Wie Trumps Zollpolitik Europas Industrie ins Wanken bringt
Der dänische Industrieverband hat Berechnungen zu den drei Szenarien durchgeführt, die derzeit in den Zollverhandlungen zwischen der EU und den USA im Spiel zu sein scheinen. Sollten die Verhandlungen scheitern und Szenario drei, der schlimmste Fall, eintreten, würde dies die EU-Exporte in die USA sehr hart treffen. Mitte 2025 und sechs Monate nach Donald Trumps erneutem Amtsantritt als US-Präsident ist das Ergebnis der Zollverhandlungen zwischen der EU und den USA noch immer nicht absehbar. Eines ist jedoch sicher. Unabhängig davon, ob ein neues Zollabkommen zustande kommt oder nicht, wird es für Unternehmen und Verbraucher in ganz Europa mit Kosten verbunden sein. Dies geht aus einer Analyse des dänischen Industrieverbands (DI) hervor, der von einem Mehraufwand in Höhe von 40 bis 189 Milliarden Euro ausgeht.
„Seit Trump wieder Präsident ist, steht das zuvor gute Verhältnis zwischen EU und USA massiv unter Druck. Wie ein Handelsabkommen ausgeht, ist extrem ungewiss. Sicher ist nur: Die Ausgangslage ist schlechter als vor Trumps Wiederwahl. Wir hoffen auf das Beste, bereiten uns aber auf das Schlimmste vor“, so Lukas Lausen, Leiter für globalen Handel bei DI.
DI skizziert drei mögliche Szenarien für die künftige transatlantische Zollstruktur. Grundlage sind die derzeit gültigen Sätze, die nach Trumps Amtsantritt eingeführt wurden: 10 Prozent Basistarif, 50 Prozent auf Aluminium/Stahl und 25 Prozent auf Autos. Anfang Juli verschickte Trump ein neues Schreiben an die EU: Ab 1. August werde auf EU-Importe ein Einheitssatz von 30 Prozent erhoben. Auf Basis dieser Vorgabe führt die EU derzeit Verhandlungen mit den USA.
Trumps Handelskrieg und die Folgen: Drei Szenarien im Überblick
DI hat die bekannten Verhandlungsstände in drei Szenarien übersetzt. Grundlage der Berechnungen ist das Exportvolumen der EU und Dänemarks in die USA im Jahr 2024. Wichtig ist dabei der Hinweis: Sollten die Zölle tatsächlich steigen, dürfte auch das Exportvolumen sinken.
- Szenario 1 ist das Vereinbarungsszenario und zugleich das günstigste. Es sieht vor: 10 Prozent Basistarif, 25 Prozent Zoll auf Aluminium und Stahl sowie 10 Prozent auf Autos.
- Szenario 2 ist das mittlere Modell mit einem Basistarif von 50 Prozent, 50 Prozent auf Aluminium und Stahl, 25 Prozent auf Autos sowie 50 Prozent auf Flugzeuge und Alkohol.
- Szenario 3 ist der Worst Case: 30 Prozent Basistarif, 80 Prozent auf Aluminium/Stahl, 55 Prozent auf Autos, 30 Prozent auf Flugzeuge/Alkohol und 30 Prozent auf weitere Produkte wie Medikamente und Mikrochips.
Im europäischen Maßstab schätzt DI, dass sich die Zolllast im Falle von Szenario 1 auf ca. 43 Milliarden Euro belaufen würde. Wichtig: Zunächst zahlen die US-Importeure – diese könnten die Mehrkosten aber an Verbraucher weiterreichen. So würden europäische Waren in den USA schlicht teurer. Wird es schlimmer als befürchtet und tritt Szenario 3 ein, beläuft sich die Zusatzlast auf ca. 189,7 Milliarden Euro, das wären rund 147 Milliarden Euro mehr als im günstigsten Fall.
Lausen beobachtet die Zolldebatte in Brüssel intensiv. Dank DI-Netzwerken habe er „ein gewisses Gespür dafür, was vor sich geht“. Dass es nur eine vage Einschätzung sei, liege laut Lausen an der Undurchsichtigkeit des US-Verhandlungsmandats – letztlich fälle Trump alle Entscheidungen allein. „Wir haben gelernt, dass es schwer ist, vorherzusagen, was Trump tut oder denkt. Aber wenn ich meinen Kopf aufs Schafott legen müsste, dann glaube ich: Wir bekommen vor dem 1. August eine Einigung mit 10 Prozent Basiszoll, also ein Abkommen nahe Szenario eins“, so Lausen. „Es wird ein Deal, mit dem EU und USA leben können – nicht aus Zuneigung, sondern aus Notwendigkeit.“ Auch Dansk Metals Chefökonom Erik Bjørsted bleibt gelassen. „Egal, wie das Abkommen ausfällt – die USA verlieren am meisten. Solange es offene Märkte gibt, finden (europäische Unternehmen) ihren Weg“, meint Bjørsted. Er fordert Unternehmen auf, den Blick nicht auf Trump zu verengen, sondern auf Chancen in Deutschland zu setzen – das ein 500 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm für Infrastruktur, Digitalisierung und Klimawende gestartet hat, ergänzt durch massive Aufrüstungsausgaben. „Wir sollten die Chancen direkt vor uns sehen. Deutschland investiert massiv (...)“, so Bjørsted.