Technologie

SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige Leistungen. In der Konsequenz bedeutet das, dass SaaS vor dem Umbruch steht oder bereits tot ist. Was Sie tun können!
01.06.2025 10:54
Lesezeit: 3 min
SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
Der Erfolg Künstlicher Intelligenz hinterfragt den Erfolg der herkömmlichen SaaS-Modelle. (Foto: dpa) Foto: Sina Schuldt

SaaS-Welt steht vor einem Umbruch

Künstliche Intelligenz steht kurz davor, ganze Geschäftsbereiche zu automatisieren – und damit das dominante SaaS-Modell grundlegend zu verändern. Obwohl das Prinzip von „Software-as-a-Service“ (SaaS) bereits vor rund 25 Jahren entstand, hat sich das Modell erst im vergangenen Jahrzehnt als Branchenstandard etabliert. Künstliche Intelligenz verspricht, ganze Unternehmensvertikalen direkt durch intelligente Software zu ersetzen – und Risikokapitalgeber wittern eine historische Chance.

Der rasante Aufstieg zahlreicher Einhörner aus dem SaaS-Sektor unterstreicht die Marktreife dieses Modells. Laut einer Analyse der Wagniskapitalgesellschaft Cowboy.VC existierten 2023 weltweit über 400 SaaS-Einhörner – gegenüber lediglich 15 im Jahr 2013. Zu den bekanntesten zählen Stripe (Zahlungsabwicklung), Databricks (Datenanalyse) und auch OpenAI, der Hauptmotor des aktuellen KI-Booms.

Vom Produkt zur Dienstleistung zur Automatisierung

Noch vor wenigen Jahren galt Software als Produkt – lizenziert, installiert, selbst betrieben. Die hohen Entwicklungs- und Wartungskosten führten schließlich zum Durchbruch des SaaS-Modells: Software wurde als abonnierbare Dienstleistung in der Cloud verfügbar, Plattformen wie Amazon Web Services (AWS) explodierten im Wachstum.

Nun stellt die generative KI selbst dieses Modell infrage. „Warum überhaupt noch Software als Dienstleistung denken, wenn KI bereits in der Lage ist, ganze Prozesse eigenständig zu übernehmen?“, fragt Viktoras Jucikas, Mitgründer des Start-ups Genus AI und Partner bei Iron Wolf Capital.

„Service-as-a-Software“: Die nächste Stufe

Bisher kauften Unternehmen SaaS-Plattformen und mussten diese selbst bedienen – etwa Buchhaltungssoftware wie QuickBooks. Doch mit dem Konzept „Service-as-a-Software“ entfällt dieser Schritt: Statt einer Plattform kaufen Unternehmen direkt das Ergebnis – die Leistung selbst, erbracht durch KI.

„Ich will keine Plattform, ich will meinen neuen Webauftritt, meinen Report oder meinen Vertragsentwurf – direkt geliefert durch ein System, das größtenteils KI-gesteuert ist“, erklärt Jucikas. Das verschiebt die Marktlogik fundamental: Wo früher nur der Markt für Software-Tools adressiert wurde, eröffnet sich nun der gesamte Dienstleistungsmarkt. „Es geht nicht mehr um Tools, sondern um ganze Wertschöpfungsketten, die ersetzt werden können“, so Jucikas. Wer etwa die Buchhaltung selbst automatisiert anbietet, adressiert ein vielfach größeres Marktvolumen als klassische Softwareanbieter.

Investoren suchen nach KI-getriebenen Disruptoren

Diese Entwicklung elektrisiert Risikokapitalgeber: Der renommierte Silicon-Valley-Accelerator Y Combinator sucht gezielt Start-ups, die komplette Industriezweige durch KI umkrempeln. Der Begriff „Service-as-a-Software“ wird dort zwar noch nicht verwendet, stattdessen spricht man von „Full-Stack-Disruption“.

Jared Friedman, Partner bei Y Combinator, beschreibt zwei mögliche Wege:

„Wenn man glaubt, dass große Sprachmodelle juristische Arbeit übernehmen können, kann man entweder ein KI-Tool für Kanzleien entwickeln – oder gleich eine eigene Kanzlei gründen, die intern vollständig KI-gestützt arbeitet und mit traditionellen Anbietern konkurriert.“

Wachsende Nachfrage

Auch in Europa formiert sich eine neue Start-up-Generation mit genau diesem Ansatz. Laut Jonė Vaitulevičiūtė von Firstpick sind Start-ups ohne tiefen KI-Bezug kaum noch existent – „alle Investitionen sind derzeit KI-Investitionen.“ Ein Beispiel: Das junge Unternehmen Vugene, gegründet vom aus den USA zurückgekehrten Juozas Gordevičius, erhielt Anfang Mai eine Finanzierung über eine Million Euro.

Vugene verbindet Biologie, Datenanalyse und Softwareentwicklung. Die Plattform analysiert biomedizinische Daten für Unternehmen, Forschungsinstitute und Krankenhäuser – mithilfe von statistischen Verfahren und maschinellem Lernen. „Unsere Kunden wollen keine Plattform erlernen. Sie wollen Ergebnisse – nicht die Bedienung eines Tools“, betont Gražina Mykolaitytė, CEO von Vugene. Die Plattform ist inzwischen vollständig im Backend verborgen – was zählt, ist die automatisierte Dienstleistung.

Beispiel Vertrieb: Nur noch zahlen für Resultate

Auch der litauische Anbieter Idealink verfolgt diesen Weg: Mit einer neuen KI-Agentenlösung unterstützt das Start-up Vertriebsteams bei der gezielten Lead-Generierung. Statt für Datenbanken oder Tools zu zahlen, kaufen Unternehmen direkt das Ergebnis – eine Liste qualifizierter Leads.

„Früher zahlte man für 1.000 generierte Unternehmensdaten. Heute bezahlt man für 10 oder 100 wirklich passende potenzielle Kunden“, erklärt Gründer Rokas Jurkėnas.

Plattform war gestern – das Ergebnis zählt

Die nächste Software-Revolution hat begonnen: Unternehmen wollen keine komplizierten Plattformen mehr, sie wollen funktionierende Resultate. „Service-as-a-Software“ könnte den klassischen SaaS-Ansatz in zentralen Branchen ablösen – eine Entwicklung, die Investoren weltweit elektrisiert und Dienstleistungsmärkte radikal neu ordnen könnte.

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