Finanzen

Die Revolution frisst das Geldsystem: Bitcoin auf dem Vormarsch

Bitcoin schlägt Gold, überholt Tech-Aktien und weckt das Interesse von Zentralbanken – während Regierungen zwischen Kontrolle und Kapitulation schwanken.
17.07.2025 13:13
Aktualisiert: 17.07.2025 13:25
Lesezeit: 4 min

Krypto wird Mainstream – und bedroht das alte Finanzsystem

Wachstum der größten Kryptowährung Bitcoin (BTC), steigende institutionelle Nachfrage und ein klarerer Regulierungsrahmen in den USA – am Kryptomarkt ist auch dieses Jahr viel Bewegung. Prognosen zeigen: Trotz bestehender und künftiger Herausforderungen dürfte der Markt weiter expandieren.

Der BTC-Kurs stieg innerhalb eines Jahres um 85,6 % und lag laut „CoinMarketCap“ am Dienstag bei 116.813,60 US-Dollar. Am Montag hatte BTC mit 123.091,61 US-Dollar ein neues Allzeithoch erreicht. Der Optimismus speist sich aus Erwartungen auf eine krypto­freundliche Regulierung in den USA. Über zentrale Trends am Kryptomarkt 2025 sprach Linas Kmieliauskas – Kryptoberater und Herausgeber eines BTC-Newsletters – beim Investorenfestival „Mano pinigai“ der „Verslo žinios“.

Bei der Analyse der BTC-Jahresrenditen seit 2009 nannte er drei Negativjahre: 2014, 2018 und 2022. In allen anderen Jahren wurde ein Plus verzeichnet. 2024 lag der Zuwachs beispielsweise bei 121 %. „Seit einigen Jahren wächst der BTC-Anteil an der gesamten Marktkapitalisierung – obwohl es immer mehr sogenannte Altcoins gibt. BTC behauptet sich weiter. Man muss bedenken, dass viele andere Kryptos überbläht sind, kaum Marktkapitalisierung oder Liquidität haben – ganz im Gegensatz zu BTC“, so Kmieliauskas. Aktuell beträgt die BTC-Marktkapitalisierung 2,3 Billionen US-Dollar. Dahinter folgt Ethereum (ETH) mit 360 Milliarden US-Dollar. Seit Jahresbeginn legte BTC um 25 % zu. Innerhalb der Top 10 nach Marktkapitalisierung schnitten XRP (+37,14 %) und Dogecoin (+39,37 %) noch besser ab. Kmieliauskas verglich die BTC-Performance langfristig mit klassischen Anlageklassen. Laut „CaseBitcoin“ stieg BTC in fünf Jahren um 1.176 %, Gold um 87 %, der US-Leitindex S&P 500 um 94 %. „In der Kurzfristbetrachtung liegt Gold manchmal vorn, aber langfristig hatte BTC bisher immer die Nase vorn“, so der Berater.

Beim Thema Korrelation hob Kmieliauskas den sogenannten BTC Pearson Correlation Index hervor, der die Korrelation mit anderen Assets misst. Bereits seit Jahren zeigt sich die höchste Korrelation mit dem S&P 500 und dem Technologieindex Nasdaq Composite. „Auch 2025 bleibt das Bild ähnlich – BTC wird immer noch wie eine Tech-Aktie gehandelt.“ Zur Korrelation mit Gold meinte er: Zunächst starte ein Goldrallye – doch BTC ziehe später vorbei.

Rahmenbedingungen

Kmieliauskas hob vier Aspekte der aktuellen Krypto-Lage hervor:

  1. Regulatorisch. Die US-Politik hat weltweit für neue Offenheit gesorgt. Der Wettbewerb um Krypto-Zentren nimmt Fahrt auf: „Nach Trumps Wahlsieg und einer krypto­freundlichen Haltung öffnen sich auch andere Länder – sie wollen im globalen Spiel nicht verlieren.“
  2. Staatlich. Die US-Ankündigung eines strategischen BTC-Reservenpools bringt auch andere Regierungen dazu, über Steuern und Zahlungen in Krypto nachzudenken. Ausnahme: der IWF, der gegen derartige Initiativen (außer in den USA) vorgeht.

„Die USA haben einen strategischen BTC-Reservepool angekündigt, aber nicht offenbart, was damit passiert. Fakt ist: Die Regierung kontrolliert mit rund 16 Millliarden US-Dollar einen der größten BTC-Bestände weltweit – meist aus konfisziertem illegalem Besitz“, so Kmieliauskas. Er erinnerte an El Salvador, das 2021 BTC als offizielles Zahlungsmittel einführte – sehr zum Ärger des IWF, der vor erheblichen Risiken warnte.

  1. Makroökonomisch. Schuldenkrisenwarnungen nehmen zu, Handelskonflikte bedrohen das Wachstum, Eingriffe von Zentralbanken werden erwartet.

„Für institutionelle Anleger wird der Makrokontext immer relevanter. Viele betrachten BTC inzwischen als Absicherung gegen Fiat-Währungsabwertung“, erklärte er.

  1. Institutionell. Immer mehr Banken und Fintechs entwickeln Kryptodienstleistungen, auch konservative Anleger – etwa Pensionsfonds – steigen ein. Ein britischer Fonds allokierte 3 % in BTC. Selbst die Tschechische Zentralbank prüft einen Einstieg.

„Vor fünf Jahren hätte niemand geglaubt, dass ein Pensionsfonds oder eine Zentralbank in BTC investiert. Heute ist das Realität“, so Kmieliauskas.

Trends, Chancen, Risiken

Immer mehr börsennotierte Unternehmen legen BTC-Reserven an – inzwischen auch ETH und andere Kryptos. Das US-Unternehmen MicroStrategy hält mit 600.000 BTC den größten Firmenbestand, aktuell 73,2 Milliarden US-Dollarwert. Kmieliauskas sieht wachsenden Konkurrenzdruck für BTC durch andere Investmentvehikel wie ETFs und Kryptounternehmensaktien. Er erinnerte daran, dass 2024 in den USA BTC-ETFs eingeführt wurden – mit großem Erfolg. ETH-ETFs hingegen blieben bisher hinter den Erwartungen zurück. Am Donnerstag meldeten BTC-ETFs mit 1,18 Milliarden US-Dollar den höchsten Tageszufluss 2025. Spitzenreiter war BlackRocks IBIT mit 448 Millionen US-Dollar. Für Privatanleger aus Europa sind diese ETFs bisher nicht zugänglich. Doch sie investieren verstärkt in Aktien von Krypto-Firmen wie MicroStrategy, dem Mining-Unternehmen Marathon Holdings oder der Börse Coinbase.

Ein weiteres Top-Thema 2025: Stablecoins – Kryptowährungen mit Anbindung an reale, stabile Assets (etwa USD), um Wertschwankungen zu minimieren. Marktführer ist Tether (USDT), gefolgt von USDC. Dessen Emittent „Circle“ ging kürzlich an die Börse – der Aktienkurs verdreifachte sich binnen einer Woche. „Diese Aktie dürfte weiter steigen, denn aktuell ist es der einzige einfache Zugang zum Markt“, so Kmieliauskas. Derzeit läuft in den USA eine „Kryptowoche“ im Repräsentantenhaus. Dabei werden mehrere Gesetzesinitiativen beraten – darunter „Genius Act“, „Clarity Act“ und „Anti-CBDC Surveillance State Act“. Diese Gesetze könnten Stablecoins stärker ins klassische Finanzsystem integrieren und institutionelle Investoren anziehen. Die Bank of America erwartet ebenfalls weiteres Wachstum im Stablecoin-Sektor. Kmieliauskas wies zudem auf eine neue Dynamik hin: BTC werde vermehrt als mögliche Zahlungseinheit für KI-Systeme gehandelt – wegen seiner einfachen Handhabung und der Möglichkeit dezentraler Transaktionen.

Risiken am Horizont

Als Bedrohung sieht Kmieliauskas den zunehmenden Regulierungsdruck auf Privatsphäre, die wachsenden Kontrollambitionen von Behörden und die internen Streitigkeiten der BTC-Community über künftige Nutzung und Ausrichtung. Ein weiteres Risiko sei die Vergütung von Minern. Je mehr Miner, desto sicherer das Netz – doch ihre Belohnung halbiert sich alle vier Jahre. Die Frage ist: Reichen Kursanstieg und Transaktionsgebühren, um Mining weiter attraktiv zu halten? Auch Quantencomputer seien ein potenzielles Risiko. Was passiert, wenn ein solcher Rechner das BTC-Netzwerk hackt und sämtliche Coins übernimmt? Laut Kmieliauskas gibt es Strategien und quantensichere Lösungen, um Wallets und das Netzwerk zu schützen.

Prognosen

Zur Zukunft des Marktes erklärte Kmieliauskas: Die BTC-Zyklen und der Einfluss der „Halvings“ verändern sich. „Die wichtigste Entwicklung: Der BTC-Zyklus wird länger. Früher sprach man von 4-Jahres-Zyklen – Halvings halbierten das Angebot. Diese Muster sind weniger prägnant. Heute sehen wir moderatere, langgezogene Anstiege. Das dürfte sich fortsetzen“, sagte er. Die Jahresendprognosen für 2025 sind überwiegend optimistisch. Viele rechnen mit einem BTC-Kurs von bis zu 200.000 US-Dollar – allerdings seien auch stärkere Schwankungen und längere Konsolidierungen möglich. Langfristig – bis etwa 2030 – erwarten viele Analysten, dass BTC die Marke von 1 Million US-Dollar erreichen könnte.

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