Wirtschaft

Die Pleitewelle rollt: Rekordstand bei Firmeninsolvenzen

Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland steigt auf ein Zehnjahreshoch – trotz abgeflauter Dynamik. Besonders betroffen sind der Dienstleistungssektor, der Handel und die Industrie. Auch viele private Haushalte geraten finanziell unter Druck. Eine neue Statistik deutet jedoch darauf hin, dass der Wendepunkt erreicht sein könnte.
26.06.2025 15:19
Lesezeit: 2 min
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So viele Firmenpleiten wie seit zehn Jahren nicht

Teure Energie, zögerliche Konsumenten, bürokratischer Aufwand: Immer mehr Unternehmen geben auf. Immerhin: Die aktuellen amtlichen Insolvenzzahlen lassen etwas hoffen.

Höchster Stand seit 2015

Bei den Firmenpleiten in Deutschland geht es deutlich nach oben: 11.900 Unternehmen werden laut Hochrechnungen der Auskunftei Creditreform bis zum Ende des ersten Halbjahres Insolvenz angemeldet haben. Das entspräche einem Anstieg um 9,4 Prozent gegenüber den ersten sechs Monaten 2024.

Zwar hat sich das Wachstum klar verlangsamt – im ersten Halbjahr 2024 lag der Wert noch um 28,5 Prozent über dem Vorjahreszeitraum –, dennoch erreicht die Zahl der Unternehmensinsolvenzen den höchsten Stand seit 2015. Damals erfasste Creditreform von Januar bis Ende Juni 11.530 Firmenpleiten.

"Unternehmen kämpfen mit schwacher Nachfrage, steigenden Kosten und anhaltender Unsicherheit", erklärt der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch. "Besonders die finanziellen Reserven schwinden, Kredite werden teils nicht mehr verlängert und immer mehr Betriebe geraten in ernsthafte Schwierigkeiten."

Besonders viele Pleiten im Dienstleistungssektor

Einen deutlichen Zuwachs an Firmenpleiten stellt die Auskunftei im ersten Halbjahr im verarbeitenden Gewerbe fest (plus 17,5 Prozent auf 940 Fälle) und im Handel (plus 13,8 Prozent auf 2.220 Fälle). Der Industrie machen unter anderem höhere Rohstoff- und Energiekosten zu schaffen, der Einzelhandel spürt die Kaufzurückhaltung vieler Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts anhaltender Krisen sowie den Druck durch den Online-Handel.

Der größte Anteil der Insolvenzen entfällt mit knapp 7.000 Fällen auf den Dienstleistungsbereich, zu dem unter anderem die Gastronomie zählt.

Die Schäden durch Firmenpleiten im ersten Halbjahr 2025 beliefen sich auf geschätzte 33,4 Milliarden Euro – nach 29,7 Milliarden Euro im Vorjahr. Durch größere Insolvenzen ist auch die Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze gestiegen: 141.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind betroffen, im ersten Halbjahr 2024 waren es noch 133.000.

Auch Verbraucher geraten verstärkt in Not

Auch Privathaushalte geraten zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten: Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen stieg um 6,6 Prozent auf 37.700 Fälle im ersten Halbjahr. "Das anhaltend hohe Insolvenzgeschehen löst zunehmend Kettenreaktionen aus. Seit drei Jahren steigen die Fallzahlen bei Privatpersonen kontinuierlich", erläutert Hantzsch. "Die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie Arbeitsplatzverluste, insbesondere in der Industrie, setzen viele Haushalte massiv unter Druck."

Weitere Zunahme der Insolvenzen erwartet

Für das erste Quartal 2025 meldeten die Amtsgerichte nach endgültigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes 5.891 beantragte Unternehmensinsolvenzen – ein Plus von 13,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Mehrere Auskunfteien gehen für das Gesamtjahr von mehr Firmenpleiten als 2024 aus. Im vergangenen Jahr war den amtlichen Angaben zufolge mit 21.812 Fällen der höchste Stand seit dem Jahr 2015 erreicht worden. Der Anstieg war erwartet worden, nachdem die staatliche Unterstützung aus der Corona-Pandemie ausgelaufen war. Zusätzlich belasten hohe Energiepreise, Bürokratie und politische Unsicherheit die Unternehmen.

Die jüngsten Daten der Wiesbadener Statistiker geben zumindest Anlass zur Hoffnung, dass die Insolvenzwelle gebremst sein könnte: Erstmals seit März 2023 gab es in einem Monat weniger angemeldete Insolvenzverfahren als im entsprechenden Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Zahlen für den Mai mitteilte.

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