Wirtschaft

E-Auto-Markt: Volkswagen lässt Tesla hinter sich

Tesla kämpft mit massivem Gegenwind in Europa, während VW und BYD die Elektrooffensive vorantreiben. Der chinesische Hersteller BYD überholt Tesla erstmals bei den Neuzulassungen und setzt mit aggressiven Preisen sowie Expansionsplänen neue Maßstäbe. In Deutschland ist der Erfolg zwar noch überschaubar, doch die Weichen für einen Machtwechsel auf dem EU-Elektromarkt sind gestellt.
27.05.2025 09:31
Lesezeit: 4 min
E-Auto-Markt: Volkswagen lässt Tesla hinter sich
Volkswagen konnte die Auslieferungen reiner Elektrofahrzeuge in Europa im ersten Quartal mehr als verdoppeln. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Der US-Elektroautobauer Tesla kann den Aufschwung am europäischen Elektroautomarkt weiterhin nicht für sich nutzen. Im April erlitt das Unternehmen des umstrittenen Firmenchefs Elon Musk einen weiteren herben Rückschlag. Erneut sanken die Neuzulassungen in der Europäischen Union drastisch – diesmal um mehr als die Hälfte, wie aus Zahlen des europäischen Herstellerverbands Acea hervorgeht. Nach den ersten vier Monaten des Jahres muss Tesla ein Minus von gut 46 Prozent auf nur noch 41.677 Fahrzeuge verkraften.

Elektroautos gewinnen wieder an Fahrt

Der EU-Automarkt insgesamt tritt in diesem Jahr bislang auf der Stelle. Doch gerade bei den Elektroautos zieht er nach der Schwäche im Vorjahr wieder spürbar an. In den ersten vier Monaten entfielen 15,3 Prozent der Neuzulassungen in der EU auf reine Batterieautos, ein Jahr zuvor waren es lediglich zwölf Prozent. In absoluten Zahlen betrug das Wachstum über ein Viertel.

VW verdoppelt E-Auto-Auslieferungen

Tesla gerät zunehmend unter Druck in einem Markt, für den der umstrittene Unternehmer Musk mit der sogenannten Gigafabrik in Grünheide vor den Toren Berlins Fuß fassen wollte und dafür Milliarden investierte. Nicht nur kommt Volkswagen mit seinen Elektroautos mittlerweile in Schwung und lässt Tesla weit hinter sich – der Wolfsburger Konzern konnte die Auslieferungen reiner Elektrofahrzeuge in Europa im ersten Quartal mehr als verdoppeln.

Auch der chinesische Elektro-Weltmarktführer BYD ("Build Your Dreams") sitzt Musk im Nacken – mehr noch: Er hat ihn in Europa bei reinen Elektroantrieben (BEV – battery electric vehicles) nun überholt. Nach Daten der Marktforscher von Jato Dynamics war es im April erstmals so weit.

BYD aus China zieht an Tesla vorbei

In den Zahlen von Jato – die 28 Länder statt nur die EU erfassen – lag BYD im April mit 7.231 Fahrzeugen knapp vor Tesla mit 7.165 Autos. Jato-Analyst Felipe Munoz sprach trotz des geringen Vorsprungs von einem "Wendepunkt" für den europäischen Automarkt, zumal Tesla den Markt seit Jahren anführt und BYD erst spät richtig durchstartete.

BYD greift derzeit stark auf Eigenzulassungen der Händler und Verkäufe an Autovermieter zurück, wie Daten des Kraftfahrtbundesamts für Deutschland zeigen – dem größten Automarkt in der EU. In den ersten vier Monaten gingen hierzulande von 2.791 neu zugelassenen BYD-Modellen lediglich knapp zwölf Prozent an private Halterinnen und Halter.

BYD punktet kaum bei Privatkäufern

Zwar entfällt der Absatz an Firmen in Deutschland generell auf den Großteil der Zulassungen, auch bei anderen Herstellern. Allerdings ist der Anteil von Privatkäufern bei BYD besonders niedrig: Mercedes etwa erreicht fast 37 Prozent, die Marke VW Pkw kommt auf rund 26 Prozent.

BYD, Nio und Xpeng in Deutschland wenig gefragt

Insgesamt bleibt BYD in Deutschland mit seinen Verkaufszahlen bislang auf einem niedrigen Niveau. Das gilt auch für andere Anbieter wie Nio und Xpeng. Wie Branchenanalyst Matthias Schmidt von Schmidt Automotive Research erklärt, konzentrieren sich die chinesischen Hersteller zunächst vor allem auf Großbritannien, Spanien und Italien – und fahren mit dieser Strategie durchaus gut.

In Großbritannien gilt es wegen der überschaubaren einheimischen Konkurrenz als einfacher für Newcomer, einen Platz im Markt zu erobern. Das spiegelt sich auch in historischen Marktdaten wider, sagt Experte Schmidt. Und in Spanien und Italien kommen günstige Autos bei den preisbewussten Käufern ohnehin besser an, erläutert der Fachmann. In Westeuropa war im ersten Quartal fast jedes zwanzigste neue Auto ein chinesisches – ein fast doppelt so hoher Marktanteil wie vor zwei Jahren, analysiert er.

EU-Zölle bremsen Anbieter aus China

Die Zölle aus Brüssel gegen importierte Elektroautos aus der Volksrepublik stellen die Anbieter aus Fernost jedoch vor neue Hürden. Die EU-Kommission vermutete unlauteren Preiswettbewerb durch Subventionen aus Peking und verhängte vergangenes Jahr Strafzölle, die je nach Hersteller variieren. Die Chinesen machen daraus eine Tugend: Zwei von drei Autos chinesischer Marken besitzen laut Schmidt mittlerweile mindestens einen Plug-in-Antrieb – enthalten also einen Verbrennungsmotor. Somit unterliegen sie nicht den erhöhten Zöllen.

Doch auch bei den reinen Stromern wollen die Asiaten vorankommen. BYD stellte vergangene Woche seinen Elektrokleinwagen Dolphin Surf vor – ein Modell zum Einführungspreis von 19.990 Euro. Schon lange fordern etwa Politiker und nicht zuletzt Käufer erschwinglichere Elektroautos, damit sich Elektromobilität auch unter Normalverbrauchern durchsetzen kann. Das von VW angekündigte preiswerte Kleinwagenmodell "ID.Every1" in dieser Preisklasse dürfte allerdings erst 2027 auf den Markt kommen.

Deutsche Hersteller mit starkem Image

Deutsche Hersteller profitieren jedoch im In- und Ausland von ihrem ausgezeichneten Ruf in puncto Qualität. In einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Unternehmensberatung Bearingpoint in den USA, China, Frankreich und Deutschland lagen die deutschen Marken in allen vier Märkten beim Vertrauen in die Qualität vorn.

"Dazu trägt sicher auch bei, dass Kunden sich nicht sicher sind, ob es den Hersteller in ein paar Jahren noch geben wird und ob sie noch einen Ansprechpartner für Service und Reparaturen haben", sagt Manuel Schuler, globaler Leiter Automotive bei Bearingpoint. Ihr gutes Image verschaffe den deutschen Autobauern einen gewissen Aufschub im Wettbewerb mit den Herausforderern aus China, so Schuler.

BYD will Service stärken

BYD drängt mit hoher Geschwindigkeit auch auf den deutschen Markt, sagte BYD-Topmanagerin Stella Li jüngst im ZDF-Interview. Sie kündigte für die kommenden Monate weitere Verkaufssteigerungen an – und rückt auch die Sorge vieler deutscher Autofahrer in den Fokus: den Service nach dem Kauf. Der Preis sei zwar ein entscheidendes Kriterium. "Aber auch der Service danach ist sehr wichtig. Wir arbeiten daran, mehr Service-Werkstätten anzubieten, wir arbeiten dafür auch mit Dritten zusammen", sagte sie.

In Ungarn und der Türkei investiert der Elektroautoriese in eigene Produktionsstätten. "Wir sind wie andere Firmen offen dafür, auch anderswo zu investieren, auch in Westeuropa." Im Fall von Deutschland ließ sie sich jedoch nicht in die Karten schauen: "Wir wissen es nicht."

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