Politik

Putins Ökonom mit Wall-Street-Vergangenheit: Die stille Macht des Kirill Dmitriev

Vom Harvard-Absolventen zum Architekten von Putins Kriegsökonomie: Kirill Dmitriev spielt eine zentrale Rolle in Moskaus Konfrontation mit dem Westen – und wirkt bis Washington.
17.06.2025 07:17
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Putins Ökonom mit Wall-Street-Vergangenheit: Die stille Macht des Kirill Dmitriev
Wladimir Putin und Kirill Dmitriev: Der Chef des russischen Staatsfonds gilt als Schlüsselfigur hinter Moskaus Finanzstrategie – international vernetzt, loyal zum Kreml. (Foto:dpa) Foto: Sergei Chirikov

Kirill Dmitriev – einst Finanzanalyst bei McKinsey und Goldman Sachs – gehört heute zum innersten Kreis der Macht in Moskau. Seine Netzwerke reichen bis in die USA. Er spricht fließend Englisch, besitzt Harvard-Diplome und war als junger Mann an der Wall Street zu Hause. Heute dient Kirill Dmitriev, Chef des staatlichen russischen Investmentfonds RDIF, der strategischen Agenda Wladimir Putins. Für westliche Sicherheitsanalysten ist klar: Dmitriev spielt eine entscheidende Rolle in Russlands Kriegswirtschaft – und ist ein zentraler Akteur in Putins geopolitischer Konfrontationsstrategie.

Vom Harvard-Absolventen zum „Finanzzar“ des Kremls

Dmitrievs Aufstieg ist beispiellos: Studium in Kalifornien, Abschlüsse von Stanford und Harvard, Stationen bei Goldman Sachs und McKinsey. Mit 25 kehrte er nach Moskau zurück – rechtzeitig zur Phase der russischen Rohstoffhausse. Er leitete zunächst Hedgefonds, später den Russian Direct Investment Fund, über den Russland gezielt Kapitalströme lenkte – offiziell zur Modernisierung der Wirtschaft, inoffiziell als verlängerter Arm des Kremls, wie westliche Geheimdienste vermuten.

Die Nähe zum Machtzentrum gilt als gesichert: Dmitriev ist mit Natalia Popowa verheiratet, einer Studienfreundin von Katerina Tichonowa, mutmaßlich Putins Tochter. Westliche Beobachter sehen in Dmitriev einen Finanzarchitekten hinter Putins System, vergleichbar mit Oligarchen, jedoch mit technokratischem Profil und internationalem Auftreten.

Wirtschaftsexperte, Dealmaker, Meinungsmacher

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs tritt Dmitriev zunehmend öffentlich in Erscheinung – mit Beiträgen auf Plattformen wie X, wo er pro-russische und pro-chinesische Positionen vertritt. Seine strategische Stoßrichtung: Stimmungsmache in den USA zugunsten einer Annäherung an Russland. US-Analysten zufolge soll er gezielt versucht haben, Donald Trump mit wirtschaftlichen Angeboten zu ködern, um dessen Unterstützung für die Ukraine zu unterminieren.

Jacob Kaarsbo, ehemaliger Chefanalyst des dänischen Militärgeheimdienstes, nennt ihn einen „verdeckten Einflussagenten“. Dmitriev habe unter anderem Treffen mit Trump-nahen Kreisen in Washington abgehalten – trotz bestehender US-Sanktionen. Auch bei diplomatischen Gesprächen zwischen Moskau und Washington in Saudi-Arabien sei er zuletzt persönlich anwesend gewesen.

Rhetorik und Realität: Kein Interesse an Frieden

Das unabhängige Institute for the Study of War kommt zu ähnlichen Schlüssen: Dmitriev instrumentalisiere seine wirtschaftlichen Kompetenzen, um in westlichen Entscheidungskreisen den Eindruck zu erwecken, Russland sei verhandlungsbereit. In Wahrheit gehe es um Zeitgewinn und strategische Täuschung, nicht um echte Friedensinitiativen.

Dmitrievs Rolle steht exemplarisch für eine neue Art hybrider Machtpolitik: finanztechnokratisch, international vernetzt, ideologisch flexibel – aber strategisch fest im Dienst des Systems Putin. Seine Biografie zeigt, wie der Kreml westliche Eliten für eigene Interessen nutzt – und wie gefährlich vertraute Gesichter sein können, wenn sie plötzlich die Seiten wechseln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Umbau der US-Verteidigung stellt Milliardenprojekte infrage
09.08.2025

Donald Trump krempelt die US-Verteidigung radikal um: Alte Kampfjets werden verschrottet, Milliarden in neue Tarnkappenbomber investiert....

DWN
Politik
Politik 50 Jahre Abkommen von Helsinki – ein Pakt ohne Erbe
09.08.2025

Vor 50 Jahren versprach das Abkommen von Helsinki eine neue Weltordnung aus Kooperation und Respekt. Heute, im Zeitalter hybrider Kriege,...

DWN
Technologie
Technologie Globale Bank-ID: Yubico-Gründerin will Passwörter abschaffen – Milliardenpotenzial für deutsche Firmen
09.08.2025

Die Gründerin von Yubico will mit ihrer Stiftung Siros ein globales, offenes System für digitale Identitäten schaffen – sicher wie ein...

DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...