Immobilien

Versprechen gebrochen: Großteil der Immobilienbesitzer muss höhere Grundsteuer zahlen

Die Grundsteuerbelastung ist für die meisten Immobilieneigentümer in Deutschland deutlich gestiegen. Wie eine Studie von Haus & Grund belegt, hat die Reform nicht die versprochene Belastungsneutralität gebracht.
04.05.2025 11:00
Lesezeit: 4 min
Versprechen gebrochen: Großteil der Immobilienbesitzer muss höhere Grundsteuer zahlen
Ein Jahresbescheid 2025 für die neu berechneten Grundbesitzabgaben liegt auf einem Schreibtisch (Foto: dpa). Foto: Bernd Weißbrod

Die Grundsteuerreform, die dieses Jahr in Kraft getreten ist, hat schon lange vorher für heiße Diskussionen gesorgt und wurde von vielen Seiten kritisiert. Versprochen wurde vom damaligen Finanzminister Olaf Scholz, dass durch die Reform keine Mehrbelastung für die Immobilienbesitzer entstehen sollte und das Steueraufkommen insgesamt nicht steigen sollte.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass die Grundlage der Berechnung der Grundsteuer neu geregelt werden muss, wird die Steuer jetzt seit diesem Jahr auf der Basis neuer Hebesätze ermittelt, die sich stärker an Bodenwerten und Flächengrößen orientiert. Insgesamt sollten jedoch die Kommunen durch die Neubewertung nicht mehr Geld einnehmen als vorher auch.

Versprechen gebrochen – die Grundsteuer steigt

Nachdem diese nun real umgesetzt wurde, ist allerdings klar – die Grundsteuerbelastung ist für eine Mehrheit der Hausbesitzer deutlich gestiegen, wie eine Studie des Eigentümerverbands Haus & Grund jetzt aufzeigt. Der Präsident des Verbandes, Kai Warnecke, sprach offen gegenüber der Bild-Zeitung aus, dass die damalige Regierung mit Olaf Scholz als Finanzminister ihr Versprechen gegenüber den Bürgern gebrochen hat. Haus & Grund hatte hierfür 1999 neue Grundsteuerbescheide ausgewertet.

Die Analyse von Haus & Grund zeigt, dass in 79 Prozent aller ausgewerteten Fälle durch die Reform die Steuerbelastung entweder gestiegen ist oder konstant geblieben ist, nur in 21 Prozent aller ausgewerteten Fälle, ist die Belastung gesunken. Wie die Auswertung zeigt, müssen Besitzer von Eigentumswohnungen durchschnittlich 40 Prozent mehr Grundsteuer bezahlen, der durchschnittliche Anstieg bei Ein- und Zweifamilienhäusern liegt sogar bei 119 Prozent und bei Mehrfamilienhäusern bei 111 Prozent. Die meisten Eigentümer müssen also Hunderte von Euro mehr im Jahr bezahlen, und es sind bereits viele Einzelfälle bekannt, in denen der Anstieg der Steuer noch weit darüber liegt.

Lediglich 21 Prozent der Eigentümer zahlen nun weniger Grundsteuer. Hier profitieren Besitzer von Eigentumswohnungen zu 24 Prozent, Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern zu 19 Prozent und bei Mehrfamilienhäusern sind es 22 Prozent. Insgesamt also eine deutliche Minderheit.

Zusatzbelastung in den Bundesländern stark unterschiedlich

Die versprochene Aufkommensneutralität ist also eine Farce. Zwar wird es auch für einige Hauseigentümer etwas billiger, jedoch liegt die Grundsteuerbelastung in 2025 im Mittel bei 830 Euro und ist damit im Vergleich zum Vorjahr mit durchschnittlich 522 Euro deutlich gestiegen. In einer Umfrage unter den Nutzern der Wiso-Steuersoftware von Buhl Data, in der 46.000 Grundbesitzer befragt wurden, die eine Grundsteuererklärung abgegeben haben, zeigt sich auch, dass die Belastung durch die höhere Grundsteuer je nach Bundesland stark variiert.

Im Ergebnis der Umfrage ist die zusätzliche Belastung damit in Berlin mit +116,8 Prozent am höchsten und in Schleswig-Holstein mit +54,7 Prozent am niedrigsten. Generell entscheiden die Kommunen mit ihren individuellen Hebesätzen, wie hoch die Grundsteuer ausfällt.

Kurskorrektur wird gefordert

Wie Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke der Bundesregierung und auch den Landesregierungen und den Kommunen vorwirft, haben diese damit all ihre Versprechen gebrochen. Insbesondere die Städte sind dabei nach seiner Analyse die wichtigsten Preistreiber, die das Wohnen besonders verteuern. Er verlangt eine Kurskorrektur, die die ursprüngliche Zusage der Aufkommensneutralität realisiert.

Hingegen weist der Städte- und Gemeindebund die erhobenen Vorwürfe zurück. Wie Alexander Handschuh, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DstGB) erklärte, habe das Vorgehen der Kommunen mit einer Abzocke nichts zu tun. Er führte weiter aus, dass das Vorgehen der Städte und Gemeinden bei der Neugestaltung der Hebesätze so angelegt sei, dass das Aufkommen aus dieser kommunalen Steuer für die jeweiligen Kommunen nicht höher ausfällt als es mit dem bisherigen Modell gewesen wäre. Allerdings räumte er ein, dass es von Beginn an klar war, dass es für einzelne Immobilienbesitzer zu Belastungsverschiebungen kommt. Dies sei auch Grund für diese Reform gewesen.

Wie Handschuh weiter erklärte, ist die Finanzlage von Städten und Gemeinden desaströs. Sie haben das Wirtschaftsjahr 2024 mit einem Defizit von annähernd 25 Milliarden Euro abgeschlossen. Auch aus diesem Grund seien die Kommunen gezwungen, die kommunalen Steuern zu erhöhen, um ihre finanzielle Handlungsfähigkeit zu erhalten.

Grundsteuer ist auch im langfristigen Vergleich deutlich gestiegen

Auch ein Gutachten der Immobilienbranche vom Februar dieses Jahres bestätigt, dass die Reformmöglichkeiten bei der Grundsteuer von vielen Städten und Gemeinden genutzt wurde, höhere Einnahmen zu erzielen. Sie haben damit das Versprechen von einer aufkommensneutralen Reform gebrochen. Bereits 2023 wurden die Hebesätze in den Gemeinden teilweise stark angehoben, wie auch eine Studie der Unternehmensberatung EY zeigte. Veranschaulicht wird dies am Beispiel von Schleswig-Holstein, wo die Kommunen im Jahr 2024 ca. 512 Millionen Euro an Grundsteuer eingenommen haben und damit 12 Millionen mehr als im vorangegangenen Jahr. Im Vergleich zu den langfristigen Grundsteuereinnahmen seit 2014 stiegen diese gar um 103 Millionen Euro.

Bundesfinanzhof befasst sich mit Grundsteuerfällen

Die neue Grundsteuer ist nun auch ein Thema für den Bundesfinanzhof in München, der angekündigt hat, noch dieses Jahr in vier Fällen zur neuen Grundsteuer zu entscheiden. Dabei geht es in einem Fall um das verbreitete Bundesmodell der neuen Grundsteuer und in zwei weiteren Fällen um das Ländermodell von Baden-Württemberg. In diesen Fällen soll geklärt werden, ob die Bewertungsgrundlagen zur neuen Grundsteuer auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Im Bundesmodell zur Berechnung der Grundsteuer wird dabei auf den Grundstücks- und Immobilienwert abgestellt wohingegen in Baden-Württemberg hauptsächlich nur auf den Grundstückswert abgestellt wird.

Der Bundesfinanzhof hatte im vergangenen Jahr bereits eingefordert, dass Haus- und Grundstücksbesitzer die Möglichkeit haben müssen, nachzuweisen, dass ihr Grundstück und Immobilienbesitz einen niedrigeren Wert haben, als er zur Berechnung der Grundsteuer veranschlagt wurde. Dies ist jedoch meist nur durch ein kostspieliges Gutachten möglich. Deshalb befasst der Bundesfinanzhof sich auch noch mit einem vierten Fall, in dem es genau um diese Gutachten geht und geklärt werden muss, ob Eigentümer diese Kosten selbst tragen oder auch nur vorfinanzieren müssen.

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