Mehr als 200 Bergleute sind in der Türkei beim schwersten Grubenunglück seit Jahrzehnten ums Leben gekommen. Hunderte Kumpel seien noch immer in dem Kohlebergwerk in Soma im Westen des Landes eingeschlossen, sagte Energieminister Taner Yildiz am Mittwoch vor Ort. „Wir befürchten, dass die Zahl der Toten noch steigen wird.“
Die Hoffnung, dass die Rettungskräfte Stunden nach der Katastrophe Lebende aus der Grube befreien könnten, schwinde. Yildiz hatte in der Nacht zu Mittwoch erklärt, zum Zeitpunkt der Explosion am Dienstagnachmittag hätten sich vermutlich 787 Arbeiter in der Zeche aufgehalten. Es sei Schichtwechsel gewesen, daher sei die Zahl so hoch, aber auch schwer zu schätzen.
Rund 80 Menschen wurden verletzt, darunter auch mehrere Rettungskräfte. Bergarbeiter sagten, unter Tage brenne es noch immer. Über dem Bergwerk standen dichte Rauchwolken. Viele der geborgenen Toten seien erstickt, sagte Energieminister Yildiz. Die Rettungskräfte pumpten Frischluft in die Kohlegrube, in der Hoffnung, dass die Eingeschlossenen überleben könnten.
Ein Kühlhaus, in dem sonst Lebensmittel gelagert werden, diente als Leichenhalle. Auch in Kühllastern lagen Tote. Das Krankenhaus der Stadt war überfüllt. Tausende Angehörige und Kollegen drängten sich vor dem Gebäude und hofften auf Nachrichten. Sicherheitskräfte riegelten den Eingang zur Grube ab, damit die verzweifelten Familien und Kumpel nicht die Rettungsarbeiten behinderten.
Ursache der Katastrophe war eine Explosion der Stromanlage, die ein Feuer auslöste. Wegen des Stromausfalls konnten die Bergleute nicht über die Aufzüge an die Oberfläche gelangen. Im Internet kursierten Aufrufe zu Protestkundgebungen vor der Zentrale des Bergwerk-Betreibers Soma Komur Isletmeleri in Istanbul. Das Unternehmen hatte am Dienstagabend in einer kurzen Mitteilung erklärt, es habe einen schweren Unfall in einer Grube gegeben, aber nur wenige Details genannt.
Soma liegt rund 120 Kilometer nordöstlich der Küstenstadt Izmir im Westen des Landes. Das bislang schwerste Grubenunglück in der Türkei ereignete sich 1992 in der Provinz Zonguldak am Schwarzen Meer. Damals kamen durch eine Gasexplosion 263 Arbeiter ums Leben. In derselben Region wurden im Mai 2010 bei einer weiteren Gasexplosion 30 Bergleute getötet.