AI Continent Action Plan: Bürokratie als Innovationsbremse
Doch nicht alle sind vom Plan der Europäischen Kommission überzeugt. Die schwedische Europaabgeordnete Arba Kokalari, die als engagierte Verfechterin einer technologieoffenen Politik gilt, begrüßt zwar den Vorstoß – warnt jedoch zugleich vor strukturellen Schwächen: „Ein guter Anfang – aber es reicht nicht.“
Kokalari, Mitglied einer Parlamentsarbeitsgruppe zur Innovationsförderung, kritisiert vor allem die fehlende Vereinfachung des europäischen Regelwerks. Ihrer Ansicht nach stehen überlappende und komplexe Vorschriften dem praktischen Fortschritt im Weg.
„Es ist positiv, dass wir endlich einen technologieorientierten Fokus setzen. Doch wir haben nicht konkretisiert, wie die EU die regulatorischen Hürden abbauen will, die gerade für schwedische Unternehmen ein großes Problem darstellen – etwa beim Zugang zu Daten und bei der Entwicklung neuer Technologien.“
Kokalari fordert eine klarere Definition von Zuständigkeiten sowie eine grundlegende Überarbeitung bestehender Regulierungen. Unklare oder widersprüchliche Regeln führten in der Praxis dazu, dass Unternehmen zurückhaltend mit der Nutzung von Daten seien – aus Sorge vor rechtlichen Risiken. Das hemme die Innovationskraft des Kontinents.
Europa hat Nachholbedarf - was bringt der AI Continent Action Plan?
Während Länder wie Schweden innerhalb Europas technologisch gut aufgestellt sind, hinkt der Kontinent im globalen Vergleich hinterher. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2023 beliefen sich die privaten Investitionen in Künstliche Intelligenz in der EU und Großbritannien zusammen auf rund 9 Milliarden Euro – in den USA waren es im selben Zeitraum 67 Milliarden US-Dollar.
Im Zusammenhang mit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus wurden daher Stimmen laut, Europa müsse nicht nur seine Verteidigungsinvestitionen erhöhen, sondern auch seine Abhängigkeit von forschungsintensiven und bahnbrechenden Innovationen, sogenanntem Deeptech, verringern. „Die gesamte EU ist zu der Erkenntnis gelangt, dass wir bei unserer kritischen Infrastruktur nicht von einem anderen Land abhängig sein können. Dieser Plan zeigt, dass die EU die Ambition hat, unabhängiger zu werden“, sagt Arba Kokalari.
Abhängigkeit von internationalen Chipherstellern und Cloud-Anbietern verringern
Der schwedische Forscher und Technologieunternehmer Jens Ohlsson ist einer derjenigen, die behaupten, dass die Frage der europäischen Unabhängigkeit angesichts der aktuellen Weltlage noch dringlicher sei. Ihm zufolge hat Europa zugelassen, dass internationale Technologiekonzerne ihn technologisch kolonisieren.
„Unsere Entscheidungsträger müssen die Frage beantworten, wie europäische Nationen, Organisationen und Unternehmen ihre Abhängigkeit beispielsweise von internationalen Chipherstellern und Cloud-Anbietern verringern können“, sagt er. Ohlsson, der zuvor am EU-Institut für Innovation gearbeitet hat, ist der Ansicht, dass die zentralisierte Struktur der Union eine Herausforderung für die wirksame Umsetzung des Plans darstellt. „Solche Probleme lassen sich besser auf Länderebene lösen als in einem großen EU-Projekt“, erklärt er. „Leider ist die Bürokratie der EU der denkbar schlechteste Nährboden für eine Regulierung. Schweden ist in der Lage, die Infrastruktur selbst aufzubauen. Anschließend können wir uns innerhalb der EU abstimmen und zusammenarbeiten. Ich denke jedoch, dass dies auf kommerzieller Ebene gelöst werden wird.“
Der von der EU angekündigte Vorstoß zur Technologieförderung ist also ein Schritt in die richtige Richtung. Entscheidend wird jedoch sein, ob es gelingt, die politischen Ambitionen in konkrete und praxisnahe Rahmenbedingungen zu übersetzen – und ob Europa den Mut findet, bürokratische Bremsen zu lösen.