Wirtschaft

Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa, Deutschland und die Weltwirtschaft bedeutet.
29.07.2025 11:48
Aktualisiert: 30.07.2025 11:48
Lesezeit: 3 min
Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
Donald Trump setzt auf Strafzölle als Machtinstrument – mit direkten Folgen für den transatlantischen Handel und die deutsche Exportwirtschaft. (Foto: dpa) Foto: Evan Vucci

Aus Sicht von Donald Trump funktioniert der globale Zollkrieg: Er bringt Milliarden ein, schont angeblich die Inflation – und stärkt Amerikas Aufstieg. Deshalb will er ihn eskalieren. In Brüssel hatte man gehofft, dass Donald Trumps umstrittener Auftritt beim NATO-Gipfel auch auf die Zollpolitik ausstrahlen würde. Doch daraus ist nichts geworden. Zuletzt einigte sich die EU mit den USA auf neue Importzölle in Höhe von 15 Prozent auf europäische Waren. Im Gegenzug wird die EU keine Gegenzölle auf die USA erheben, im Gegenteil: Trump erhielt sogar das Versprechen, dass Europa in den USA investieren wird. Ein Wahnsinnsdeal!

Goldman Sachs geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt der EU deshalb bis Ende kommenden Jahres um 1,2 Prozent schrumpfen könnte – sollte Trumps Zollplan inklusive bereits bestehender Sonderabgaben auf Stahl, Aluminium und Autos so wirklich umgesetzt werden.

US-Konsumenten zahlen – aber das Weiße Haus jubelt

Die US-Wirtschaft wird durch die Zölle ebenfalls belastet. Laut einer Analyse des Magazins The Atlantic entstehen einer durchschnittlichen amerikanischen Familie in diesem Jahr Mehrkosten von rund 2.200 Euro.

Dennoch feiert das Weiße Haus die Maßnahme: Finanzminister Scott Bessent beziffert die bisherigen Zusatzeinnahmen aus Zöllen mit rund 92 Milliarden Euro. Goldman Sachs schätzt, dass der durchschnittliche US-Zollsatz auf 26 Prozent steigen könnte – gegenüber 8,5 Prozent heute und nur knapp über zwei Prozent im Jahr 2024, vor Trumps Eskalation. Die Analysten der Investmentbank halten Trumps 30-Prozent-Plan dennoch für ein mögliches Verhandlungsmanöver. Ein Kompromiss mit der EU könnte den effektiven Zollsatz auf etwa 16 Prozent drücken – mit einem moderateren EU-BIP-Verlust von „nur“ 0,6 Prozent.

Ein transatlantischer Handelskrieg bleibt dennoch ein realistisches Szenario. Sollte Brüssel mit 30-Prozent-Zöllen auf US-Waren antworten, droht ein Rückfall in das Muster des letzten China-Konflikts – mit Strafzöllen jenseits der 150-Prozent-Marke, bevor eine Deeskalation einsetzt. Trump hatte sich damals gegenüber Peking bewegt. Doch ist Ähnliches auch gegenüber Europa zu erwarten? Oder glaubt er, nach innenpolitischen Erfolgen – Eindämmung illegaler Migration, Luftangriffe auf den Iran, Haushaltspaket durch den Kongress – an seine politische Unbesiegbarkeit?

Deutschland im Fokus: Zollkrieg als Industrie- und Exportgefahr

Für Deutschland ist die Lage hochbrisant: Als Exportnation mit Schwerpunkt Maschinenbau, Chemie, Automotive und Präzisionstechnik ist die Bundesrepublik in besonderem Maß von US-Zöllen betroffen. Die angekündigten Abgaben könnten schnell Milliardenschäden für DAX-Konzerne und mittelständische Weltmarktführer bedeuten. Zudem wäre eine deutsche Reaktion schwierig: Als EU-Mitglied kann Berlin keine eigenständigen Zollvergeltungen beschließen. In der Gesamtschau bedeutet Trumps Kurs eine existenzielle Herausforderung für Deutschlands wirtschaftliche Außenstrategie.

Laut vier Quellen aus dem Umfeld des Weißen Hauses, auf die sich Politico beruft, soll diesmal nicht mit einer Trump-Rücknahme zu rechnen sein. Der Ausdruck „TACO“ – „Trump Always Caves Once“ – solle künftig der Vergangenheit angehören. Steve Bannon, ehemaliger Chefstratege, sagte gegenüber dem Portal: „Alles beginnt am 1. August. Ich bin sicher, Trump hat seinem Finanzminister gesagt: Es gibt kein Taco mehr.“

Auch Beobachter wie Tina Fordham (Fordham Global Foresight) bestätigen den Eindruck: Trumps Regierung sehe die eigenen Maßnahmen als funktionierend an – wirtschaftlich wie politisch. Die USA befänden sich aus Sicht des Präsidenten in einem soliden Aufschwung, Zölle seien kein Risiko, sondern ein Instrument.

Eskalation auch außenpolitisch möglich – Zoll als Strafmaßnahme

Trumps Politik kennt keine strikte Trennung zwischen Wirtschaft und Geopolitik. Während die EU befürchtet, dass eine Eskalation den US-Präsidenten dazu bringen könnte, seine Ukraine-Versprechen fallen zu lassen, denkt Trump möglicherweise längst darüber nach, Zölle auch als Hebel in anderen politischen Feldern einzusetzen. Beispiel Brasilien: Das Land verhängte kürzlich einen 50-Prozent-Zoll auf US-Importe. Der Grund? Offenbar Trumps Unmut über das Korruptionsverfahren gegen seinen politischen Verbündeten Jair Bolsonaro – den er als Opfer einer „Hexenjagd“ betrachtet. Die Reaktion: Handelskrieg.

Ob Trumps Vorgehen rational oder impulsiv ist – die Wirkung ist real. Für Europa, und besonders für Deutschland, rückt eine Phase harter wirtschaftlicher Auseinandersetzungen mit den USA näher. Und ein Rückzug scheint derzeit nicht vorgesehen.

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