Politik

Zwei Billionen für Europa: Sicherheit statt Landwirtschaft

Zwei Billionen Euro für Sicherheit, Digitales und Ukraine – und dafür weniger für Bauern und Regionen? Der neue EU-Haushalt entfacht Konflikte – auch in Deutschland.
18.07.2025 07:32
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Zwei Billionen für Europa: Sicherheit statt Landwirtschaft
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentiert den Vorschlag für den neuen Zwei-Billionen-Euro-Haushalt – und stößt auf heftigen Widerstand. (Foto:dpa) Foto: Ansgar Haase

Die EU-Kommission hat einen neuen Siebenjahreshaushalt mit einem Volumen von zwei Billionen Euro vorgeschlagen. Dieser Plan soll ab 2028 gelten und umfasst unter anderem Mittel für Verteidigung, Wettbewerbsfähigkeit und den Wiederaufbau der Ukraine. Die Finanzierung soll über fünf neue Einnahmequellen erfolgen. Doch schon jetzt formiert sich Widerstand gegen den Entwurf – auch aus Deutschland.

Umbau zugunsten von Rüstung, Ukraine und Technologie

Der Haushalt für die Jahre 2028 bis 2034 sieht deutliche Verschiebungen vor: Rund 1.000 Milliarden Euro sind für Kohäsions- und Agrarpolitik eingeplant. Davon sollen 168 Milliarden Euro für die Rückzahlung der Corona-Kredite (NextGenerationEU) verwendet werden. 589,6 Milliarden Euro fließen in den neuen "Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit", das Horizon-Forschungsprogramm, Erasmus+ und Infrastruktur. Für Verteidigung, Außenpolitik und Grönland sind 215,2 Milliarden Euro vorgesehen. Die Verwaltung verschlingt 117,9 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein Sonderfonds für die Ukraine in Höhe von rund 100 Milliarden Euro.

Gleichzeitig beteuert die Kommission, dass jedes Land weiterhin mindestens so viel für weniger entwickelte Regionen erhält wie bisher. Allerdings sollen künftig 14 Prozent der Mittel für Reformen, Armutsbekämpfung und soziale Inklusion reserviert werden. Der Agrarhaushalt schrumpft von 387 auf etwa 300 Milliarden Euro. Die Kommission versichert zwar "gleichbleibende Leistungen", doch Parlamentarier rechnen mit realen Kürzungen von bis zu 30 Prozent.

Neue Einnahmen durch CO2, Tabak und Großkonzerne

Zur Finanzierung des aufgeblähten Haushalts schlägt Brüssel fünf neue Einnahmequellen vor. Dazu gehören Einnahmen aus dem Emissionshandel (ETS1), dem CO2-Grenzausgleich CBAM, einer Abgabe auf Elektroschrott, Verbrauchsteuern auf Tabak sowie eine neue Konzernpauschale (CORE) für Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 100 Millionen Euro. Diese sollen ab 2028 jährlich 58,5 Milliarden Euro einbringen. Die Rückzahlung der Corona-Kredite soll mit jährlich 24 Milliarden Euro (168 Milliarden bis 2034) finanziert werden. Insgesamt müssten dafür 8,4 Prozent des gesamten Haushalts reserviert werden.

Widerstand aus Deutschland und anderen Mitgliedstaaten

In Berlin läuten bereits die Alarmglocken. Die Bundesregierung hat erklärt, dass sie den Haushalt in dieser Form nicht akzeptieren kann. "Eine umfassende Erhöhung des EU-Haushalts ist inakzeptabel", so Regierungssprecher Stefan Kornelli. Deutschland lehnt insbesondere die CORE-Pauschale für Großunternehmen ab. Aus wirtschaftlicher Sicht sei eine Mehrbelastung in Zeiten konjunktureller Unsicherheit kontraproduktiv.

Auch die Bauernverbände schlagen Alarm. Bereits bei der Vorstellung protestierten sie in Brüssel. Die Kürzungen der GAP könnten massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Deutschland haben, wo viele Betriebe auf EU-Subventionen angewiesen sind. Die Agrarpolitik gerät so in Konflikt mit Rüstungs- und Digitalambitionen der EU.

Mehr Flexibilität und Risiko für Kohäsionsmittel

Die Kommission will zudem mehr Flexibilität: Künftig sollen Mittel zwischen Programmen leichter verschoben werden können, ein Notfallfonds ist geplant. Doch Kritiker fürchten, dass dies zu Lasten traditioneller Politikbereiche wie Kohäsion oder Landwirtschaft gehen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardenzuschuss senkt Strompreise ab 2026 um rund vier Prozent
04.10.2025

Ab 2026 sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland durch einen staatlichen Milliardenzuschuss bei den Stromnetzgebühren...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2026: Geht der Höhenflug des Edelmetalls zu Ende?
04.10.2025

Der Goldpreis hat Aktienkurse übertroffen und neue Rekorde erklommen. Doch die Goldpreis-Prognose 2026 zeigt: Zinssenkungen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KNDS-Börsengang rückt näher: Chancen für die KNDS-Aktie in Europas Rüstungsindustrie
04.10.2025

KNDS, Hersteller der Leopard- und Leclerc-Panzer, bereitet einen Börsengang vor, der für Investoren und die europäische...

DWN
Panorama
Panorama Kultur im Wandel: Steht das Ende der Nine-to-five-Kultur bevor?
04.10.2025

In Deutschland ist das Arbeiten nach dem klassischen Nine-to-five-Rhythmus noch weit verbreitet – und das spiegelt sich auch bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Kunst als Investment? 95 Prozent aller Werke sind nur Dekoration
04.10.2025

Die meisten Käufer träumen davon, dass jedes Bild irgendwann Gold wert ist. Doch die Realität ist ernüchternd: Nur ein winziger...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Indonesien-Abkommen: Was sich Unternehmen davon erwarten können
04.10.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Indonesien stehen vor einem neuen Kapitel. Nach jahrelangen Verhandlungen...

DWN
Panorama
Panorama Erkältung, Grippe, Corona – So kommen wir durch die Infektionssaison
04.10.2025

Kaum beginnt die kühle Jahreszeit, häufen sich die Krankheitsfälle. Ob Erkältung, Grippe oder Corona – die Ansteckungsgefahr steigt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 95 Prozent scheitern: Warum Künstliche Intelligenz in Unternehmen zur Falle wird
04.10.2025

Die meisten KI-Piloten bleiben stecken, liefern keine Ergebnisse und entlarven fehlende Strategien im Management. Nur wer Prozesse radikal...