Technologie

KI-Modell erreicht 76 Prozent Genauigkeit bei Krankheitsvorhersagen

Ein KI-Modell sagt mit 76 Prozent Genauigkeit den Verlauf von Krankheiten voraus. Und zwar Jahrzehnte im Voraus. Forscher sehen darin den größten Durchbruch seit der Entdeckung der DNA. Doch was bedeutet das für Patienten und Ärzte?
03.10.2025 07:21
Lesezeit: 2 min
KI-Modell erreicht 76 Prozent Genauigkeit bei Krankheitsvorhersagen
Wie sinnvoll ist die totale Gesundheitskontrolle? (Foto: dpa) Foto: Uwe Anspach

Generative KI als medizinischer Durchbruch

Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass generative Künstliche Intelligenz (KI) eine wahre Revolution in der Medizin auslösen könnte. Das Sprachmodell Delphi-2M ist in der Lage, mit hoher Genauigkeit den Verlauf von 1000 Krankheiten für einzelne Personen über viele Jahre hinweg vorherzusagen. Das ist ein Fortschritt, der die Medizin einen großen Schritt nach vorne bringt und potenziell auch die Wirtschaft verändert.

In der Studie „Learning the natural history of human disease with generative transformers“, die im Fachjournal Nature veröffentlicht wurde, wird ein bahnbrechendes Ergebnis vorgestellt: Das Sprachmodell Delphi-2M erreichte eine durchschnittliche Prognosegenauigkeit (AUC) von 76 Prozent bei der Vorhersage des Krankheitsverlaufs über mehrere Jahrzehnte hinweg. Damit übertrifft es alle bisherigen prädiktiven Modelle. Selbst nach zehn Jahren bleibt die Prognosegenauigkeit bei rund 70 Prozent. Besonders effektiv erweist sich das Modell bei der Vorhersage von Krebserkrankungen. Zum Vergleich: Der entsprechende Wert bei Mammographie-Untersuchungen liegt zwischen 70 und 80 Prozent. Theoretisch könnte Delphi-2M also bereits jetzt im klinischen Alltag eingesetzt werden.

KI-gestützte Diagnose aus Patientendaten

Das Modell wird mit Daten aus medizinischen Akten (etwa Körpergewicht oder Krankengeschichte) sowie mit Informationen zum Lebensstil (Rauchen, Alkoholkonsum) trainiert. Grundlage ist die britische Datenbank UK Biobank, die etwa 500.000 Personen erfasst. Die KI erkennt Muster und berechnet Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten verschiedener Krankheiten von Krebs über Infektionskrankheiten bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychischen Störungen.

Die praktischen Konsequenzen könnten enorm sein: Ärzte könnten schon bald anhand von Blutproben und Patientendaten das Risiko für bestimmte Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit für Zeiträume von einem Jahr bis hin zu 20 Jahren bestimmen. Präventionsmaßnahmen könnten dadurch bereits vor dem Auftreten erster Symptome ergriffen werden mit potenziell lebensrettender Wirkung. Das wäre ein echter Durchbruch für die personalisierten Medizin. Krankheiten ließen sich im Frühstadium erkennen, präzise Behandlungspläne entwickeln und die medizinische Versorgung insgesamt grundlegend verbessern.

Internationale Tragweite und wirtschaftliche Dimension

Der Informatiker Stefan Feuerriegel von der Universität München, Experte für KI in der Medizin, erklärte im Scientific American, das Modell könne „ganze zukünftige Gesundheitstrajektorien generieren“. Bemerkenswert sei zudem, dass die Genauigkeit auch bei dänischen Gesundheitsdaten hoch blieb (67 Prozent). Das ist ein Hinweis darauf, dass die auf britischen Daten trainierte KI auch in anderen Ländern funktioniert.

Die breite Anwendung solcher Modelle hätte nicht nur revolutionäre Folgen für die Medizin, sondern auch für Gesellschaft und Wirtschaft. Historische Analysen zeigen, dass der Gesundheitsfortschritt einer der wichtigsten Treiber für Wirtschaftswachstum ist. Laut einer Studie von McKinsey & Company war ein Drittel des BIP-Wachstums pro Kopf im 20. Jahrhundert auf die Verbesserung der Gesundheit zurückzuführen. Gesundheit und Wohlstand sind eng miteinander verknüpft – ein Fortschritt in der Medizin durch KI könnte daher einen massiven gesamtwirtschaftlichen Schub auslösen.

Medizinische Revolution mit wirtschaftlicher Sprengkraft

Für Deutschland, mit seinem leistungsfähigen Gesundheitssystem und einer alternden Bevölkerung, könnte die KI-Medizin entscheidend werden. Sie eröffnet die Möglichkeit, Krebs- und Herzkrankheiten frühzeitig zu erkennen und Therapien effizienter zu steuern. Angesichts steigender Gesundheitskosten bietet die Technologie die Chance, Kosten zu senken und gleichzeitig die Versorgung zu verbessern. Deutsche Unternehmen, Universitäten und Kliniken könnten zudem im globalen Wettbewerb um medizinische Innovationen eine Schlüsselrolle einnehmen.

Die KI-Medizin hat das Potenzial, die Gesundheitsversorgung grundlegend zu verändern und damit auch die wirtschaftliche Entwicklung zu beeinflussen. Delphi-2M zeigt, wie KI in der Lage ist, Krankheiten präzise vorherzusagen und so Prävention und Behandlung auf ein neues Niveau zu heben. Für Europa und Deutschland bedeutet dies: Wer in Forschung, Dateninfrastruktur und klinische Anwendungen investiert, sichert nicht nur den medizinischen Fortschritt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs schließt über 24.000 Punkten: Erholung geht am Freitag weiter
05.12.2025

Der deutsche Aktienmarkt legt zum Wochenschluss spürbar zu und der Dax überschreitet eine wichtige Schwelle. Doch der Blick richtet sich...

DWN
Politik
Politik Putin in Indien: Strategische Unabhängigkeit in der neuen Weltordnung
05.12.2025

Indien empfängt den russischen Präsidenten mit allen protokollarischen Ehren und stellt damit gängige westliche Erwartungen an globale...