Kirill Dmitriev – einst Finanzanalyst bei McKinsey und Goldman Sachs – gehört heute zum innersten Kreis der Macht in Moskau. Seine Netzwerke reichen bis in die USA. Er spricht fließend Englisch, besitzt Harvard-Diplome und war als junger Mann an der Wall Street zu Hause. Heute dient Kirill Dmitriev, Chef des staatlichen russischen Investmentfonds RDIF, der strategischen Agenda Wladimir Putins. Für westliche Sicherheitsanalysten ist klar: Dmitriev spielt eine entscheidende Rolle in Russlands Kriegswirtschaft – und ist ein zentraler Akteur in Putins geopolitischer Konfrontationsstrategie.
Vom Harvard-Absolventen zum „Finanzzar“ des Kremls
Dmitrievs Aufstieg ist beispiellos: Studium in Kalifornien, Abschlüsse von Stanford und Harvard, Stationen bei Goldman Sachs und McKinsey. Mit 25 kehrte er nach Moskau zurück – rechtzeitig zur Phase der russischen Rohstoffhausse. Er leitete zunächst Hedgefonds, später den Russian Direct Investment Fund, über den Russland gezielt Kapitalströme lenkte – offiziell zur Modernisierung der Wirtschaft, inoffiziell als verlängerter Arm des Kremls, wie westliche Geheimdienste vermuten.
Die Nähe zum Machtzentrum gilt als gesichert: Dmitriev ist mit Natalia Popowa verheiratet, einer Studienfreundin von Katerina Tichonowa, mutmaßlich Putins Tochter. Westliche Beobachter sehen in Dmitriev einen Finanzarchitekten hinter Putins System, vergleichbar mit Oligarchen, jedoch mit technokratischem Profil und internationalem Auftreten.
Wirtschaftsexperte, Dealmaker, Meinungsmacher
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs tritt Dmitriev zunehmend öffentlich in Erscheinung – mit Beiträgen auf Plattformen wie X, wo er pro-russische und pro-chinesische Positionen vertritt. Seine strategische Stoßrichtung: Stimmungsmache in den USA zugunsten einer Annäherung an Russland. US-Analysten zufolge soll er gezielt versucht haben, Donald Trump mit wirtschaftlichen Angeboten zu ködern, um dessen Unterstützung für die Ukraine zu unterminieren.
Jacob Kaarsbo, ehemaliger Chefanalyst des dänischen Militärgeheimdienstes, nennt ihn einen „verdeckten Einflussagenten“. Dmitriev habe unter anderem Treffen mit Trump-nahen Kreisen in Washington abgehalten – trotz bestehender US-Sanktionen. Auch bei diplomatischen Gesprächen zwischen Moskau und Washington in Saudi-Arabien sei er zuletzt persönlich anwesend gewesen.
Rhetorik und Realität: Kein Interesse an Frieden
Das unabhängige Institute for the Study of War kommt zu ähnlichen Schlüssen: Dmitriev instrumentalisiere seine wirtschaftlichen Kompetenzen, um in westlichen Entscheidungskreisen den Eindruck zu erwecken, Russland sei verhandlungsbereit. In Wahrheit gehe es um Zeitgewinn und strategische Täuschung, nicht um echte Friedensinitiativen.
Dmitrievs Rolle steht exemplarisch für eine neue Art hybrider Machtpolitik: finanztechnokratisch, international vernetzt, ideologisch flexibel – aber strategisch fest im Dienst des Systems Putin. Seine Biografie zeigt, wie der Kreml westliche Eliten für eigene Interessen nutzt – und wie gefährlich vertraute Gesichter sein können, wenn sie plötzlich die Seiten wechseln.