Urlaubsgeld: Wer bekommt es und wer nicht?
In vielen deutschen Unternehmen herrscht in diesen Tagen eine besondere Erwartung: Es ist die Zeit, in der das Urlaubsgeld ausgezahlt wird – eine zusätzliche finanzielle Unterstützung, die für viele Arbeitnehmer den Sommerurlaub erst möglich macht. Doch längst nicht jeder Angestellte kann sich über diese Sonderzahlung freuen, denn das Urlaubsgeld ist ein freiwilliger Zuschuss des Arbeitgebers, auf den es keinen gesetzlichen Anspruch gibt.
2025: Weniger als Hälfte aller Beschäftigten bekommt Urlaubsgeld
Nur 44 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland erhalten 2025 Urlaubsgeld. Das geht aus der jährlichen Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Ob Beschäftigte Urlaubsgeld erhalten oder nicht, hängt laut der Befragung von mehreren Faktoren ab. Der mit Abstand wichtigste Faktor ist weiterhin die Frage der Tarifbindung.
Urlaubsgeld: Beschäftigte mit Tarifvertrag im Vorteil
So erhalten 72 Prozent der Beschäftigten in tarifgebunden Unternehmen der Privatwirtschaft ein Urlaubsgeld – etwas weniger als 2024 (74 Prozent). Ohne Tarifvertrag erhalten dagegen nur 34 Prozent der Beschäftigten die Sonderzahlung. Auch hier sind es weniger als im Vorjahr (2024: 36 Prozent).
In Ostdeutschland wird seltener Urlaubsgeld gezahlt
Auch der Standort des Unternehmens spielt eine Rolle bei der Zahlung von Urlaubsgeld. In Ostdeutschland wird nach wie vor, seltener Urlaubsgeld gezahlt als in Westdeutschland. Während im Osten 33 Prozent der Beschäftigten Urlaubsgeld erhalten, sind es im Westen 46 Prozent. Diese Unterschiede können in erster Linie auf die deutlich geringere Tarifbindung im Osten Deutschlands zurückgeführt werden.
Keine Ost-West-Unterschiede beim Urlaubsgeld gibt es dagegen in Branchen oder Großunternehmen, in denen bundesweite Tarifverträge gelten. Hierzu zählen etwa das Versicherungsgewerbe, das Gebäudereinigungshandwerk und die Deutsche Bahn AG. Auch in der Druckindustrie und der Chemischen Industrie gibt es ein einheitliches Urlaubsgeld. Dagegen bestehen in Branchen mit regional differenzierten Tarifverträgen regionale Unterschiede. Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede in der Holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie. So haben Beschäftigte im Osten Aussicht auf 1.766 Euro Urlaubsgeld, im Westen sind es dagegen 2.820 Euro.
Männer erhalten häufiger Urlaubsgeld als Frauen
Auch Frauen sind beim Urlaubsgeld weiterhin benachteiligt. Männer erhalten mit 48 Prozent häufiger Urlaubsgeld als Frauen, von denen nur 39 Prozent eine entsprechende Sonderzahlung bekommen.
Größere Betriebe zahlen eher Urlaubsgeld
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Größe des Unternehmens, da die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu erhalten, mit zunehmender Beschäftigtenzahl ansteigt. In Großbetrieben mit über 500 Beschäftigten erhalten wie im Vorjahr 59 Prozent der Befragten Urlaubsgeld, in kleineren Betrieben mit unter 100 Beschäftigten sind es hingegen nur noch 36 Prozent (2024: 38 Prozent). Auch hier ist die bei größeren Arbeitgebern deutlich höhere Tarifbindung eine wichtige Erklärung.
Urlaubsgeld 2025 im Branchenvergleich
Die Höhe des tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsgeldes fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus: Zwischen 186 und 2.820 Euro bekommen Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe 2025 als tarifliches Urlaubsgeld (ohne Berücksichtigung von Zulagen und Zuschlägen, bezogen auf die Endstufe der Urlaubsdauer). Das zeigt die aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs für 17 Tarifbranchen.
Am wenigsten Urlaubsgeld bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Auch im Hotel- und Gaststättengewerbe ist das Urlaubsgeld relativ niedrig. In Bayern liegt es bei 240 Euro, in Sachsen sind es 196 Euro. Die höchsten Zahlungen erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 2.820 Euro in der Holz- und Kunststoffverarbeitung. Hohe Sonderzahlungen gibt es auch in der Metallindustrie, der papierverarbeitenden Industrie, dem Kfz-Gewerbe, der Druckindustrie, im Versicherungsgewerbe, dem Einzelhandel, dem Bauhauptgewerbe und in der chemischen Industrie.
Wo das Urlaubsgeld gegenüber Vorjahr gestiegen ist
In 11 der 17 untersuchten Branchen mit tariflichem Urlaubsgeld hat sich das Urlaubsgeld in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr erhöht. Dabei gab es insbesondere in jenen Branchen Steigerungen beim Urlaubsgeld, in denen dieses als Prozentsatz der Tarifentgelte festgelegt wird und in denen Tarifverhandlungen stattfanden. Am stärksten wurde das Urlaubsgeld 2025 mit 8,1 Prozent für die Arbeitnehmenden im Bauhauptgewerbe angehoben. In den übrigen Branchen stieg das Urlaubsgeld zwischen 3,0 und 5,5 Prozent.
Wo es kein tarifliches Urlaubsgeld gibt
Im öffentlichen Dienst gibt kein gesondertes Urlaubsgeld mehr. Seit der Tarifreform des Jahres 2005 wird es stattdessen zusammen mit dem Weihnachtsgeld als einheitliche Jahressonderzahlung im November ausgezahlt. Auch im Bankgewerbe und in einigen Branchentarifverträgen der Energiewirtschaft gibt es kein tarifliches Urlaubsgeld. Eine Besonderheit gilt in der Eisen- und Stahlindustrie: Dort ist die Höhe der jährlichen Sonderzahlungen auf insgesamt 110 Prozent eines Monatsentgelts festgelegt – wobei offengelassen wird, wie sich dies auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verteilt.
Urlaubsgeld: Ansprüche bei Kündigung oder Insolvenz
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2000 (9 AZR 610/99) kann der Arbeitgeber bei einer Kündigung einen Teil des bereits gezahlten Urlaubsgeldes vom Arbeitnehmer zurückfordern. Ob und in welchem Umfang hängen allerdings von den spezifischen Regelungen im Arbeitsvertrag und von der Art der freiwilligen Leistung (Zusatzgehalt oder Gratifikation) ab.
Wenn ein Arbeitgeber insolvent wird, bleiben bereits bewilligter Urlaub und die Lohnfortzahlung in der Regel erhalten. Auch wenn der Urlaub erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens genommen wird, muss der Arbeitgeber bzw. der Insolvenzverwalter das Urlaubsentgelt (und mögliches Urlaubsgeld) zahlen, aber nur wenn genügend Geld in der Insolvenzmasse vorhanden ist.
Die Analyse beruht auf einer Online-Befragung des Internet-Portals www.lohnspiegel.de, das vom WSI betreut wird. Insgesamt wurden die Angaben von mehr als 67.000 Beschäftigten aus dem Zeitraum von Anfang Mai 2024 bis Ende Mai 2025 ausgewertet.