Finanzen

Altersvorsorge: Politik riskiert Rentenkollaps – ist Investieren in Aktien die Lösung?

Das deutsche Altersvorsorgesystem steht kurz vor dem finanziellen Kollaps: Eine exklusive Forsa-Umfrage im Auftrag der Initiative Minderheitsaktionäre bestätigt, dass das Vertrauen der Bürger in eine sichere und stabile Rente auf dem Tiefpunkt angelangt ist. Wie soll es also weitergehen? DWN-Gastautor Robert Peres zeichnet ein düsteres Bild – und er erklärt, warum Investieren in Aktien für die private Altersvorsorge künftig unverzichtbar wird.
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avtor
02.11.2025 11:00
Lesezeit: 5 min
Altersvorsorge: Politik riskiert Rentenkollaps – ist Investieren in Aktien die Lösung?
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage, die im Auftrag der Initiative Minderheitsaktionäre durchgeführt wurde, halten 90 Prozent der Befragten ein sinkendes Rentenniveau für unvermeidlich. (Foto: dpa) Foto: Fernando Gutierrez-Juarez

Altersvorsorge: Die Politik riskiert den endgültigen Rentenkollaps

Die Altersvorsorge in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Der Staat ist zunehmend für die Finanzierung der gesetzlichen Rente verantwortlich, weil das Umlageprinzip an seine Grenzen gestoßen ist. Wenn wir so weitermachen, werden im Jahr 2050 knapp 60 Prozent des Haushalts in die Rentenkasse fließen. Auch im öffentlichen Sektor sieht es ähnlich aus. Die Ausgaben für die Versorgung der Beamten steigen bis 2060 um 54 Prozent. Kürzlich wurde bekannt, dass der Sender RBB mittlerweile zwei Drittel seines Budgets für Pensionsrückstellungen benötigt. Wie soll es also weitergehen – und was denken die Bürger?

Aktuelle Forsa-Umfrage: Vertrauen in die Politik schwindet weiter

Klar ist: Die Deutschen zweifeln zunehmend an einer sicheren Rente und befürworten stärker kapitalgedeckte Modelle wie die Aktienrente. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage, die im Auftrag der Initiative Minderheitsaktionäre durchgeführt wurde, halten 90 Prozent der Befragten ein sinkendes Rentenniveau für unvermeidlich – und nur 7 Prozent vertrauen der Politik, eine stabile Rente zu garantieren. 83 Prozent erwarten eine Versorgungslücke im Alter, 57 Prozent sorgen privat vor, während ein Viertel untätig bleibt. 60 Prozent unterstützen eine kapitalgedeckte Rente. So weit die nackten Zahlen.

Die Realität zeichnet ein düsteres Bild: Zaghafte Versuche der Ampelkoalition, den Kapitalmarkt zu integrieren, wurden von der gegenwärtigen Großen Koalition verworfen. Erfolgreiche Modelle, etwa aus Skandinavien, werden nicht diskutiert. Finanzminister Lars Klingbeil plant zwar bis Ende 2025 ein neues Altersvorsorgedepot als Nachfolger der Riester-Rente. Das trifft bei den Bürgern auch auf breite Zustimmung – doch sind derzeit keine Details bekannt. Die FDP hatte ein gutes Konzept dafür bereits in der Schublade, aber die SPD scheut davor zurück, Aktiensparen anzuschieben. Da hört man immer wieder das abstruse Argument des Zockens, wenn es um die Börse geht. Dabei ist nur der Aktienmarkt mit seinem langfristig bewiesenen Wachstumspotenzial die Lösung für die demografischen Probleme.

Private Vorsorge ist notwendig: Ist ein Investment in Aktien die Lösung?

Jegliche Form von privater Vorsorge ist für jeden Arbeitnehmer unter 45 Jahren ein Muss. Diese Empfehlung geben alle Experten. Der bekannte Fondsmanager Ralph Lochmüller, Gründer von Lupus Alpha, sagte neulich in der Presse: „Die staatliche Rente müssen wir abhaken!“ So apodiktisch sehe ich es nicht. Die Politik bräuchte allerdings den Mut, endlich eine Runderneuerung der Rente durchzuführen, ähnlich wie es andere Länder, wie beispielsweise Schweden, vorgemacht haben. Dort hat man 2,5 Prozent der Beitragszahlungen in einen Staatsfonds umgeleitet, der schlank und ertragreich gemanagt wird – ein Beispiel dafür, wie Investieren in Aktien langfristig stabile Renditen ermöglichen kann.

Wir werden in Deutschland wegen der hohen Zahl an in Rente gehenden Menschen bis 2035 ohnehin einen kritischen Engpass haben. Gerade deshalb sollte jetzt entschlossen gehandelt werden bei der Rentenreform. Natürlich sind die anderen Säulen der Altersvorsorsorge wie Private Rentenversicherungen und Betriebsrenten, Immobilien und ETFs wesentliche Bausteine der Altersvorsorge – das spiegeln auch die Ergebnisse der vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) unterstützten Forsa-Umfrage wider. Doch auch hier müsste der Staat endlich die nach wie vor vorhandenen regulatorischen und steuerlichen Hürden abbauen. Zumal die massive Behinderung der Immobilienwirtschaft in Deutschland überdies zu deutlich geringeren privaten Vermögen führt und die Wohnungsknappheit verstärkt.

Wie sehen die Bürger die neuen Rentenmaßnahmen?

Unter der Führung von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) wurden im Kabinett einige neue Maßnahmen für die Rente beschlossen. Dazu gehört auch die Frühstart-Rente, bei der Kinder monatlich zehn Euro vom Staat für ein Spardepot erhalten sollen. 64 Prozent der Befragten befürworten das.

Die Frühstart-Rente geht auf Vorschläge des Sachverständigenrats zurück und ist an sich eine gute Idee. Sie fördert frühzeitig den Umgang mit Sparen und dem Aktienmarkt – und vermittelt bereits jungen Menschen, dass Börsensparen und Investieren in Aktien ein wichtiger Bestandteil langfristiger Vorsorge sein kann. Inwiefern jetzt konkrete einzelne Aktien dort gehalten werden können, ist jedoch nicht bekannt. Vermutlich wird es auf ETFs oder andere Fondslösungen hinauslaufen. Doch klar ist: Dies allein wird die demografischen Probleme nicht lösen.

Nicht zuletzt deshalb muss mit Nachdruck an einem Altersvorsorgedepot gearbeitet werden, das seitens der Liberalen bereits schlüsselfertig im Finanzministerium hinterlassen wurde. Das wünschen sich die Wähler seit langem und könnte auch relativ schnell 2026 umgesetzt werden. Ein solches Aktiendepot würde vielen Bürgern erstmals die Möglichkeit bieten, das Investieren in Aktien (und vermutlich auch einen Aktien-Sparplan) systematisch und staatlich gefördert zu betreiben – ein Schritt, den andere Länder längst gegangen sind.

Eine weitere Idee ist, künftig Beamte, Abgeordnete und Selbstständige in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Diese Idee ist nicht neu. Die SPD vertritt diese Position seit ihrem Parteitagsbeschluss im Jahr 2017. Die erste Frage, die sich hier stellt, ist doch, warum eine breitere Basis der Einzahler helfen soll, wenn diese dann auch Anwartschaften erwerben und Ansprüche gegen die Rentenversicherung haben? Gerade wenn man davon ausgeht, dass die genannten Gruppen besser verdienen als der Durchschnitt, würde das ja im Umkehrschluss auch höhere Renten bedeuten. Gleichzeitig würde der Beitragssatz stark ansteigen. Aber mit immer höheren Beiträgen gehen erhöhte Kosten für Sozialabgaben bei den Arbeitgebern einher, daher warnen diese nicht umsonst vor einem „Beitragsschock“. Laut dem Wirtschaftsweisen Martin Werding könnten nämlich die Sozialabgaben bis 2035 auf 45 Prozent und bis 2050 auf rund 50 Prozent des Bruttolohns steigen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, ohnehin schon unter massiven Druck, wird durch die verfehlte Rentenpolitik noch weiter geschädigt.

Die Forderung, Beamte ebenfalls in die gesetzliche Rentenversicherung zu integrieren, erscheint mir als populistisch und primär auf SPD-Wähler gerichtet zu sein. Denn sie bedeutet ja eine Abschaffung der Pensionsversorgung, was gleichzeitig das Beamtentum in seinen Grundfesten angreift.

Was bringt die Aktivrente?

73 Prozent unterstützen den Ergebnissen der Forsa-Umfrage zufolge übrigens die Aktivrente, die Rentnern bis zu 2.000 Euro steuerfreien Zuverdienst erlaubt. Dies finden die meisten Befragten gut, denn nicht jeder will bei Renteneintritt untätig werden. Der oft genannte Dachdecker ist hier nicht gemeint, sondern Menschen, die geistig und körperlich noch in der Lage sind, nach dem 67. Lebensjahr sinnvoll einen Beitrag leisten zu können. Davon gibt es viele, die bisher wegen der hohen Besteuerung darin keinen Sinn gesehen haben.

Das Problem ist nur: Die Aktivrente löst keine Probleme der Finanzierung der Rente im Allgemeinen, sondern ist nur ein Mittel, um Fachkräfte zu erhalten.

Fazit: Warum ignoriert die Politik den Kapitalmarkt?

Dass das Vertrauen der Befragten auf eine sichere und stabile Rente auf dem Tiefpunkt ist, zeigen die Ergebnisse der Forsa-Umfrage unter dem Strich überdeutlich: Eine überwältigende Mehrheit der Menschen rechnet mit einer Versorgungslücke. Das müsste die Politik eigentlich endgültig alarmieren – denn offenbar werden die derzeitigen Pläne der Bundesregierung zur Rentenpolitik nicht als Lösung wahrgenommen.

Es ist dabei umso erstaunlicher, dass die Politik weiter den Kapitalmarkt und das Wertpapiersparen ignoriert, obwohl nur dies eine langfristige Lösung der Deckungsprobleme bei der gesetzlichen Rente bietet. Erfolgreiche Modelle in anderen Ländern werden nicht einmal ansatzweise diskutiert. Dabei gab und gibt es weiterhin keine tragbaren Konzepte in Deutschland zur nachhaltigen Sicherung der Altersvorsorge. Der Vorschlag eines „Boomer-Soli“, der im Frühsommer auch viel diskutiert wurde, findet bei zwei Dritteln der Befragten denn auch keine Resonanz. Er ist somit ein Rohrkrepierer und sollte schnell vergessen werden. Eine weitere Belastung der Rentenempfänger zugunsten einkommensschwacher Rentner ist reine Umverteilung und löst das demografische Problem nicht.

Fakt ist, dass der Generationenvertrag am Ende ist. Deutschland muss sich daher schleunigst den Realitäten stellen: Die Überalterung der Gesellschaft zwingt uns, kapitalgedeckte Systeme einzuführen und gleichzeitig spürbare Erhöhungen der Beitragssätze zu akzeptieren. Diese sollten dann aber in einen gesetzlichen Rentenfonds eingezahlt werden – kombiniert mit einer konsequenten Förderung eines Aktieninvestments, um endlich eine nachhaltige und renditestarke Altersvorsorge aufzubauen.

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Robert Peres

Zum Gastautor:

Robert Peres ist Rechtsanwalt mit Sitz in Berlin und Wiesbaden. Außerdem ist er Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre, die sich für die Stärkung der Aktionärsrechte in Deutschland einsetzt. 

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