Gewerkschaften schlagen Alarm wegen AfD-Kurs
Nachdem der Verband der Familienunternehmer seinen AfD-Kurs geöffnet und sich für Gespräche mit der AfD bereit erklärt hat, fordert Verdi-Chef Frank Werneke Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände zu einer eindeutigen Positionierung auf. Der Verband unter Präsidentin Marie-Christine Ostermann drohe, "endgültig nach rechts abzudriften", sagte Werneke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Geschichte mahnt, wie wichtig eine klare Abgrenzung der Wirtschaft gegenüber Rechtsextremen ist." Er verwies dabei auf historische Parallelen zur Unterstützung der NSDAP durch Industrielle im Jahr 1933. "Also: Wehret den Anfängen!", sagte er.
Auslöser der Debatte ist ein Parlamentarischer Abend des Verbands im Oktober, zu dem erstmals auch AfD-Vertreter eingeladen wurden. Ostermann sagte dem "Handelsblatt", das "Kontaktverbot" zu AfD-Bundestagsabgeordneten sei aufgehoben worden. In der Folge kündigten die Drogeriekette Rossmann und der Hausgerätehersteller Vorwerk ihre Mitgliedschaften im Verband; Kritiker sehen darin eine direkte Folge des AfD-Kurs.
Unternehmer Christ: Verantwortung statt AfD-Annäherung
Auch der Berliner Unternehmer Harald Christ kehrte dem Verband den Rücken. "Ich bin aus dem Verband ausgetreten, weil ich eine klare Haltung für eine freiheitliche, weltoffene und demokratische Wirtschaftspolitik einnehme", teilte er der dpa mit. Die jüngsten Entwicklungen im Verband und einzelne Positionen hätten für ihn nicht mehr die nötige Distanz zu politischen Kräften, die mit diesen Grundwerten nicht vereinbar seien. Über Christs Austritt vor einigen Wochen hatte das Portal "The Pioneer" berichtet. Er begründete den Schritt ausdrücklich mit dem AfD-Kurs des Verbands.
Auch Anja Piel aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) forderte die Mitgliedsunternehmen des Verbands auf, sich klar hinter die Brandmauer zur AfD zu stellen. Den Funke-Zeitungen sagte sie, deren Einreißen "nach rechts" gefährde Demokratie, internationales Ansehen und Wirtschaftsstandort. Demnach erschwere die Abschottungspolitik der AfD die Fachkräftesicherung erheblich und bedrohe die Arbeitsfähigkeit etwa von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Verdi und der DGB warnen zudem, dass der AfD-Kurs die wirtschaftliche Stabilität und Offenheit untergrabe. Unternehmerfamilien stünden außerdem in einer besonderen historischen Verantwortung, sagte sie mit Blick auf Verstrickungen deutscher Unternehmen in der NS-Zeit.
Verband will keine AfD-Regierungsbeteiligung
Der Verband verteidigte seinen AfD-Kurs. Mit Andersdenkenden zu diskutieren, heiße nicht, deren Positionen zu akzeptieren, sagte Ostermann. Zugleich wolle man keine Regierung mit AfD-Beteiligung, denn deren Weltbild passe nicht zur freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung des Verbands.
Europa-Park-Gründer Roland Mack warb für einen offenen Austausch. Dass man mit Menschen spreche, die immerhin einen hohen Anteil an Wählerstimmen ausmachten, halte er für notwendig und richtig, sagte der 76-Jährige dem "Südkurier". Dem Austausch von Argumenten sollte man offen gegenüberstehen. "Ich habe ein Problem, wenn man mit gewissen Menschen in unserer Gesellschaft nicht sprechen soll", betonte Mack. Dass müsse längst nicht heißen, dass man zu einer gemeinsamen Meinung finde und zu gemeinsamen Entscheidungen komme; man könne kontrovers diskutieren. Der AfD-Kurs bleibe damit innerhalb des Verbands umstritten.



