unten. Bereits im Juni könnten sowohl der 3- als auch der 6-Monats-EURIBOR laut Terminkontrakten unter die psychologisch wichtige Schwelle von zwei Prozent rutschen. Für Januar 2026 wird ein Niveau von knapp unter 1,7 Prozent erwartet – ein Wert, der zuletzt vor dem Zinswende-Schock 2022 erreicht wurde.

Die Europäische Zentralbank hatte auf ihrer Sitzung im April den Leitzins erneut gesenkt – zum siebten Mal in Folge. Die Richtung ist klar: Eine expansive Geldpolitik soll das Wachstum in einer angeschlagenen Eurozone stützen. Doch das birgt Risiken. Wachsende geopolitische Spannungen, ein möglicher Handelskrieg mit China und volatile Energiepreise könnten die Inflation erneut befeuern – und die EZB in ein Dilemma stürzen.

Immobilienmärkte reagieren – Kreditboom kehrt zurück

Während sich Notenbanker über das richtige Maß der Zinssenkungen streiten, erleben Banken und Immobilienfinanzierer bereits einen spürbaren Aufschwung. In Slowenien – ein repräsentativer Fall im Euroraum – stiegen die neu vergebenen Wohnbaukredite im Februar auf über 140 Millionen Euro. Das entspricht einem Anstieg von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Durchschnittszins für neue Wohnkredite lag im Februar bei nur noch drei Prozent – ein ganzer Prozentpunkt weniger als 2024.

Die Bank von Slowenien bestätigt in ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht: Das Wachstum im Bereich Wohnbaufinanzierung übertrifft bereits das durchschnittliche Kreditwachstum im gesamten Euroraum. Nur in Deutschland sieht das anders aus.

Ein neues Kreditzeitalter – oder der nächste Blasenzyklus?

Die Rückkehr niedriger Zinsen wird von vielen Verbrauchern begrüßt – doch Experten warnen: Das billige Geld könnte erneut spekulative Übertreibungen befeuern. Bereits 2021 hatten extrem niedrige Zinsen in vielen EU-Ländern zu Preisblasen im Immobiliensektor geführt. Damals wie heute war der EURIBOR der Taktgeber für eine expansive Kreditvergabe.

Nun droht sich die Geschichte zu wiederholen – mit einer trügerischen Ruhe am Zinsmarkt, die jederzeit von neuen geopolitischen Schocks durchbrochen werden könnte.

Die Rückkehr des billigen Geldes scheint Realität zu werden – zumindest vorübergehend. Doch Anleger, Kreditnehmer und Banken tun gut daran, dieses neue Niedrigzinsumfeld mit Vorsicht zu genießen. Denn eines ist klar: Die Ruhe am Zinsmarkt kann trügen – und sie war selten von Dauer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Putins Informationskrieg: Warum der Westen bereits verliert
21.06.2025

Während Russland mit Desinformation und Zynismus die Ordnung zerschlägt, wirkt der Westen wie ein schläfriger Zuschauer. Genau deshalb...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Litauischer Hersteller Altas Auto: Wie Europa exklusive Elektrobusse bekommt
20.06.2025

Während Europas Politik auf Elektro-Transformation pocht, bleibt die Umsetzung zäh. Ein litauischer Hersteller von E-Minibussen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Waffen brauchen Rohstoffe: Der stille Machtkampf um die Kriegsmetalle Antimon und Wolfram
20.06.2025

Antimon und Wolfram gelten als Schlüsselfaktoren für die moderne Rüstung. Doch die weltweiten Vorkommen liegen größtenteils außerhalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osteuropas KI-Plan: Die EU-Digitalwende kommt nicht aus Brüssel
20.06.2025

Mit fünf strategischen Hebeln will Mittel- und Osteuropa die EU-Digitalspitze übernehmen – ein ambitionierter Plan mit Folgen für die...

DWN
Politik
Politik Ex-Minister Jens Spahn unter Druck: Parlament erhält teils geschwärzten Bericht zu Masken-Deals
20.06.2025

Ein vertraulicher Masken-Bericht sorgt für neuen politischen Zündstoff. Die angekündigte Offenlegung im Bundestag bleibt unvollständig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erhöhung Mindestlohn: Kommt 2026 eine Anhebung auf 15 Euro?
20.06.2025

Ende Juni befindet eine Kommission über eine weitere Erhöhung der Lohnuntergrenze. Eine Zahl spielte beim Wahlkampf der SPD eine große...

DWN
Panorama
Panorama Jobcenter zahlt 5000 Euro Bürgergeld für den Autokauf: "Das ist doch irre!"
20.06.2025

5000 Euro Bürgergeld für ein Auto? Das Jobcenter Dortmund sorgt mit einem Pilotprojekt für Aufsehen. Arbeitslose sollen mit Prämien in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Israel und Iran: Der wahre Preis von Krieg, Öl und Exodus
20.06.2025

Raketenhagel, Krieg mit dem Iran, massive Auswanderung – und trotzdem explodieren Börse und Rüstungsexporte. Wie lange kann das...