Politik

Waffen für Kurden: Türkei stoppt Transall-Flugzeuge der Bundeswehr

Lesezeit: 3 min
21.08.2014 00:39
Die Türkei ist irritiert über die geplanten deutschen Waffenlieferungen an die Kurden: Nach Ansicht Ankaras könnten die Waffen in die Hände der immer noch als Terror-Organisation eingestuften PKK gelangen. Die Türkei stoppte am Mittwoch vorübergehend drei Transall-Flugzeuge auf ihrem Flug in den Nordirak. Die Türken wollten die Maschinen nicht auf dem Nato-Stützpunkt in Incirlik haben. Die Türkei vollzieht seit einiger Zeit eine Annäherung an Russland.
Waffen für Kurden: Türkei stoppt Transall-Flugzeuge der Bundeswehr

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die kurdische Separatisten-Organisation PKK wurde in Europa und in den USA bisher als terroristische Vereinigung eingestuft. Doch derzeit nimmt der Westen eine Neubewertung der Separatisten vor.

Die USA liefern Waffen an die PKK und unterstützen sie in ihrem Kampf gegen die Mitglieder der Organisation „Islamischer Staat“. Die Terroristen der PKK erhalten also Unterstützung von den USA, um islamistische Terroristen im Irak auszuschalten, berichtet die Washington Post.

Deutschland will den Kurden im Nordirak Waffen liefern, um sie in ihrem Kampf gegen die radikalen Islamisten zu unterstützen. "Wir sind bereit, so bald wie möglich auch solche Hilfe für die Kurden auf den Weg zu bringen", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Berlin. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ergänzte: "Isis muss gestoppt werden, und den Menschen muss geholfen werden." Binnen einer Woche solle nun geprüft werden, welche Waffen für die Kurden zweckmäßig seien, nur eine kurze Einweisung brauchten und in Bundeswehrbeständen zur Verfügung stünden. Dann werde die Bundesregierung in enger Abstimmung mit den europäischen und internationalen Partnern über weitere Schritte entscheiden. Vor Deutschland hatten sich in Europa bereits Großbritannien, Frankreich und Italien zu Waffenlieferungen an die Kurden bereiterklärt.

Die Minister gingen nicht darauf ein, welche Rüstungsgüter konkret den Peschmerga-Kämpfer im Nordirak übergeben werden könnten. Die Kurden hatten zuletzt aber vor allem auf panzerbrechende Waffen gedrungen. Die Extremisten-Miliz Islamischer Staat, die sich zuvor Isis nannte, hat von der irakischen Armee gepanzerte Fahrzeuge erbeutet, für deren Bekämpfung Kleinwaffen wie Sturmgewehre nicht ausreichen.

Es wird daher spekuliert, die Bundeswehr könnte den Peschmerga Panzerabwehr-Raketen des Typs Milan überlassen, von denen noch aus den Zeiten des Kalten Krieges große Bestände in den Depots der Streitkräfte lagern. Die Raketen stehen teilweise vor dem Ende ihrer militärischen Lebensdauer und brauchen nach Aussage von Militärexperten nur eine etwa einwöchige Einweisung. Es handelt sich um Hightech-Waffen, die die Radpanzer der Islamisten bekämpfen könnten. Sie ließen sich aber auch gegen eine modern ausgerüstete westliche Armee einsetzen, was in Zukunft zu einem Problem werden könnte. Spekuliert wird daneben auch über Maschinengewehre und Geländewagen aus Bundeswehrbeständen. Zudem erwägt die Bundesregierung nach eigenen Angaben die Lieferung robuster Fahrzeuge wie Unimogs.

Doch das Wort „Kurdistan“ löst vor allem bei Türken große Irritationen aus. Denn die von den kurdischen Separatisten geforderten Gebiete schließen einen Großteil der Ost-Türkei ein. Steinmeier weiß, dass er mit seinen Worten den Kurden-Separatismus im Osten der Türkei anspricht. Doch auch in Deutschland gilt die PKK als Terrororganisation, meldet das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Sie nutzt Deutschland als Rückzugs-Gebiet und verfügt über ein dichtes Netzwerk. Deutschland gilt als „Wirtschafts-Zentrum“ der PKK. Das Netzwerk finanziert sich über Erpressung, Drogenhandel und Geldwäsche.

Prompt hat die PKK die neue geopolitische Lage genutzt und die Türkei im Süden angegriffen. Die Nato könnte zwischen die Fronten geraten.

Deutsche Waffenlieferungen könnten zu einer massiven Aufrüstung der kurdischen Separatisten führen. Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass die PKK die Waffen aus Deutschland nicht auch gegen den deutschen Nato-Partner Türkei einsetzt. Dann würde der Nato-Bündnisfall eintreten. In solch einem Fall müsste sich die Bundesregierung auf die Seite der Türkei stellen. Die Feinde wären dann die Separatisten, die Deutschland zuvor aufgerüstet hatte.

Ein Sprecher des Bundesverteidigungs-Ministeriums sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass der Umfang der Waffenlieferungen noch nicht fest stehe. Es gebe ein internes Prüfungspapier, wo die verfügbaren Materialien aufgelistet sind. Ein Teil der Materialien sei nicht mehr brauchbar.

Seit dem 15. August unterstützt die Bundesregierung die Kurden im Nordirak mit humanitärer Hilfe. Am Wochenende wurde 36 Tonnen an Lebensmitteln und Sanitätsmaterialien in den Nordirak geflogen.

Am Mittwoch kamen die Hilfslieferungen ins Stocken. Drei Transall-Flugzeuge mit 20 Tonnen an Gütern sollten auf dem türkischen Nato-Stützpunkt in Incirlik einen Zwischenstopp machen. Doch die Türkei verweigerte Deutschland die Lande-Erlaubnis. Die Bundesregierung musste den Flug verschieben, berichtet der Deutschlandfunk. Die einzureichenden Dokumente sollen unvollständig gewesen sein. Doch am selben Tag gab die Türkei grünes Licht für weitere Flüge in Richtung Nordirak.

Ankara beäugt die Transporte mit Argwohn. Sie fürchtet, dass die Bundesregierung die PKK versorgen und bewaffnen will. Doch die Türken verhalten sich wie in der aktuellen Spionage-Affäre auffällig ruhig. Allerdings hatte Premier Erdogan in den vergangenen Wochen eine Abkehr von den USA vollzogen - und versucht, sich mit den Russen zu verbinden. Dies könnte ein erhebliches Dilemma für die Nato bedeuten.

In den vergangenen Jahren hatte die Türkei immer wieder Stellungen der PKK im Nordirak bombardiert. Die Organisation verlangt seit 1978 einen unabhängigen Kurden-Staat. Sie erhebt territoriale Ansprüche auf die Türkei, Syrien, den Iran und den Irak.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Iran-Israel-Konflikt: Führt das Krisentreffen in Israel mit Baerbock und Cameron zur Deeskalation?
17.04.2024

Bei Gesprächen mit israelischen Politikern bemühen sich Annalena Baerbock und David Cameron, einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den...

DWN
Politik
Politik Günstlingswirtschaft und Gefälligkeiten: Stephan Weil in Niedersachsen am Pranger
17.04.2024

In Berlin steht Kai Wegner (CDU) unter Verdacht, seine Geliebte mit einem Senatorenposten bedacht zu haben. Ursula von der Leyen (CDU)...

DWN
Technologie
Technologie Fluch oder Segen? – Was man aus Müll alles machen kann
17.04.2024

Die Welt ist voller Müll. In den Ländern des globalen Südens gibt es teilweise so viel davon, dass Menschen auf Abfallbergen ihr Dasein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzrekorde im März: Nachwehen der Coronahilfen
17.04.2024

Deutsche Unternehmen klagen aktuell viel über die Umstände – und die Unternehmensinsolvenzen sind auch auf Rekordniveau. Ein Grund...

DWN
Politik
Politik Vor G7-Treffen: Baerbock warnt vor Eskalationsspirale im Nahen Osten
17.04.2024

Die Grünen-Politikerin hat vor einem Treffen der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen in...

DWN
Politik
Politik Die Zukunft der EU als Wirtschaftsstandort: DIHK-Befragung zeigt Stimmungstief
17.04.2024

Wie beurteilen Unternehmen die Lage der Europäischen Union? Eine Befragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Studie: Immer mehr Menschen heben Geld im Supermarkt ab
17.04.2024

Geldabheben beim Einkaufen wird in den Supermärken immer beliebter. Für Händler könnten die zunehmenden Bargeldauszahlungen jedoch...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation in Eurozone fällt auf 2,4 Prozent
17.04.2024

Im Herbst 2022 erreichte die Inflation in der Eurozone ein Höchststand von mehr als zehn Prozent, jetzt gibt es den dritten Rückgang der...