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Kaffee-Diebstahl: Warum Händler Bohnen wegsperren müssen

Kaffee wird zum Lieblingsziel organisierter Ladendiebe – und für Händler zum Sicherheitsproblem. In manchen Filialen wandern Bohnen inzwischen hinter Glas oder in Boxen. Wer zu spät sichert, riskiert leere Regale und steigende Verluste. Was der Einzelhandel jetzt unternimmt, wo das Problem besonders groß ist – und welche Maßnahmen Unternehmer kennen sollten.
24.07.2025 08:54
Lesezeit: 3 min

Beliebt bei Dieben: Geschäfte schließen Kaffee häufiger weg

Die Kaffeepreise sind zuletzt deutlich gestiegen. Das macht die Packungen in den Läden für Ladendiebe zunehmend attraktiv. Wie Händler darauf reagieren.

Kaffee wird bei Ladendieben immer gefragter, weshalb Geschäfte bestimmte Produkte öfter wegsperren. Handelsexperte Frank Horst vom Kölner Forschungsinstitut EHI sagte der Deutschen Presse-Agentur, Kaffee gehöre seit Langem zu den am häufigsten entwendeten Artikeln. "In den letzten Jahren hat das stark zugenommen. Es ist nicht selten, dass ein ganzes Regal leergeräumt wird."

In den Läden gibt es wenig Personal, weshalb Diebstähle häufig unbemerkt bleiben, sagte Horst. Kaffeepackungen würden daher zunehmend gesichert, etwa in Vitrinen, und nur auf Nachfrage ausgegeben. "Manche Standorte haben so große Probleme, dass sie keine andere Wahl haben." In Großstädten sei das stärker ausgeprägt, auf dem Land komme es ebenfalls vor. Besonders begehrt seien Kilopackungen mit Bohnen.

Kaffeeklau in Zahlen: Unternehmen reagieren unterschiedlich

Das EHI befragt jedes Jahr Firmen aus allen wichtigen Einzelhandelsbranchen. Die Unternehmen schätzen dabei, wie sich die Verluste auf Kunden, Mitarbeitende und weitere Verursacher verteilen.

Händler sperren ungern Produkte weg

Rewe erklärte auf Anfrage: "Nach unserer Einschätzung handelt es sich bundesweit um einige wenige Einzelfälle an Brennpunkt-Standorten." Das Sichern von Kaffee sei bislang kein flächendeckendes Phänomen. Für Kunden und Mitarbeitende sei es nicht praktikabel, den Zugang zu erschweren. Das Kaffeesortiment belege mehrere Regalmeter.

Ein Sprecher von Kaufland sagte: "Bei vereinzelten Produkten, wie beispielsweise Bohnenkaffee, setzen wir bei einem geringen Teil unserer Standorte filialindividuell auch Sicherheitsmaßnahmen wie Sicherungsboxen ein." Die Handelskette beschäftige zudem Detektive. Die meisten Kunden seien ehrlich: Ladendiebstähle machten weniger als 0,1 Prozent der Kundenkontakte aus.

Edeka teilte mit, aufgrund seiner Unternehmensstruktur könne keine allgemeine Aussage getroffen werden. "Das Vorgehen liegt im Ermessen der selbstständigen Kaufleute vor Ort." Von Norma hieß es, Kaffee werde in keiner Filiale gesichert. Das sei auch künftig nicht vorgesehen. Aldi und Lidl äußerten sich nicht.

Kaffee wird teurer: Diebstahl als stiller Protest

Dass Kaffee vermehrt gestohlen wird, hängt laut Handelsexperte Horst auch mit steigenden Preisen zusammen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts war Bohnenkaffee im Juni durchschnittlich 45 Prozent teurer als noch 2020. Kilopackungen von Marken wie Dallmayr, Melitta und Jacobs kosten inzwischen bis zu 20 Euro, vereinzelt sogar mehr. Ursache seien gestiegene Rohstoffpreise, ausgelöst durch Trockenheit und schlechte Ernten in wichtigen Anbaugebieten.

Einige Kunden sähen im Diebstahl eine Form des Protests gegen die hohen Preise, sagte Horst. Oft werde aber auch aus Eigenbedarf gestohlen. In gewerblich organisierten Banden und im Bereich der Beschaffungskriminalität sei Kaffee ebenfalls beliebt, da er sich leicht weiterverkaufen lasse. Erste Berichte über das Phänomen erschienen in mehreren Medien.

Neue Zahlen zu Inventurverlusten und Sicherheitsmaßnahmen

Laut der aktuellen EHI-Erhebung von Mai 2025 haben Einzelhändler ihre Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen erneut erhöht. Mit rund 1,6 Milliarden Euro investierten sie so viel wie nie zuvor, vor allem in Videoüberwachung, Warensicherung und Schulungen des Personals. Für viele mittelständische Händler stellt dies eine zusätzliche wirtschaftliche Belastung dar – besonders angesichts der weiterhin schmalen Margen. Unternehmerverbände fordern daher vermehrt gezielte Kontrollen und einheitliche Strafverfolgungsstrategien. Auch digitale Lösungen wie KI-gestützte Analyse-Tools zur Erkennung von verdächtigem Verhalten gewinnen an Bedeutung. Insbesondere große Ketten wie Kaufland oder Edeka testen derzeit Pilotprojekte mit solchen Systemen, um ihre Sicherheitskonzepte effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten.

Schäden durch Ladendiebstahl steigen weiter

Die durch Ladendiebstahl verursachten Schäden nehmen laut EHI weiter zu. Im Jahr 2024 entwendeten Kunden Waren im Wert von rund 2,95 Milliarden Euro – ein Anstieg um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gesamtschaden erreichte einen neuen Höchststand. Bereits 2023 lag der Zuwachs bei 15 Prozent. Auch Spirituosen, Rasierklingen, Parfüm und Energydrinks zählen laut Forschungsinstitut zu bevorzugten Diebesgütern.

Verband fordert härteres Durchgreifen

Nach Angaben von Peter Schröder, Rechtsexperte beim Handelsverband Deutschland, ist die Lage der Händler angespannt. "Das Wegsperren der Ware senkt erfahrungsgemäß den Umsatz für die betroffenen Produkte." Er plädiert für strengere Strafen. "Insbesondere beim bandenmäßigen Ladendiebstahl muss die Justiz stärker gegenhalten." Dafür sei eine bessere Ausstattung von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten erforderlich.

Straftaten würden laut Experten auch deshalb erleichtert, weil immer weniger Delikte entdeckt und angezeigt würden – auch, weil sich der Aufwand oft nicht lohne. Viele Verfahren würden wegen Geringfügigkeit eingestellt. Laut EHI hat jedes vierte Unternehmen die Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen zuletzt erhöht. Händler investierten 2024 rund 1,6 Milliarden Euro in Prävention, vor allem in die Schulung ihrer Mitarbeitenden.

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