Papier ist geduldig – Realität der externen IT-Dienstleister ist komplex
Ob Krankenhaus, Finanzbehörde oder Mittelstandsunternehmen – die Abhängigkeit von stabiler, sicherer und leistungsfähiger IT-Infrastruktur ist existenziell. Doch statt strategischer Planung dominieren bei vielen Organisationen kurzfristige Kostenerwägungen. Für Tomaš Jankovski, Leiter der Serviceabteilung beim Technologiedienstleister Atea, ist das ein struktureller Fehler mit systemischen Folgen.
„Viele Organisationen glauben, dass eine durchdachte technische Spezifikation beim IT-Service-Einkauf ausreicht. Doch das ist ein Irrglaube“, so Jankovski. Eine Spezifikation sei bestenfalls ein Anfang – nicht das Ende. Entscheidend sei nicht, was auf dem Papier steht, sondern wie der Dienstleister nach Vertragsunterzeichnung tatsächlich agiert.
Problematisch wird es, wenn Auftraggeber den billigsten Anbieter wählen – und gleichzeitig hohe Verfügbarkeit, schnelle Reaktionszeiten und höchste Sicherheitsstandards verlangen. „Das ist, als würde man für drei Euro pro Monat den digitalen Arbeitsplatz rund um die Uhr betreuen lassen wollen – inklusive Sicherheitsupdates und First-Level-Support in 15 Minuten“, so der IT-Experte.
Preisillusionen gefährden kritische Infrastruktur
Besonders drastisch äußert sich Jankovski über Dumpingpreise: 3 Euro für Arbeitsplatzsupport, 8 Euro Stundenlohn für IT-Techniker – und 12 Euro für Systemadministratoren. Das sei nicht nur weltfremd, sondern brandgefährlich. „Wer mit solchen Budgetvorgaben einkauft, bekommt keine Profis – sondern jemanden, der im Zweifel bei Google oder ChatGPT nach einer Lösung sucht“, warnt er.
Die Folgen sind fatal: Cyberangriffe auf schlecht gewartete Systeme, Datenlecks, lange Ausfälle und im schlimmsten Fall Kontrollverlust über kritische digitale Dienste – insbesondere im öffentlichen Sektor.
Transparenz nach Vertragsabschluss: Der blinde Fleck
Ein weiterer Fehler: Nachlässigkeit bei der Qualitätssicherung nach Vertragsabschluss. Zwar würden Rechnungen oft akribisch geprüft – doch Service Level Agreements, Performance-Indikatoren und Qualitätstreffen würden stiefmütterlich behandelt. Dabei seien diese Elemente zentral für funktionierendes IT-Servicemanagement.
Organisationen müssten – so Jankovski – viel stärker auf fortlaufende Kontrolle und konstruktive Zusammenarbeit setzen: „Nur wer Servicekennzahlen aktiv verfolgt, kann frühzeitig Schwächen identifizieren und Gegenmaßnahmen einleiten.“
Konsequenz statt Duldung: Warum schlechtes IT-Management Konsequenzen haben muss
Jankovski rät zu Klartextverträgen mit eindeutigen Sanktionen bei Nichterfüllung – und zur konsequenten Trennung, wenn Leistungen nicht stimmen. „Wird der Vertrag nicht erfüllt, muss gekündigt werden. Nur so beenden wir den Teufelskreis der Billigversprechen ohne Substanz.“
In Zeiten wachsender Cyberbedrohungen seien Ausfälle oder Datenverluste nicht mehr nur ärgerlich – sie könnten zu nationalen Sicherheitsrisiken werden. Behörden, Energieversorger oder Gesundheitseinrichtungen müssten ihre IT-Dienstleister daher mit der gleichen Ernsthaftigkeit prüfen wie sicherheitsrelevante Infrastruktur.
Fazit: IT ist keine Kostenstelle – sondern strategisches Kapital
In einer zunehmend digitalisierten Welt ist IT kein Anhängsel der Verwaltung, sondern das Rückgrat moderner Wertschöpfung. Wer hier auf Billiganbieter setzt, spart kurzfristig – und zahlt langfristig mit Ausfällen, Imageschäden und hohen Folgekosten. Nur anspruchsvolle Auftraggeber zwingen den Markt zur Qualität.
Der Trend zu Niedrigpreisvergabe im IT-Dienstleistungssektor untergräbt die digitale Resilienz europäischer Organisationen. Wer nachhaltige Ergebnisse will, braucht klare Qualitätsstandards, harte Vertragsbedingungen und konsequente Leistungskontrolle. Billigangebote ohne Substanz müssen nicht nur erkannt, sondern aktiv vom Markt verdrängt werden – im Interesse von Stabilität, Sicherheit und Souveränität.