Politik

Waltz geht, Rubio steigt auf: Trump ordnet Sicherheitskurs neu

Der Nationale Sicherheitsberater spielt eine Schlüsselrolle in der Sicherheitspolitik der USA und ist direkter Ansprechpartner des US-Präsidenten. Mike Waltz’ Rückzug eröffnet eine ungewöhnliche Konstellation mit historischem Bezug.
02.05.2025 09:06
Lesezeit: 3 min
Waltz geht, Rubio steigt auf: Trump ordnet Sicherheitskurs neu
Der ehemalige nationale Sicherheitsberater der USA, Mike Waltz (links) und US-Außenminister Marco Rubio (Foto: dpa). Foto: Saul Loeb

Signal-Skandal zwingt Waltz zum Wechsel

US-Präsident Donald Trump hat eine seiner gravierendsten Personalentscheidungen getroffen und den Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz abgelöst. Waltz soll vom Weißen Haus in Washington zur UNO in New York wechseln und dort den US-Botschafterposten übernehmen – ein im Vergleich zu früheren Abgängen während Trumps erster Amtszeit diplomatischerer Übergang. Auslöser war offenbar eine Affäre um einen Gruppenchat über die App Signal, die sicherheitspolitische Fragen betraf.

Marco Rubio, bislang Außenminister, übernimmt vorübergehend auch Waltz’ Funktion und rückt dadurch enger an Donald Trump heran. Er berät den Präsidenten künftig in allen Belangen der Außen- und Sicherheitspolitik USA – als eine Art globaler Krisenmanager. Die letzte vergleichbare Personalunion aus Außenminister und Sicherheitsberater datiert zurück auf Henry Kissinger in den 1970er Jahren.

"Ich fühle mich zutiefst geehrt, meinen Dienst für Präsident Trump und unsere große Nation fortzusetzen", schrieb Waltz auf X über seine neue Rolle. Der aus Florida stammende Ex-Offizier verlor im Weißen Haus an Rückhalt. Trump habe ihn zwar respektiert, sei aber mit Entscheidungen in seinem Personalumfeld unzufrieden gewesen. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war der sicherheitsrelevante Signal-Chat über Luftschläge gegen die Huthi im Jemen.

Mike Waltz hatte im März versehentlich den Chefredakteur von "The Atlantic", Jeffrey Goldberg, zur Chatgruppe hinzugefügt. Dadurch gelangten brisante Inhalte an die Öffentlichkeit. Die Regierung geriet unter Druck, Waltz musste sich erklären. Er wisse nicht, wie die Nummer des Journalisten auf seinem Gerät landete – womöglich sei sie falsch abgespeichert worden, sagte er.

Vize Vance spricht von Aufstieg

erichten zufolge plante Trump schon länger eine Entlassung. Es sollte jedoch nicht der Eindruck entstehen, er reagiere auf mediale Kritik. Waltz galt als vergleichsweise moderat innerhalb von Trumps Team. Beim Ukraine-Krieg sah er Europas Rolle kritisch, lehnte weitere Milliardenhilfen im Kongress ab. Gleichwohl trat er als scharfer Kritiker Wladimir Putins auf und äußerte Zweifel an der Ernsthaftigkeit russischer Friedensangebote – ein Aspekt, der in der Sicherheitspolitik USA zunehmend diskutiert wird.

Mit dem Wechsel zur UNO blieb Waltz das Schicksal anderer Trump-Vertrauter erspart, die mit öffentlichem Tadel entlassen wurden. Auch wenn der Botschafterposten nicht zur Machtzentrale in Washington zählt, besitzt er Kabinettsrang.

Inhaltlich wird Waltz künftig weniger Einfluss auf die Sicherheitspolitik USA haben. Auch wenn Vizepräsident JD Vance den Wechsel als "Beförderung" verkauft, steht noch ein entscheidender Schritt aus: Der Senat muss der Neubesetzung zustimmen. Zwar halten die Republikaner dort eine knappe Mehrheit, doch bleibt Waltz eine öffentliche Anhörung nicht erspart.

Kritische Fragen zur Signal-Affäre sind dabei sicher. Spott hat Waltz reichlich erfahren – jüngst tauchte ein Foto auf, das ihn beim Nutzen der App während einer Kabinettssitzung zeigt. Der Kommunikationschef des Weißen Hauses, Steven Cheung, versuchte zu beruhigen: "Signal ist eine zugelassene App, die auf unsere Regierungstelefone geladen wird. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit."

Rubio übernimmt sicherheitspolitische Verantwortung

Mit Waltz’ Ausscheiden rückt Außenminister Marco Rubio stärker ins Rampenlicht der Sicherheitspolitik USA. Der Sohn kubanischer Einwanderer war zwischenzeitlich als Trumps Vizekandidat im Gespräch. Den Zuschlag erhielt Vance, Marco Rubio blieb Außenminister.

Tammy Bruce, Sprecherin des US-Außenministeriums, wurde offenkundig überrascht: Sie erfuhr von Trumps Entscheidung, Rubio auch zum Sicherheitsberater zu machen, offenbar erst durch Medienfragen. Auf eine Journalistenfrage reagierte sie erstaunt: "Es ist offensichtlich, dass ich das gerade von Ihnen gehört habe." Sie sprach von einem "Wunder der modernen Technologie und der sozialen Medien".

Rubio zeigt Haltung im Ukraine-Konflikt

Ähnlich wie Waltz meidet Marco Rubio konfrontative Auftritte. Dennoch vertritt er zentrale Standpunkte in Trumps Sicherheitspolitik USA. Beim Besuch von Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus hielt sich Rubio zurück – sprach anschließend jedoch Klartext. Gemeinsam mit Waltz soll er den ukrainischen Präsidenten nach dem Termin unmissverständlich verabschiedet haben. Öffentlich war Rubio zudem der Erste, der ein US-Rückziehen aus den Ukraine-Friedensgesprächen andeutete, sollten sich Moskau und Kiew nicht bald einigen. Das Personalwechselspiel bedeutet für die Ukraine somit keinen sicherheitspolitischen Gewinn.

Für seine neue Funktion benötigt Rubio keine Zustimmung des Senats – er kann seine Rolle im sicherheitspolitischen Bereich der USA unmittelbar übernehmen. Gleichzeitig behält er zwei weitere Posten: als Archivar der Vereinigten Staaten und Direktor von USAID.

Vance reagierte mit einem Seitenhieb auf Rubios Vielseitigkeit: Angespielt auf den Papst – den Rubio vor dessen Tod noch traf – sagte er: "Ich denke, er könnte noch etwas mehr übernehmen. Wenn es doch nur eine freie Stelle für einen gläubigen Katholiken gäbe..." Rubio entgegnete im TV, um Papst zu sein, müsse man ledig sein. "Aber ich habe geheiratet und bin glücklich verheiratet."

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