Die Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für das Wirtschaftswachstum in Griechenland waren stets zu optimistisch angesetzt. Keine der Vorhersagen des IWF für die Wirtschaftsentwicklung traf zu, die griechische Wirtschaft schrumpfte wesentlich stärker als vom IWF erwartet. Dies kritisiert der Harvard-Ökonom Dani Rodrik in einer Studie, die er auf seinem Blog erläutert (hier).
Die Erkenntnisse von Rodrik sind von besonderem Interesse, weil sie zeigen: Alle technokratischen Pläne, Wirtschaftsprozesse zentralistisch über globale Institutionen zu steuern, scheitern früher oder später. Sie können nur dazu dienen, das Problem vor sich herzuschieben ("kick the can down the road") - um das Ende mit Schrecken nur noch drastischer ausfallen zu lassen.
Rodriks Analyse im Detail: Im April 2010 prognostizierte der IWF, die griechische Wirtschaft würde im Jahr 2011 um 1,1 Prozent schrumpfen. Ein halbes Jahr später erwartete der Fonds bereits 2,6 Prozent weniger Wirtschaftswachstum. Im Laufe des Jahres 2011 korrigierte der IWF dann seine Wachstumsprognose noch weitere zweimal: Zuerst sollte die Wirtschaft um drei und dann um fünf Prozent schrumpfen. Am Ende des Jahres war die Wirtschaft griechenlands tatsächlich um 6,7 Prozent geschrumpft.
Anfänglich sei das Versagen des IWF noch damit zu erklären, dass ihm der Überblick fehlte und die Griechen weniger Reformen umsetzten als angekündigt. Doch dieses Argument zählt spätestens nicht mehr, seit Griechenland in das internationale Rettungsprogramm eintrat und der IWF Zugang zu sämtlichen Daten hatte.
Spätestens im Jahr 2011 hätten die Prognosen deutlich kritischer ausfallen müssen: „Tatsächlich waren die Programme auf der Annahme konzipiert, dass es einen magischen und riesigen Anstieg der Produktivität geben werde, ausgelöst durch die Reformen wie die Liberalisierung bestimmter Berufsgruppen und die Arbeitsmarktreform, die niemals umgesetzt wurden“, schreibt Rodrik.
Mit den Prognosen, die immer ein deutlich besseres Bild zeigten, nahm der IWF den Druck von der Politik. Die Verantwortlichen konnten sich stets darauf berufen, dass es den Zahlen zufolge nicht so übel aussah und die Reformen nicht so sehr drängten.
Rodrik ist ein höflicher Mensch und verzichtet auf Verschwörungstheorien. Man kann sich nämlich die berechtigte Frage stellen, wer eigentlich dann von diesen andauernd falschen Zahlen profitiert? Wenn wir einmal unterstellen, dass der IWF nicht aus Dummheit agiert, sondern eine Strategie dahintersteckt, kann man unschwer zu dem Ergebnis kommen: Die Pleite des Schuldners ist der worst case für den Gläubiger; sein langsamer Tod dagegen das beste Geschäft. Rodrik kommt zu dem Schluss, dass im Fall des nächsten Bailouts - Spanien - der IWF rechtzeitig und laut warnen müsse, wenn die Zahlen nicht mehr stimmen. Die Worte hörn wir wohl - allein, es dürfte dem IWF der Wille zu so viel Ehrlichkeit fehlen.