Panorama

Iranische Atomanlagen: Wie stark die US-Angriffe wirklich trafen

Nach dem massiven Luftangriff der USA auf Irans Atomanlagen überschlagen sich die Einschätzungen. Präsident Trump spricht von völliger Zerstörung, Geheimdienste widersprechen. Während sich die Lage zwischen Israel und dem Iran scheinbar beruhigt, eskaliert die Gewalt im Westjordanland. Die politischen Nachbeben reichen bis in die israelische Justiz – und werfen neue Fragen nach der Stabilität der gesamten Region auf.
26.06.2025 11:59
Lesezeit: 3 min
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Iranische Atomanlagen: Wie stark die US-Angriffe wirklich trafen
Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt die Schäden an der Anreicherungsanlage Fordo am 24. Juni 2025 nach Angriffen. (Foto: picture alliance/dpa/Maxar Technologies | Uncredited) Foto: Uncredited

Pentagon und Militär äußern sich zum Angriff auf Atomanlagen

Auch Tage nach den Luftangriffen bleibt das Ausmaß der Zerstörungen unklar. Wurde das iranische Atomprogramm um Jahre oder lediglich Monate zurückgeworfen? Einer spricht sogar von "totaler Auslöschung".

Wie stark sind die Atomanlagen des Irans bei den jüngsten US-Angriffen beschädigt worden? Zu dieser strittigen Frage will sich US-Verteidigungsminister Pete Hegseth heute gemeinsam mit hochrangigen Militärs auf einer Pressekonferenz äußern. Nach Angaben des US-Auslandsgeheimdienstes CIA sollen die iranischen Atomanlagen bei den Angriffen am Sonntag erheblichen Schaden genommen haben. Ob das zutrifft, ist ungewiss – und lässt sich momentan kaum unabhängig überprüfen.

Widersprüchliche Einschätzungen aus Geheimdienstkreisen

In einer als "streng geheim" eingestuften Ersteinschätzung des Militärgeheimdienstes DIA hatte es zunächst geheißen, das iranische Atomprogramm sei durch die massiven Luftschläge der US-Streitkräfte nur um einige Monate verzögert worden. Das Weiße Haus kritisierte die Veröffentlichung von Details aus diesem Bericht durch US-Medien und wies die Darstellung als unzutreffend zurück. Präsident Donald Trump beharrt darauf, dass die Atomanlagen vollständig zerstört worden seien.

CIA: Wiederaufbau würde Jahre dauern

CIA-Chef John Ratcliffe erklärte nun, der Wiederaufbau der Atomanlagen werde "Jahre" in Anspruch nehmen. Auch US-Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard schrieb auf der Plattform X, dass ein möglicher Wiederaufbau der Anlagen in Fordo, Natans und Isfahan Jahre erfordern würde.

Gabbard hatte Ende März im Geheimdienstausschuss des US-Senats erklärt, nach Einschätzung der Nachrichtendienste verfolge der Iran derzeit keine Pläne zum Bau einer Atombombe. Mit ihren aktuellen Aussagen scheinen sie und die CIA nun die Position des obersten Befehlshabers Trump zu stützen, der nicht dafür bekannt ist, Widerspruch zu tolerieren. Er hatte die von ihm angeordneten Angriffe vom Wochenende als Todesstoß für das iranische Atomprogramm bezeichnet. Beim Nato-Gipfel in Den Haag sagte er mit Blick auf die Atomanlagen: "Ich glaube, es war eine totale Auslöschung."

Verdacht auf geheime Waffenpläne

Hintergrund der Angriffe sind Befürchtungen, dass die iranische Führung heimlich den Bau von Atomwaffen vorantreibt, während sie öffentlich beteuert, Kernenergie ausschließlich für zivile Zwecke zu nutzen. Letzteres wird auch deshalb bezweifelt, weil der Iran in der Vergangenheit als einziger Staat ohne Atomwaffen hochangereichertes Uran mit nahezu waffentauglichem Reinheitsgrad herstellte.

Die Zeitung "The Jerusalem Post" berichtete unter Berufung auf israelische Beamte, es sei unklar, wie viel des hochangereicherten Urans bei den Angriffen zerstört wurde. Zudem lasse sich nicht mit Gewissheit sagen, ob ein Teil des radioaktiven Materials aus den angegriffenen Anlagen geborgen werden kann.

Solidarität mit Netanjahu: Trump attackiert Israels Justiz

Nach dem mit Israels Regierung abgestimmten Militäreinsatz im Iran kritisierte Trump die israelische Justiz wegen des Korruptionsverfahrens gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. "Ich bin schockiert, dass der Staat Israel, der gerade einen seiner größten Momente in der Geschichte erlebt hat und von Bibi Netanjahu geführt wird, die lächerliche Hexenjagd gegen seinen Ministerpräsidenten fortsetzt", schrieb Trump auf seiner Nachrichtenplattform Truth Social. Das Verfahren gegen Netanjahu solle sofort eingestellt werden.

Netanjahu ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq Vergünstigungen eingeräumt zu haben. Zudem soll er Luxusgeschenke von befreundeten Milliardären angenommen haben. Netanjahu hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und von einer "Hexenjagd" gesprochen.

Luftwaffe fliegt weitere Deutsche aus Israel aus

Trotz der Waffenruhe zwischen Israel und Iran hat die Luftwaffe derweil weitere Deutsche aus Israel ausgeflogen. "Der Waffenstillstand zwischen Israel und Iran hält an. Auch wenn sich die Lage beruhigt: Mit der Bundeswehr verlassen weitere 76 Deutsche im Rahmen der assistierten Ausreise die Region", teilte das Auswärtige Amt auf X mit. Insgesamt habe man damit knapp 800 Deutsche mit Sonderflügen bei der Ausreise unterstützt.

Eskalation im Westjordanland: Drei Tote bei Siedlerangriff

Während die Waffen zwischen Israel und dem Iran einstweilen schweigen, bleibt die Lage in den palästinensischen Gebieten angespannt. Nach einem Angriff israelischer Siedler auf ein palästinensisches Dorf im Westjordanland kam es dort zu tödlichen Auseinandersetzungen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden in dem Dorf Kufr Malik drei Palästinenser durch Schüsse getötet. Sieben weitere Menschen seien verletzt worden, einer davon lebensgefährlich. Nach Angaben von Einwohnern gaben Siedler und Soldaten Schüsse ab.

Dutzende Israelis hätten in dem Dorf Feuer gelegt, teilten die israelischen Streitkräfte mit. Anschließend sei es zu Zusammenstößen zwischen israelischen und palästinensischen Zivilisten gekommen, die sich gegenseitig mit Steinen bewarfen. Daraufhin seien Soldaten und Polizeikräfte in den Ort eingerückt und hätten versucht, die Auseinandersetzung zu beenden. Als sie beschossen wurden, hätten sie das Feuer erwidert, teilte das Militär mit. Dabei habe es mehrere Tote und Verletzte gegeben.

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