Mit der Einführung der Aktivrente möchte die Union eines ihrer Wahlversprechen direkt umsetzen: Um das Arbeiten im Alter attraktiver zu machen, sieht der schwarz-rote Koalitionsvertrag steuerliche Anreize vor. Konkret: Bis zu 2.000 Euro monatlich sollen vom Gehalt steuerfrei bleiben, wenn Beschäftigte mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters freiwillig weiterarbeiten.
Kanzler Merz plant schnelle Veränderungen: Was ist die Aktivrente?
Bei der Bundestagswahl konnten die Unions-Parteien CDU und CSU bei Menschen, die über 60 Jahre alt sind, besonders stark punkten. Durch das von Merz angekündigte Änderungs-Paket soll diese Bevölkerungsgruppe jetzt schnell profitieren, auch durch die Einführung einer Aktivrente.
Neu ist das Konzept nicht: Erstmals wurde die Aktivrente im Jahr 2023 von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vorgestellt. Der Vorschlag damals: Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sollen Menschen im Ruhestand abschlagsfrei weiterarbeiten können. Viele Menschen seien im Fall von Steuervergünstigungen dazu bereit, so Linnemann damals.
Aktivrente der schwarz-roten Koalition: Welcher Betrag ist steuerfrei?
Nach wie vor gilt dieselbe Idee: „Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei“, so die Formulierung im schwarz-roten Koalitionsvertrag.
Dieser sieht vor, dass ein abschlagsfreier Renteneintritt weiterhin nach 45 Jahren möglich ist. Wer noch immer arbeiten kann und möchte, nachdem er das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, soll jeden Monat bis zu 2000 Euro steuerfrei verdienen dürfen – insgesamt also 24.000 Euro im Jahr.
Einführung der Aktivrente: Ab wann soll die Aktivrente gelten?
Ein konkretes Einführungsdatum für die Aktivrente wird im Koalitionsvertrag nicht genannt. Die Passage zur Aktivrente ist Teil eines Maßnahmenpakets, das eine flexiblere Gestaltung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen soll. Während für andere Maßnahmen wie die „Frühstart-Rente“ bereits ein angestrebtes Startdatum genannt wird (1. Januar 2026), fehlt eine solche Angabe zur Aktivrente.
Daher ist davon auszugehen, dass die Aktivrente nicht vor 2026 kommt – realistisch ist eine Einführung im Verlauf der Legislaturperiode, möglicherweise erst nach Abschluss vorbereitender Gesetzgebungsverfahren und Haushaltsprüfungen.
Aktivrente: Steuerliche Vergünstigungen nicht addierbar
Bis zum Start der Aktivrente soll auch der steuerliche Grundfreibetrag steigen – von derzeit 12.096 Euro auf 12.348 Euro. Wer die Aktivrente nutzen möchte, profitiert davon aber nicht zusätzlich. Die steuerlichen Vergünstigungen sind nicht addierbar. Es bleibt bei der Obergrenze von 2000 Euro im Monat. Trotzdem können Menschen im Ruhestand dann wesentlich mehr abschlagsfrei verdienen. Bei einem Steuerfreibetrag von 12.348 Euro können Arbeitnehmer jeden Monat 1029 Euro ohne Abschläge verdienen. Für Rentner wären das 971 Euro mehr.
Nach Renteneintritt weiterarbeiten: Müssen Sozialabgaben gezahlt werden?
Ein steuerfreier Verdienst von 2000 Euro bedeutet nicht, dass Rentner den gesamten Betrag behalten können. „Sie müssen weiter Sozialbeiträge zahlen, wenn auch insgesamt weniger als reguläre Beschäftigte“, so der Renten-Experte Jan Scharpenberg gegenüber der ARD -„Tagesschau“. Auch eine Steuerklärung ist weiterhin fällig, sofern der Freibetrag überschritten wird.
Vorbeschäftigungsverbot: befristete Einstellung möglich
Um die Aktivrente attraktiver zu machen, soll es zukünftig einfacher sein, Rentner befristet einzustellen – auch am selben Arbeitsplatz. Eigentlich verbietet das Vorbeschäftigungsverbot, dass ein zuvor unbefristet angestellter Arbeitnehmer erneut befristet beschäftigt werden darf. Künftig soll es erlaubt sein, dass Beschäftigte, die das Rentenalter erreicht haben, beim bisherigen Arbeitgeber auf Grundlage eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags weiter beschäftigt sind.
Handwerker, Selbstständige und Rentner in Grundsicherung: Wer profitiert?
Carsten Linnemann zufolge soll die Aktivrente jenen Senioren zugutekommen, die auch nach ihrem Renteneintritt weiter arbeiten wollen. Das dürften aber längst nicht alle sein, wie ausgerechnet der Koalitionspartner SPD in der Vergangenheit kritisiert hatte. „Wer beispielsweise auf dem Bau oder in der Pflege schwere körperliche Arbeit geleistet hat und deswegen im Alter nicht mehr arbeiten kann, würde doppelt benachteiligt: durch Abschläge wegen eines früheren Renteneintritts, und weil Erwerbsfähige durch die Steuerfreiheit bevorzugt würden“, so der Sozialdemokrat Michael Schrodi Ende 2023 zur DPA. Auch wer im Alter von der Grundsicherung lebt, wird von der Aktivrente nichts haben. Hier sollen auch künftig andere Freibeträge gelten.
Nicht deutlich wird bisher, ob die Aktivrente auch für jene gilt, die nach dem Erreichen der sogenannten Regelaltersgrenze weiter arbeiten – also Rentner, die eigentlich schon in den Ruhestand gehen könnten, aber weiter ihrem Beruf nachgehen, ohne Rente zu beziehen. Auch ist noch nicht klar, wie sich die Regelung auf Selbstständige auswirkt.
DStV fordert: Gleichbehandlung auch für Unternehmer und Selbstständige
Der Deutsche Steuerberaterverband e. V. fordert von der Politik hierbei jedoch nicht zwischen Unternehmern sowie Selbstständigen auf der einen und abhängig Beschäftigten auf der anderen Seite differenzieren. Der demografische Wandel belastet alle gleichermaßen. DStV-Präsident StB Torsten Lüth fordert deshalb: „Anreize für die Weiterbeschäftigung im Alter können den Fachkräftemangel abmildern. Dabei sollte die Politik aber auch an die vielen Unternehmer und Selbstständigen denken, die weit über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbeiten. Auch sie werden dringend gebraucht und sollten daher die steuerlichen Anreize in Anspruch nehmen können. Dadurch sichern sie das Unternehmen, Arbeitsplätze, Fachwissen und Steuereinnahmen. Diese Gleichbehandlung ist daher angebracht und fair.“
Was bringt die Aktivrente dem Staat?
Der Staat profitiert doppelt von der Einführung der Aktivrente: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) könnten Deutschland bis 2027 rund 728.000 Fachkräfte fehlen. Indem „Silver Worker“, wie Linnemann arbeitende Senioren nennt, im Arbeitsmarkt gehalten werden, soll diesem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Gleichzeitig zahlen die Arbeitenden dann weiter in die Rentenkasse ein und sollen diese so entlasten.