Politik

Wegen Begegnung mit Putin: CDU wollte Außenpolitiker Mißfelder entmachten

In den Regierungsparteien fliegen wegen der Haltung zu Russland die Fetzen: Die CDU wollte sogar ihren außenpolitischen Sprecher entmachten, weil er sich beim Schröder-Geburtstag mit Wladimir Putin getroffen hatte. Doch Philipp Mißfelder kann nach einer ordentlichen Selbstkritik weitermachen.
06.05.2014 18:21
Lesezeit: 2 min

Die Ukraine-Krise zehrt sichtlich an den Nerven deutscher Politiker. So sehr, dass der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Mißfelder, sogar kurz um seinen Job bangen musste, weil er an einem Empfang mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin in St. Petersburg teilgenommen hatte. Erst nach einer Abbitte in der Fraktionssitzung der Union am Dienstag und einer öffentlichen Rüge von Fraktionschef Volker Kauder konnte er sich seines Amtes wieder sicher sein.

Der Vorfall ist symptomatisch dafür, wie sehr angesichts der Eskalation in der Ukraine in allen drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD über den richtigen Umgang mit Putin gestritten wird. Die einen unterstellen Putin nach dem Griff nach der ukrainischen Krim, sich nun die ganze Ukraine unterwerfen zu wollen. Die anderen pochen immer wieder auf mehr Verständnis für russische Anliegen.

Dabei ist der Unterschied im Umgang beider Flügel in den Regierungsparteien auffällig: In der SPD wird eher still über die Umarmung Schröders mit Putin gelitten, die überwiegend als "wenig hilfreich" eingestuft werden. Vor allem frühere SPD-Politiker wie Erhard Eppler, Helmut Schmidt, Klaus von Dohnanyi oder Matthias Platzeck durchziehen Talksshows mit der Mahnung nach mehr Dialog mit Moskau und unterstreichen das alte Image der Sozialdemokraten als "Russland-Versteher". Platzeck, der Vorsitzende des deutsch-russischen Forums, will sogar die ukrainischen Präsidentschaftswahlen am 25. Mai verschieben - was Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kategorisch ablehnt. Andere außenpolitischen Profis der Partei wie Rolf Mützenich oder Niels Annen halten sich angesichts eines als wenig konstruktiv empfundenen Verhaltens Russland in der Ostukraine eher zurück.

In der Union aber ist zwischen "Russland-Verstehern" und Russland-Kritikern eine offene Schlacht ausgebrochen - auch weil CDU und CSU auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Denn nach der ersten harschen Kritik an Schröders Geburtstagsfeier mit Putin musste die entsetzte Fraktionsführung erfahren, dass auch der eigene außenpolitische Sprecher Mißfelder an dem Empfang in St. Petersburg teilnahm. Tagelang wechselte die Darstellung des CDU-Politikers zwischen "Aktion als Privatmann" und dem Hinweis auf ernste politische Gespräche mit Putin.

Zum medialen Gau für die Union avancierte die Unionsdebatte über Russland nach Meinung vieler Abgeordneter aber erst durch den stellvertretenden CSU-Chef Peter Gauweiler, der die gefangengenommenen deutschen OSZE-Militärbeobachter in einem "Spiegel"-Interview kritisierte und gleichzeitig viel Verständnis für Russland äußerte. Noch in der Sitzung der Unionsaußenpolitiker am Dienstagmorgen tobte Gauweiler nach Teilnehmerangaben, dass der eigentliche Skandal in der Ukraine-Krise nicht im Verhalten Russlands, sondern "der Radikalisierung der USA" läge. Obwohl dies Kopfschütteln auslöste und sich Parteichef Horst Seehofer und Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt öffentlich von den Gauweiler-Äußerungen distanzierten, muss der Rechtsanwalt und Bundestag-Hinterbänkler nicht um sein Parteiamt zittern. Einerseits ist Gauweiler als Anwalt von der Partei unabhängig. Außerdem braucht ihn die CSU, um die Euro-Skeptiker im konservativen Umfeld bis zur EU-Wahl bei Laune zu halten.

Mit der Fraktionssitzung und der Entschuldigung zumindest von Mißfelder will die Union nun die Reihen in der Russland-Politik wieder schließen. Auf diese Wirkung hofft zumindest der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff. Kanzlerin Merkel versuchte jedenfalls nach Teilnehmerangaben in der Fraktionssitzung, den Kurs vorzugeben und die Schwesterparteien zu einen: Die Arbeit der militärischen OSZE-Beobachter lobte sie ausdrücklich, ohne Gauweiler namentlich zu erwähnen. Ansonsten griff Merkel die Mahnungen beider Flügel auf: Gebot der Stunde sei die Diplomatie und die Nutzung der Gesprächskanäle mit Russland, um die ukrainische Präsidentschaftswahl am 25. Mai zu ermöglichen. Aber wenn sich einer der Gesprächspartner einer Stabilisierung der Ukraine verweigere, müsse man notgedrungen zu weiteren Sanktionen übergehen, warnte die Kanzlerin - erkennbar auf Putin gemünzt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft-Aktie: Wie der KI-Boom den Gewinn über 100 Milliarden treibt
31.07.2025

Microsoft verdient erstmals mehr als 100 Milliarden Dollar – ein Meilenstein, der zeigt, wie tiefgreifend sich das Unternehmen unter...

DWN
Finanzen
Finanzen Investoren warnen: Ist die Erfolgsgeschichte der Novo Nordisk-Aktie vorbei?
31.07.2025

Die Novo Nordisk-Aktie galt als Fels in der Brandung – doch nach einer drastischen Gewinnwarnung gerät das Erfolgsmodell ins Wanken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 2 Prozent Inflation: Kerninflation zieht Verbrauchern das Geld aus den Taschen
31.07.2025

Die Inflation liegt genau im Zielkorridor der EZB – ein scheinbar gutes Zeichen. Doch die Kerninflation bleibt hoch, vor allem...

DWN
Finanzen
Finanzen Renminbi im Welthandel: Warum Dollar und Euro dominant bleiben
31.07.2025

Chinas Regierung will den Renminbi zur globalen Handelswährung machen – und nutzt gezielt geopolitische Spannungen, um Druck auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF Stellenabbau: 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland bedroht
31.07.2025

Der Autozulieferer ZF rutscht immer tiefer in die Krise. Die "Zahnradfabrik" verzeichnet erneut einen hohen Verlust, steckt tief im...

DWN
Politik
Politik Trump tobt, doch Powell bleibt hart: Keine Zinsgeschenke für den Präsidenten
31.07.2025

Donald Trump fordert eine drastische Zinssenkung – doch Fed-Chef Jerome Powell verweigert den Gefolgschaftseid. Die US-Notenbank bleibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Reserve kommt: Was Anleger jetzt wissen müssen
31.07.2025

Die USA lagern still und heimlich Bitcoin – als nationale Reserve. Was bedeutet das für Anleger? Was steckt hinter dieser strategischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen MediaMarkt Saturn: Chinas JD.com übernimmt die Kontrolle beim Elektronikhändler – Ceconomy-Aktie im Fokus
31.07.2025

Der Einstieg eines Handelsgiganten verändert das Kräfteverhältnis bei MediaMarkt Saturn: Chinas JD.com will Europas Elektronikmarkt...