Politik

Politische Zerreißprobe in Polen: Tusk stellt Vertrauensfrage nach Wahlschlappe

Nach der Niederlage seines politischen Verbündeten Rafal Trzaskowski bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen steht Regierungschef Donald Tusk unter Druck. Der neue Präsident Karol Nawrocki, unterstützt von der rechtskonservativen PiS, könnte zentrale Vorhaben der Regierung blockieren. Tusk kündigte daher im polnischen Fernsehen an, dem Parlament in Kürze die Vertrauensfrage zu stellen. Die Abstimmung soll die Geschlossenheit der Mitte-Links-Koalition testen und ein Signal an die Öffentlichkeit senden.
03.06.2025 10:28
Lesezeit: 2 min
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Die Niederlage seines politischen Verbündeten Rafal Trzaskowski bei der Präsidentenwahl in Polen bringt Regierungschef Donald Tusk in Bedrängnis. Er werde demnächst im Parlament die Vertrauensfrage stellen, kündigte Tusk am Montagabend im polnischen Fernsehen an. Zur Begründung sagt er, der Plan für das Agieren seiner Regierung unter dem neuen Präsidenten Karol Nawrocki werde „Einheit und Mut“ der Dreier-Koalition erfordern. Die Vertrauensabstimmung solle dafür ein erster Test sein.

Kommentatoren in Warschau warnen davor, dass der Konflikt zwischen der Regierung und dem Staatsoberhaupt Polen ins politische Chaos stürzen könnte.

Bei der Stichwahl um das polnische Präsidentenamt am Sonntag hat der von der rechtskonservativen PiS unterstützte Nawrocki mit knappem Vorsprung gegen Trzaskowski gesiegt. Das ist auch für den Regierungschef eine schwere Schlappe. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski sagte, das Ergebnis der Präsidentenwahl sei die „rote Karte“ für Tusks Regierung. Diese solle abtreten.

Tusk führt seit Ende 2023 ein Mitte-Links-Bündnis aus drei Parteien. Wichtigstes Projekt seiner Regierung ist es, die Beschädigungen des Rechtsstaats rückgängig zu machen, die die von 2015 bis 2023 amtierende PiS-Regierung mit ihrer Justizreform ausgelöst hat. Entsprechende Gesetzentwürfe hat der amtierende Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, bislang blockiert. Es wird erwartet, dass Nawrocki genauso verfährt und möglicherweise sogar mit größerer Härte vorgeht. „Wenn Duda der Regierung einen Stock in die Speichen gesteckt hat, dann werden es bei Nawrocki zwei sein“, prophezeite der Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski im Gespräch mit dem TV-Sender Polsat.

Tusk: Werden nicht einen Schritt zurückweichen

„In Übereinstimmung mit der Verfassung und unserem Gewissen werden wir mit dem neuen Präsidenten überall dort zusammenarbeiten, wo dies notwendig und möglich ist“, sagte Tusk. Gleichzeitig betonte er: „Alle werden sehen, dass die Regierung nicht vorhat, auch nur einen Schritt zurückzuweichen.“

In Polen hat das Staatsoberhaupt mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem kann er mit seinem Vetorecht der Regierung das Leben schwer machen. Um das Veto des Präsidenten aufzuheben, braucht es im Parlament eine Mehrheit von 60 Prozent der Abgeordneten, über die das Mitte-Links-Bündnis von Tusk nicht verfügt.

Nawrocki ist gegen Nato-Beitritt der Ukraine

Der 42-jährige Historiker Nawrocki ist parteilos und politisch völlig unerfahren. Seinen Aufstieg verdankt er PiS-Chef Kaczynski. Voraussichtlich wird er dessen Ziel übernehmen, die Regierung von Tusk zu Fall zu bringen.

Auch außenpolitisch könnte dies Folgen haben. So hat sich Nawrocki gegen einen Beitritt der von Russland angegriffenen Ukraine zur Nato ausgesprochen – dies ist eine Position des Kremls.

Von der Leyen: Polen wird auch weiter zur Ukraine stehen

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen betonte im Gespräch mit dem ZDF allerdings, sie sei der festen Überzeugung, dass Polen auch nach der Präsidentschaftswahl fest an der Seite der Ukraine stehe. Bei der Abwehr des russischen Machtstrebens seien die Polen absolut geeint.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gratulierte Nawrocki am Montagabend zum Wahlsieg. Angesichts tiefer geopolitischer Veränderungen stünden Deutschland und Polen vor großen Herausforderungen, schrieb Merz. „Diese wollen wir Deutsche mit unseren polnischen Nachbarn erfolgreich bewältigen.“ Dabei vergesse man nicht „das schwere Leid, das Deutsche über Polen gebracht haben“.

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