Technologie

Drohnenkameras: Wie Litauen Europa im Verteidigungswettlauf herausfordert

Ein kleines Start-up aus Litauen greift die globale Drohnenmacht China an. Luna Robotics entwickelt Nachtsichtsysteme, die Drohnen zu intelligenten Augen im Dunkeln machen – und will damit Europas Verteidigungsindustrie wachrütteln. Investoren aus den USA und der EU stehen bereits Schlange, während das Unternehmen vom Kriegsfeld in der Ukraine bis zu einem möglichen Börsengang plant.
10.11.2025 11:00
Lesezeit: 2 min
Drohnenkameras: Wie Litauen Europa im Verteidigungswettlauf herausfordert
Neue Nachtsicht für Europas Verteidigung. (Foto: dpa/Ukrinform | Dmytro Smolienko) Foto: Dmytro Smolienko

Drohnenkameras: Warum ein Start-up aus Vilnius jetzt Chinas Dominanz angreift

Der weltweite Boom der Verteidigungstechnologien ist zunehmend auch in Litauen spürbar. Eines der aufstrebendsten jungen Unternehmen der Branche ist Luna Robotics, hervorgegangen aus der litauischen Schützenunion. Das Start-up produziert taktische Nachtsichtkameras für FPV-Drohnen – eine Technologie, die ursprünglich entwickelt wurde, um der von Russland angegriffenen Ukraine günstigere Alternativen zu teuren Wärmebildkameras zu bieten. Gegründet wurde das Unternehmen von Elvinas Kukys und Ramūnas Čereškevičius, ehemals Infrastrukturingenieur beim Hosting-Anbieter Hostinger. Die Grundlagen legte Luna Robotics 2023 beim Hackathon „Feuerschild 2023“ der Schützenunion, wo das Team den zweiten Platz belegte. Anschließend wurde es in das Accelerator-Programm der Venture-Capital-Gesellschaft ScaleWolf aufgenommen, die sich auf Verteidigungs- und Dual-Use-Technologien spezialisiert hat. Im September desselben Jahres begann die unternehmerische Umsetzung mit einer ersten Anschubfinanzierung. „Wir haben den Markt getestet, und die Resonanz war erstaunlich – Kunden fragten, ob unsere Drohne bei Tageslicht geflogen sei, so klar war das Bild“, erklärt Kukys. Die Kamera begann mit Infrarotbeleuchtung, später wurde eine eigene Software entwickelt, um auch ohne zusätzliche Lichtquellen einsatzfähig zu sein.

Wachsender Markt für Verteidigungs-Start-ups in der EU

Luna Robotics reiht sich in eine wachsende Zahl litauischer Verteidigungsstart-ups wie Broswarm oder Unmanned Defense Systems ein. Seit Beginn des Ukrainekriegs 2022 lenken Risikokapitalgeber weltweit verstärkt Investitionen in militärische und duale Technologien. Litauen reagierte 2023 mit dem Förderprogramm MILInvest, ausgestattet mit 13,5 Millionen Euro, ebenfalls verwaltet von ScaleWolf. Im Juli 2024 folgte das Nachfolgeprogramm MILInvest 2 mit einem Volumen von 40 Millionen Euro. Das junge Unternehmen, gegründet im vergangenen Jahr, beschäftigt derzeit sieben Mitarbeiter. Die erste Wachstumsphase war durch begrenzte Liquidität gebremst, doch das hat sich geändert: Luna Robotics erhielt jüngst eine Million Euro frisches Risikokapital, um Vertrieb, Partnerschaften und Automatisierung auszubauen.

Hauptinvestor ist Coinvest Capital, das 720.000 Euro bereitstellte. Weitere Beteiligte sind der US-Accelerator Plug & Play, die Business-Angel-Netzwerke LitBAN (Litauen), LatBAN (Lettland) sowie das Syndikat NGL. Mit den neuen Mitteln soll der Vertrieb in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten ausgeweitet werden. „Unser Ziel ist es, Komponenten an Drohnenhersteller in allen NATO-Staaten und der Ukraine zu liefern“, erklärt Kukys. „Jede EU-Nation bevorzugt lokale Lieferanten, doch wir bieten Bauteile an, die sich in deren Systeme integrieren lassen.“ Langfristig denkt Luna Robotics laut Kukys auch über ein IPO nach – ein Börsengang sei möglich, da „die Büchse der Pandora geöffnet ist“: FPV-Drohnen würden als effiziente Waffen bleiben.

Konkurrenz aus China und Tests in der Ukraine

Im globalen Drohnenmarkt dominiert China sowohl bei Komponenten als auch bei Kameras. In Europa gibt es nur wenige Hersteller für Motoren oder optische Systeme. Luna Robotics montiert seine Elektronik vollständig in Litauen – nur einfache Bauteile wie Kabel stammen aus China. Die Innovation liegt in der Software, die den Drohnenflug bei Nacht ohne Beleuchtung ermöglicht. Damit schafft das Unternehmen eine vierte Art der Nachtsichttechnologie neben Wärmebild, Infrarot und Bildverstärkung. Erprobt wurde die „LunaCam“ unter realen Kriegsbedingungen in der Ukraine. „Zu Beginn brauchten die Ukrainer alles, später wurde die Lage stabiler“, sagt Kukys. Nach anfänglichen Problemen mit westlichen Zulieferern setzten die ukrainischen Streitkräfte zunehmend auf verlässliche Partner. Luna Robotics konnte durch persönliche Kontakte und funktionierende Produkte Vertrauen aufbauen. „Wir wollten ein System, auf das man sich verlassen kann – in einer Umgebung, in der Fehler Leben kosten.“

Bedeutung für Deutschland

Auch für deutsche Verteidigungs- und Drohnenhersteller ist die Entwicklung von Luna Robotics von Interesse. Die Kombination aus europäischer Produktion, KI-basierter Nachtsicht und modularer Integration könnte für Programme der Bundeswehr sowie für die Industrie 4.0-Anwendungen in der zivilen Drohnentechnologie relevant sein. Deutschland investiert zunehmend in Drohnenaufklärung und duale Technologien – Kooperationen mit innovativen EU-Partnern wie Litauen bieten sich an.

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