Goldpreis aktuell auf Richtungssuche: Geopolitik, Zölle und Zinserwartungen als Preistreiber
Der Goldpreis hat nach einem kräftigen Anstieg am Montag einen Großteil seiner Gewinne wieder abgegeben. Nachdem das gelbe Edelmetall zum Start in die neue Handelswoche um mehr als zwei Prozent gestiegen war, rutschte der Goldkurs am Dienstag wieder leicht ab – auch aufgrund einer Erholung des US-Dollars. Zum Start der Börsen in den USA fiel der Preis für eine Feinunze Gold um annähernd 20 US-Dollar auf annähernd 3.360 US-Dollar. Marktbeobachter sprechen von einem Konsolidierungsmodus. Und auch Anleger reagieren zunehmend sensibel auf die aktuellen geopolitischen Entwicklungen sowie auf die geldpolitischen Signale aus den USA.
Die jüngste Aufwärtsbewegung beim Goldpreis wurde durch eine Kombination geopolitischer Spannungen, insbesondere zwischen den USA und China, sowie durch eine zweite Runde mehr oder weniger ergebnisloser Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine ausgelöst. US-Präsident Donald Trump hatte am Wochenende China beschuldigt, eine vorläufige Zollvereinbarung verletzt zu haben. Zudem kündigte er an, die Zölle auf Stahlimporte von 25 auf 50 Prozent zu verdoppeln. Zusätzlich belasteten überraschende Drohnenangriffe in der Ukraine die Märkte. Die Finanzmärkte reagierten daraufhin nervös, diese Eskalationen erhöhten schnell die Nachfrage nach dem krisenresistenten Edelmetall. Die Folge: Der Gold-Preis erreichte kurzfristig einen vierwöchigen Höchststand – das Goldpreis-Rekordhoch bei 3.430,12 US-Dollar ist wieder in Reichweite.
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Fakt ist jedenfalls, dass die Investoren nun gespannt auf neue Impulse warten, etwa durch die US-JOLTS-Daten oder durch Aussagen führender Mitglieder der US-Notenbank Federal Reserve.
Zinspolitik als Zünglein an der Waage
Die Erwartung, dass die Federal Reserve im Jahr 2025 ihre Zinspolitik lockern könnte, hat ebenfalls Auswirkungen auf die Goldpreis-Entwicklung. Fed-Gouverneur Christopher Waller stellte in Aussicht, dass Zinssenkungen trotz temporär steigender Inflation möglich seien. Auch Austan Goolsbee von der Chicago Fed rechnet mit sinkenden Zinssätzen in den kommenden 12 bis 18 Monaten. Demgegenüber äußerte sich Lorie Logan von der Dallas Fed zurückhaltender – sie plädiert für Geduld.
Die sinkenden Zinserwartungen stützen tendenziell den Goldpreis, da das zinslose Edelmetall in einem Niedrigzinsumfeld attraktiver wird. Gleichzeitig wirken steigende Renditen langfristiger US-Staatsanleihen als Gegengewicht. Kurz- bis mittelfristig hängt die Goldpreis-Entwicklung somit maßgeblich vom Kurs der US-Notenbank ab.
Technische Analyse: Unterstützungen und Widerstände im Fokus
Aus charttechnischer Sicht befindet sich der Goldpreis weiterhin in einem übergeordneten Aufwärtstrend – trotz der aktuellen Konsolidierungsphase. Das jüngste Zwischentief lag knapp über der Marke von 3.100 US-Dollar pro Feinunze. Aktuell verläuft eine leichte Erholung, mit einem nächsten potenziellen Kursziel in Richtung 3.450 US-Dollar.
Fällt der Preis hingegen unter 3.300 US-Dollar, könnte sich ein Rückgang in Richtung der Unterstützung bei 3.285 bis 3.286 US-Dollar abzeichnen. Ein nachhaltiger Anstieg über 3.400 US-Dollar würde hingegen den Weg für einen Test der Höchststände aus dem April ebnen – mit der psychologischen Marke von 3.500 US-Dollar als nächstem Ziel.
Gold-Preisentwicklung im historischen Vergleich
Langfristig betrachtet ist die Entwicklung des Goldpreises beeindruckend – aber auch mit erheblichen Schwankungen verbunden. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Goldkurs in US-Dollar um fast 50 Prozent verteuert, auf Sicht von fünf Jahren nahezu verdoppelt. Seit der Jahrtausendwende liegt die Steigerung sogar beim Elffachen. Zum Vergleich: Der internationale Aktienindex MSCI World hat sich im gleichen Zeitraum lediglich verdreifacht.
Doch nicht immer war Gold ein Renditegarant. In den 1980er-Jahren fiel der Goldpreis nach einem Höhepunkt von 665 US-Dollar wieder über Jahrzehnte hinweg. Inflationsbereinigt erreichte er 1980 einen Wert von fast 2.500 US-Dollar – ein Niveau, das erst im Sommer 2024 wieder überschritten wurde. Auch nach der Finanzkrise dauerte es fast zehn Jahre, bis die Höchststände aus dem Jahr 2011 erneut erreicht wurden.
Wie sollten Anleger jetzt auf die Goldpreisentwicklung reagieren?
Für viele Anleger stellt sich die Frage: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einstieg oder zur Gewinnmitnahme? Kurzfristige Rücksetzer – wie aktuell – bieten eine Gelegenheit, sich günstiger zu positionieren. Viele Experten sehen den langfristigen Aufwärtstrend weiterhin intakt. Gründe dafür sind unter anderem die hohe Verschuldung vieler Industrieländer, geopolitische Unsicherheiten und ein abnehmendes Vertrauen in den US-Dollar. Auch die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch Moody’s – von AAA auf AA1 – könnte das Vertrauen in Papiergeld weiter schwächen und Gold stützen.
Allerdings gibt es auch Gegenargumente: Rund die Hälfte der globalen Goldproduktion wird für Schmuck verwendet – eine Nachfrage, die bei hohen Preisen tendenziell sinkt. Zudem beobachten Rohstoffexperten das Verhältnis von Gold- zu Silberpreis. Aktuell liegt es bei 99, während der langfristige Durchschnitt bei etwa 65 liegt – ein Indiz für eine Überbewertung von Gold gegenüber Silber.
Goldpreis bleibt im Spannungsfeld der Märkte
Der Goldpreis steht im Spannungsfeld zwischen geopolitischen Risiken, US-Zinspolitik und makroökonomischen Unsicherheiten. Kurzfristige Rücksetzer gehören in einem volatilen Umfeld dazu – der übergeordnete Trend zeigt aber weiterhin nach oben. Anleger sollten Rückgänge unter die Unterstützungszonen zwischen 3.300 und 3.285 US-Dollar als potenzielle Kaufgelegenheiten betrachten. Ein Anstieg über die Marke von 3.400 US-Dollar könnte den nächsten Schub in Richtung Allzeithoch einleiten.
Wer in den Goldkurs investieren möchte, sollte sich jedoch nicht nur vom kurzfristigen Momentum leiten lassen, sondern die eigene Risikostrategie klar definieren. Die Goldpreis-Entwicklung der Vergangenheit zeigt: Gold ist kein Selbstläufer – aber in unsicheren Zeiten ein wertvoller Bestandteil jeder strategischen Vermögensallokation.