Einsparung durch Massenentlassungen
Die von der Regierung Trump initiierte Behörde DOGE hat sich einem ehrgeizigen Ziel verschrieben: Einsparungen im Bundeshaushalt in Höhe von einer Billion US-Dollar. Um dies zu erreichen, setzt man auf zwei Hebel: drastische Budgetkürzungen und Massenentlassungen – befeuert durch den Einsatz von KI-Technologie.
Die neue Strategie trägt den Namen „AI-first“: Künstliche Intelligenz wird zum zentralen Werkzeug zur Optimierung von Verwaltungsprozessen, Ausgaben und Kommunikation. Doch das Tempo der Umsetzung überrollt bestehende Standards – und birgt weitreichende Risiken.
Automatisierung als Vorwand für Stellenabbau
Die Folgen zeigen sich bereits: Seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar haben rund 260.000 Beschäftigte den öffentlichen Dienst verlassen – durch Ruhestand oder Kündigung. Ein Teil dieser Entlassungen wurde durch eine automatisierte Entscheidung getroffen. Dabei kam eine überarbeitete Software des Pentagons zum Einsatz: Das ehemals kaum genutzte System „AutoRIF“ wurde von DOGE in das cloudbasierte „Workforce Reshaping Tool“ umgewandelt.
Dieses analysiert Kriterien wie Dienstjahre, Status und Leistung, um über Entlassungen zu entscheiden – ohne menschliche Prüfung. Erste Rückmeldungen sprechen von zahlreichen Fehlentscheidungen. Experten warnen: Automatisierte Prozesse auf Basis falscher Annahmen führen zu Fehlern in bislang unbekanntem Ausmaß.
Demokratische Risiken durch Datenkonsolidierung
Zusätzliche Brisanz erhält der KI-Einsatz durch eine neue Rechtsgrundlage: Präsident Trump unterzeichnete einen Erlass, der die Zusammenführung unterschiedlicher Behördendatenbanken in eine zentrale Plattform erlaubt. Kritiker wie der Brookings Institution oder der Lawfare Institute sehen darin eine massive Bedrohung für Datenschutz, Bürgerrechte und demokratische Kontrolle.
Denn DOGE erhält damit weitreichenden Zugriff auf sensible Informationen – mit der Möglichkeit, diese nicht nur für Regierungszwecke, sondern auch zur Entwicklung kommerzieller KI-Systeme zu nutzen. Die rapide Umsetzung erfolgt unter Umgehung üblicher rechtlicher Prüfverfahren.
Technologie über Rechtsstaatlichkeit
Ein besonders brisantes Beispiel: Einem Praktikanten bei der Wohnungsbehörde HUD wurde aufgetragen, regulatorische Dokumente mithilfe von KI zu analysieren. Zwar kann KI große Textmengen schnell verarbeiten – doch sie kennt weder juristische Feinheiten noch ethische Prinzipien. Die sogenannte „Halluzinationsneigung“ – das Erfinden plausibler, aber falscher Aussagen – bleibt ein ungelöstes Risiko.
Wie der Technikjournalist Brian Barrett (The Wired) schreibt, wird KI in US-Behörden mit „rücksichtslosem Eifer“ implementiert – auch in sensiblen Bereichen wie Personalentscheidungen oder Kontrollverfahren. DOGE plane sogar, Tausende Stellen durch autonome KI-Agenten zu ersetzen – also Systeme, die ohne menschliches Eingreifen Entscheidungen treffen können.
Zwischen Vision und Verfassungsbruch
Die Einführung von KI in der öffentlichen Verwaltung ist kein Novum – bereits unter Präsident Biden gab es erste Schritte. Doch unter Trump und Musk hat sich das Tempo drastisch beschleunigt. Die Folgen: juristische Auseinandersetzungen, Prüfverfahren, wachsender öffentlicher Widerstand.
Denn wo Effizienz zur Maxime wird, geraten Grundrechte ins Wanken. Der scheinbar technologische Fortschritt droht, zur politischen Rücksichtslosigkeit zu werden – mit ungewissem Ausgang.
Fazit
Was als digitaler Modernisierungsschub verkauft wird, entpuppt sich zunehmend als autoritärer Umbau staatlicher Strukturen: Datenzentralisierung, automatisierte Entlassungen und KI-gesteuerte Verwaltung schaffen Fakten, bevor demokratische Prozesse greifen können. Während die USA zur Testzone für einen technologisierten Staatsapparat werden, bleibt die Frage offen, ob dieser Weg langfristig mit rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar ist – und was andere Regierungen, auch in Europa, daraus lernen oder vermeiden sollten.