Politik

Wird der Fed-Chef mit seiner Rede die Märkte begeistern oder enttäuschen?

Alle Augen richten sich auf Jackson Hole: Fed-Chef Jerome Powell steht zwischen Trumps politischem Druck, schwachen US-Arbeitsmarktdaten und hartnäckiger Inflation. Am Freitag könnte er die Richtung der Geldpolitik vorgeben – mit Folgen, die auch Deutschland unmittelbar treffen.
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avtor
20.08.2025 15:03
Lesezeit: 4 min

Powell vor Entscheidung: Zinssenkung oder Markt-Schock?

Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, wird am Freitag die Teilnehmer des Symposiums der Zentralbanker in Jackson Hole ansprechen – und die Märkte werden ihm aufmerksam zuhören, in der Erwartung von Hinweisen darauf, wie der nächste Zinsschritt der US-Notenbank aussehen wird. Hier sind fünf Schwerpunkte in diesem Zusammenhang.

1. Was Jackson Hole für die Geldpolitik bedeutet

Jedes Jahr Ende August versammeln sich im Tal von Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming auf dem Zentralbank-Symposium etwa 120 Notenbankchefs, Akademiker, Finanzleute, Regierungsvertreter und Journalisten. Der Fed-Chef nutzt seinen Auftritt auf dem Symposium, um die wichtigsten Botschaften zur Geldpolitik zu präsentieren, und Powells Rede wird das aufsehenerregendste Ereignis des Symposiums sein.

Das diesjährige, 43. Symposium, das vom 21. bis 23. August stattfinden wird, bringt zwar Fachdebatten, doch für die Hauptsitzung haben die Organisatoren das Thema „Arbeitsmärkte im Übergang: Demografie, Produktivität und makroökonomische Politik“ gewählt.

2. Was wir von der Rede des Fed-Chefs an diesem Freitag erwarten können

Die Märkte wollen, dass Powell sagt, ob die Fed im September die Zinsen senken wird. Analysten haben laut ausländischen Berichten drei Szenarien genannt, was am Freitag tatsächlich passieren könnte, wenn Powell die Teilnehmer anspricht.

  • Es kann tatsächlich passieren, dass er die Möglichkeit einer baldigen Senkung des US-Leitzinses andeutet. Der Hauptgrund wären schwächere Bedingungen am Arbeitsmarkt.
  • Auf der anderen Seite kann es ebenso sein, dass Powell die Erwartungen der Märkte in Bezug auf eine Zinssenkung dämpft, und der Hauptgrund dafür wäre die derzeitige Lage der US-Inflation.
  • Die dritte Möglichkeit ist, dass Powell sich zu den künftigen Zinsentscheidungen nicht äußert. Dabei könnte er wiederholen, was er zuletzt nach der Juli-Sitzung betont hat – dass das Vorgehen der US-Notenbank davon abhängen wird, was die (wirtschaftlichen) Daten über den Zustand der US-Wirtschaft zeigen werden. Powell hat dabei jedes Mal zu verstehen gegeben, dass die Fed alle Risiken genau beobachtet, derzeit aber vor allem ein klareres Bild erhalten will, insbesondere darüber, wie Trumps Zollkrieg die Inflation und die Lage am Arbeitsmarkt beeinflussen wird.

Zur Erinnerung: Die Fed hat ein doppeltes Mandat. Mit ihrer Geldpolitik strebt sie an, die Inflation mittelfristig bei zwei Prozent zu halten. Das zweite Ziel ist maximale Beschäftigung.

3. Trumps Druck auf die Fed, die Zinsen zu senken

Wenn es um die weitere Zinspolitik der Fed geht, kommt man an den Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Fed-Chef und US-Präsident Donald Trump nicht vorbei. Trump setzt Jerome Powell schon seit Langem mit öffentlicher Herabwürdigung und Drohungen einer Absetzung persönlich unter Druck, die Fed möge die Zinsen senken.

Bei einem jüngsten Besuch der Renovierungsarbeiten bei der Fed deutete Trump an, dass die US-Notenbank seiner Meinung nach mit Zinssenkungen bereits zu spät dran sei und die Leitzinsen um drei Prozentpunkte senken müsse. Derzeit bewegen sich die US-Leitzinsen in einer Spanne zwischen 4,25 und 4,50 Prozent. Gerade dieser Druck könnte nach Einschätzung von Beobachtern dazu beitragen, dass Powell in seiner Rede auch die Unabhängigkeit der Zentralbanken betont. Bekanntlich erklärte er schon nach der Juli-Sitzung, dass die Fed bei ihren Entscheidungen nur das doppelte Mandat berücksichtige, nicht aber die fiskalischen Bedürfnisse der US-Bundesregierung.

4. Vielleicht schaffen es die Daten, was Trumps Druck nicht schafft

Wie erfolgreich sie ihr doppeltes Mandat erfüllt, überprüft die Fed vor allem dadurch, dass sie einerseits die Höhe der US-Inflation sorgfältig verfolgt, andererseits die Daten zur US-Arbeitslosigkeit und zur Zahl neuer Stellen. Derzeit geben die Werte beider Indikatoren Anlass zur Sorge, sodass die Fed vor einem Dilemma steht: Ist die erhöhte Inflation das größere Problem für die US-Wirtschaft. Oder ist die größere Sorge, dass auf dem US-Arbeitsmarkt gewisse Schwächen spürbar sind? Sehen wir uns die Daten an.

  • Die US-Inflation, gemessen am Verbraucherpreisindex (CPI), verharrt hartnäckig auf einem Niveau, das deutlich über den angestrebten zwei Prozent liegt. Im Juli betrug sie 2,7 Prozent.
  • Die Daten vom US-Arbeitsmarkt sind nicht ermutigend. Im Juli schufen US-Unternehmen nur 73.000 neue Stellen, was deutlich unter den Erwartungen lag. Vor allem aber sorgten die Revisionen der Daten für Mai und Juni für Aufsehen (die saisonbereinigt sind und keine Daten zu Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft enthalten). Wie die zuständige US-Behörde mitteilte, zeigte der endgültige Wert, dass im Mai in den USA nicht 144.000, sondern nur 19.000 neue Stellen entstanden waren, und im Juni nicht 147.000, sondern nur 14.000 neue Stellen.

Von der Einschätzung, welches Risiko größer ist, hängt das weitere Vorgehen der Fed ab. Der Kampf gegen hohe Inflation oder der Kampf gegen einen schwachen Arbeitsmarkt erfordert nämlich entgegengesetzte Maßnahmen. Im ersten Fall wäre zu erwarten, dass die Fed am derzeit leicht restriktiven Niveau der US-Zinsen festhält. Im gegenteiligen Fall würde der Fokus auf einem schwächeren Arbeitsmarkt eine Lockerung der US-Geldpolitik erfordern, also eine Zinssenkung.

Das wichtigere Dilemma zeigte sich bereits bei der Juli-Sitzung der Fed. Die Mitglieder des zuständigen FOMC-Ausschusses nahmen die Juli-Entscheidung, die Höhe der US-Leitzinsen nicht zu ändern, nämlich nicht einstimmig an, was selten vorkommt.

5. Doch die Märkte setzen darauf, dass der erste Fed-Schnitt schon im September kommt

Die aktuelle Situation ist nicht dieselbe wie im September letzten Jahres, als sich die Fed für eine Zinssenkung entschied. Damals fiel die Inflation stetig, während die Arbeitslosenquote stieg. Jetzt verharrt die Inflation auf hohem Niveau, die Arbeitslosenquote ist stabil, die Lage bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze jedoch schwach. Gleichzeitig sind die US-Leitzinsen im Vergleich zum Vorjahr bereits niedriger und damit weniger restriktiv. Und wenn wir von den Erwartungen der Marktteilnehmer sprechen, so sind auch die Märkte positiv.

Ungeachtet dessen schätzen die Märkte jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit bei über 80 Prozent liegt, dass die Fed die US-Leitzinsen bereits im September senkt.

Jackson Hole als Wendepunkt: Kommt der Zinsrutsch der Fed?

Für Deutschland ist die Fed Zinsentscheidung von unmittelbarer Relevanz. Senkt die Fed die Leitzinsen, schwächt sich der Dollar ab, was deutsche Exporte verteuert und die Wettbewerbsfähigkeit belastet. Bleiben die US-Zinsen hingegen hoch, steigen weltweit die Finanzierungskosten, wovon deutsche Unternehmen mit globalen Kreditstrukturen besonders betroffen sind. Zudem wirken schwache US-Arbeitsmarktdaten dämpfend auf die weltweite Nachfrage – ein Risiko für die exportabhängige deutsche Wirtschaft.

Die Finanzmärkte gehen mehrheitlich von einer Zinssenkung der Fed im September aus. Ob Jerome Powell in Jackson Hole diesen Erwartungen nachgibt oder sie enttäuscht, wird richtungsweisend für die kommenden Monate sein – nicht nur für die USA, sondern auch für die deutsche Wirtschaft.

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Albina Kenda

Zum Autor:

Albina Kenda ist eine erfahrene Journalistin, die sich auf die Berichterstattung über Geldpolitik und EU-Themen für die slowenische Wirtschaftszeitung Casnik Finance spezialisiert hat. Sie arbeitet sich regelmäßig durch endlose Stapel von Berichten, Vorschlägen, Reden und Diskussionen, um so klar wie möglich darzustellen, wie internationale und insbesondere europäische Themen uns alle betreffen, auch wenn wir uns nicht dafür interessieren.

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