Unternehmen

Lieferando Stellenabbau: 2.000 Jobs fallen weg – Hamburg besonders betroffen

Lieferando streicht bundesweit rund 2.000 Fahrerstellen – und stößt damit eine heikle Debatte an. Der Konzern will in Zukunft stärker mit Subunternehmen arbeiten, um flexibler auf den Wettbewerb zu reagieren. Doch Arbeitnehmervertreter fürchten, dass nun auch bei Lieferando das Modell der Scheinselbstständigkeit Einzug hält.
17.07.2025 18:01
Lesezeit: 2 min
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Lieferando Stellenabbau: 2.000 Jobs fallen weg – Hamburg besonders betroffen
Lieferando setzt stärker auf Subunternehmen – und ruft damit Kritiker und Gewerkschaften auf den Plan. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Gollnow

Lieferando baut rund 2.000 Fahrerstellen ab

Lieferando verkleinert seine Flotte in Deutschland um fast ein Fünftel. Zudem will die Plattform stärker mit Subunternehmen kooperieren. Der Chef verweist auf den harten Wettbewerb.

Der Essenslieferdienst Lieferando plant, bis Jahresende bundesweit rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer zu entlassen – viele davon in Hamburg. Das entspricht rund 20 Prozent der gesamten Flotte, teilte Lieferando mit. Der Grund: Künftig soll die Auslieferung auf der sogenannten letzten Meile verstärkt über Subunternehmen laufen.

"Die Wettbewerbslandschaft und der Markt verändern sich immer rasanter und tiefgreifender", sagte Deutschlandchef Lennard Neubauer der Deutschen Presse-Agentur. "Kunden erwarten zuverlässigen Service und kurze Bestellzeiten." An manchen Standorten könne das mit den aktuellen Strukturen nicht ausreichend garantiert werden.

Hamburg besonders stark betroffen

Vor allem in kleineren Städten wie Wiesbaden, Lübeck oder Bochum wird Lieferando deshalb künftig mit spezialisierten Logistikfirmen zusammenarbeiten, die die Auslieferung mit eigenen Fahrerinnen und Fahrern übernehmen, erklärte Neubauer weiter. Auch in Hamburg verfolgt Lieferando diesen Kurs. Wegen ihrer Größe trifft der Stellenabbau die Hansestadt besonders hart.

Am Nachmittag sollte der Gesamtbetriebsrat über die Maßnahmen informiert werden. "Die Verhandlungen über einen Sozialplan sollen bei der Schwestergesellschaft so schnell wie möglich beginnen", betonte Neubauer. Ziel sei, den Prozess bis Jahresende, spätestens im ersten Quartal 2026, abzuschließen.

Rider bisher bei Tochterfirma angestellt

Lieferando gehört zum niederländischen Konzern Just Eat Take Away. Das Deutschland-Geschäft führt die Tochtergesellschaft Lieferando Marktplatz Gesellschaft. Die Fahrerinnen und Fahrer waren bislang über eine weitere Tochterfirma, Takeaway Express, fast ausschließlich fest beim Unternehmen angestellt.

Das soll auch künftig für den Großteil der Fahrer so bleiben. Rund fünf Prozent des Liefervolumens werde jedoch an spezialisierte Drittanbieter ausgelagert, hieß es. Dieses Modell wurde bereits in Berlin mit einem Subunternehmen erprobt. Auch dort soll das in einigen Bezirken weitergeführt werden.

"Das ist so ziemlich die wichtigste und kritischste Komponente der ganzen Geschichte: Die Kriterien der Flottenpartner, mit denen wir zusammenarbeiten wollen", sagte Neubauer. Es läuft ein strenger Auswahlprozess, um sicherzustellen, dass die Rider dort fest angestellt sind und angemessen bezahlt werden.

Scheinselbstständigkeit bleibt großes Branchenproblem

Lieferando betont, dass die Kooperation mit Subunternehmen in der Branche gängige Praxis sei. Tatsächlich setzen auch Wettbewerber wie Uber Eats und Wolt darauf. Oft sind die Fahrerinnen und Fahrer dabei selbstständig unterwegs – Arbeitnehmervertreter kritisieren ausbeuterische Verhältnisse und weit verbreitete Scheinselbstständigkeit. Das Problem ist EU-weit so gravierend, dass die EU-Kommission eine Plattformrichtlinie erlassen hat, um Scheinselbstständigkeit im Plattformgeschäft zu unterbinden. Diese muss auf nationaler Ebene noch umgesetzt werden.

Dass Lieferando bislang meist direkt beschäftigt hat, sorgte daher für Zuspruch bei Arbeitnehmervertretern. Entsprechend groß dürfte nun der Aufschrei sein.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kämpft bereits seit Jahren um einen Tarifvertrag für die Lieferando-Beschäftigten und einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Erst kürzlich rief die Gewerkschaft deshalb erneut zu Warnstreiks in Hamburg auf. Mit der Auslagerung eines Teils des Liefergeschäfts an Drittunternehmen wird es für die Gewerkschaft deutlich schwieriger, für einheitliche Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen.

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