Politik

Iran droht Trump indirekt mit dem Tod – Waffenruhe in Gaza in Sicht?

Zwischen Drohungen, Diplomatie und geopolitischem Kalkül: Der Iran richtet scharfe Worte an Donald Trump und spricht gleichzeitig über Verhandlungen. Währenddessen brodelt der Gaza-Konflikt weiter. Kann unter diesen Bedingungen wirklich Frieden entstehen – oder verschärfen sich die Spannungen in der Region weiter?
30.06.2025 10:43
Lesezeit: 3 min
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Iran droht Trump indirekt mit dem Tod – Waffenruhe in Gaza in Sicht?
Präsident Donald Trump zeigt auf einen Reporter während eines Briefings mit den Medien im Weißen Haus in Washington (Foto: dpa). Foto: Jacquelyn Martin

Zwischen Bedrohung und Gesprächsangebot: Irans Botschaften an die USA

Der Iran hat US-Präsident Donald Trump indirekt mit dem Tod bedroht – zugleich aber Gesprächsbereitschaft angedeutet. Der einflussreiche Ajatollah Nasser Makarem Schirasi erwähnte Trump zwar nicht namentlich, erklärte aber in einer religiösen Stellungnahme, dass Drohungen gegen Irans Oberhaupt Ali Chamenei laut Islam mit dem Tod zu ahnden seien. Trump hatte kürzlich erklärt, Chamenei sei ein leichtes Ziel. "Wir werden ihn nicht ausschalten (töten!), zumindest nicht im Moment." Gleichzeitig signalisierte Irans Vize-Außenminister Bereitschaft zu neuen Gesprächen mit den USA über das Atomprogramm – vorausgesetzt, Washington verzichtet auf weitere Angriffe.

Ajatollah Makarem Schirasi, einer der bedeutendsten Kleriker Irans, sagte laut staatlicher Agentur Irna zur Frage eines Gläubigen über Trump in seinem Büro in Ghom: "Personen oder Regime, die eine islamische Ordnung angreifen, deren religiöse Führer bedrohen oder gar gegen sie vorgehen, gelten als 'Mohareb' (Feinde Gottes/Krieger gegen Gott)." Es sei daher Pflicht der Muslime, solche "Feinde" zur Rechenschaft zu ziehen. Der Geistliche äußerte sich jedoch nur zu islamischen Grundsätzen – Trump nannte er nicht.

Iran: USA sollen Angriffe dauerhaft ausschließen

Trump hatte kürzlich gemeinsam mit Israel Angriffe auf Irans Atomanlagen ausgeführt. Beim Nato-Gipfel kündigte er dann neue Gespräche mit dem Iran für diese Woche an, nannte aber keine Details. Auf die Frage, ob er erneut iranische Atomanlagen bombardieren lassen würde, falls es wieder Bedenken wegen Teherans Urananreicherung gebe, antwortete Trump am Freitag: "Sicher, ohne Frage, absolut." Der Iran dürfe keine Atomwaffen entwickeln. Die jüngsten Angriffe hätten Irans Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen, bekräftigte er.

Die USA müssten künftig auf Angriffe gegen den Iran verzichten, wenn sie Verhandlungen wieder aufnehmen wollten, sagte Irans Vize-Außenminister Madschid Tacht-Rawantschi dem britischen Sender BBC. Die Trump-Regierung habe Teheran über Mittelsmänner signalisiert, zu Gesprächen zurückkehren zu wollen – habe sich aber nicht eindeutig zur "sehr wichtigen Frage" weiterer militärischer Angriffe positioniert.

Teheran beharrt auf Urananreicherung zu zivilen Zwecken

Der Iran werde auf seinem Recht bestehen, Uran ausschließlich für friedliche Zwecke anzureichern, betonte Tacht-Rawantschi gegenüber der BBC. Er wies Vorwürfe zurück, Iran strebe verdeckt nach einer Atombombe. Sein Land sei "vom Zugang zu nuklearem Material" für Forschungszwecke ausgeschlossen worden. "Man kann über das Niveau reden, man kann über die Kapazität sprechen – aber zu sagen: null Anreicherung, und wenn ihr das nicht akzeptiert, bombardieren wir euch – das ist das Gesetz des Dschungels", so der iranische Vize-Außenminister.

Irans Erzfeind Israel deutete im aktuellen Konflikt gegen die mit Teheran verbündete Hamas im Gazastreifen eine neue Priorisierung an. Die israelischen Angriffe im Iran hätten "weitreichende regionale Chancen" eröffnet, auch für eine Geiselbefreiung in Gaza, sagte Israels Premier Benjamin Netanjahu. "Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien", erklärte er laut Medien. Laut "Times of Israel" wird dies als Zeichen gewertet, dass Netanjahu die Rückkehr der Geiseln nun vor andere Ziele wie den Sieg über die Hamas stellt.

Netanjahu: Geiselbefreiung hat oberste Priorität

"Natürlich müssen wir auch das Gaza-Problem lösen und die Hamas besiegen, aber ich glaube, dass wir beide Aufgaben bewältigen werden", zitierte man Netanjahu. Hintergrund sei wachsender Druck aus den USA, einen Waffenstillstand in dem seit über 20 Monaten dauernden Krieg zu erreichen, schrieb die "Times of Israel". US-Präsident Donald Trump erklärte, er gehe davon aus, dass noch in dieser Woche eine Waffenruhe möglich sei. Netanjahu leitete am Sonntagabend laut israelischen Berichten eine Kabinettssitzung im Hauptquartier der Armee, um über den Gaza-Krieg und eine mögliche Geisel-Gefangenenaustauschvereinbarung zu beraten. Die Sitzung endete ergebnislos, weitere Gespräche seien für heute geplant, hieß es.

Ebenfalls heute will sich laut "Times of Israel" Israels Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, in Washington mit US-Vertretern treffen, um vor einer weiteren Vermittlungsrunde in Kairo über ein mögliches Abkommen für Gaza zu beraten. Dermer werde unter Druck gesetzt, dem Krieg ein Ende zu setzen, zitierte das Blatt einen arabischen Diplomaten sowie einen involvierten US-Beamten. Die Vermittler in dem Konflikt sind USA, Ägypten und Katar.

Weitere Opfer im Gazastreifen gemeldet

Trotz aller Vermittlungsbemühungen geht der Krieg im abgeriegelten Gazastreifen unvermindert weiter. Bei israelischen Luftschlägen wurden laut palästinensischen Angaben erneut Dutzende getötet. Diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Die israelische Armee kündigte auf Nachfrage an, den Vorwürfen nachzugehen.

Unterdessen veröffentlichte eine Gruppe von Geiselfamilien einen Online-Aufruf an Trump. Darin baten sie ihn auf Englisch, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um die Verschleppten zurückzuholen. Nach offiziellen Angaben Israels werden derzeit noch 22 Geiseln lebend in Gaza festgehalten. Bei 28 weiteren gehe es um die Rückführung ihrer Leichen. Auslöser des Krieges war der Angriff der Hamas und anderer islamistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und über 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt.

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