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Fortschritt wird verweigert: Mittelstand ignoriert Digitalisierung

Der Mittelstand verweigert sich der Digitalisierung. Die Unternehmer erkennen zwar die Bedeutung, aber investieren nicht in digitales Know-How. Ausgerechnet die Landwirte sind bei der technischen Aufrüstung führend.
18.09.2014 18:02
Lesezeit: 2 min

Die meisten mittelständischen Unternehmen in Deutschland erkennen (77 Prozent), dass sich durch die Digitalisierung die wirtschaftlichen Abläufe hinsichtlich Geschwindigkeit, Möglichkeiten und Reichweiten grundlegend ändern werden. Doch für 49 Prozent das Thema Digitalisierung derzeit nicht relevant. Auch die Größe eines Unternehmens spielt für den Einsatz digitaler Energien eine bedeutende Rolle.

Nur bei jedem zweiten Unternehmen ist Digitalisierung Bestandteil der Unternehmensstrategie. Davon wiederum treiben 30 Prozent das Thema aktiv voran. Der Rest reagiert lediglich auf Kundenwünsche oder Wettbewerbsanforderungen, so die Ergebnisse der Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK Enigma unter 1.000 mittelständischen Unternehmen.

„Den Entscheidern im Mittelstand ist durchaus bewusst, dass sie sich dem Fortschritt stellen müssen und das Thema Digitalisierung stärker in das unternehmerische Denken und Handeln einbeziehen sollten. Der Handlungsdruck scheint aber gering“, so Stefan Zeidler, Firmenkundenvorstand der DZ BANK, dem Auftraggeber der Studie.

Insgesamt sei das Thema Digitalisierung für viele Unternehmen noch schwer zu fassen, so dass die Angst vor den Risiken, wie die fehlende Datensicherheit oder die Abhängigkeit von der Technik, die Chancen noch klar überlagere, so Zeidler.

Die Unternehmen, für die Digitalisierung derzeit bereits relevant ist, verfügen über ausreichend qualifizierte Mitarbeiter. Das für digitale Technologien zur Verfügung gestellte Budget ist jedoch überschaubar und wird auch in den kommenden drei Jahren kaum ansteigen. Bei der Mehrzahl der Unternehmen (47 Prozent) sind lediglich bis zu fünf Prozent vom Gesamtbudget für Investitionen in Digitalisierungsvorhaben eingeplant. Von ihren Hausbanken erwarten 40 Prozent der Mittelständler vor allem die Bereitstellung von leistungsfähigeren Zahlungsverkehrssystemen.

Mit steigender Umsatzgröße, ab 25 Millionen Euro pro Jahr, wächst auch die Bedeutung der Digitalisierung in den Unternehmen. In dieser Umsatzgrößenklasse spielt dieses Thema für mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen eine wichtige Rolle. Dahingegen sind es mit einem Anteil von 70 Prozent vorwiegend die kleinen Unternehmen mit einem Umsatz unter 5 Millionen Euro pro Jahr, für die der Einsatz digitaler Technologien im Herstellungs- und Wertschöpfungsprozess derzeit keine oder nur eine geringe Rolle spielt.

Dass die Bedeutung der digitalen Technologien in den nächsten drei Jahren steigen wird, davon sind alle befragten Unternehmen überzeugt. Grundsätzlich gehen 82 Prozent der Unternehmen davon aus, dass Digitalisierung notwendig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben. 77 Prozent der Befragten erwarten, dass sich die wirtschaftlichen Abläufe zum Beispiel hinsichtlich Geschwindigkeiten, Möglichkeiten und Reichweiten, grundlegend ändern werden. Nahezu jedes zweite Unternehmen gibt an, dass der Einsatz digitaler Technologien bereits heute die eigene Branche verändert habe.

Der Branchenvergleich zeigt, dass gerade die mittelständischen Unternehmen in der Agrarwirtschaft beim Einsatz digitaler Technologien vorn liegen. Hier spielt die Digitalisierung für 74 Prozent der Befragten bereits heute eine sehr wichtige bzw. wichtige Rolle. Daher überrascht es nicht, dass die überwiegende Mehrheit (70 Prozent) angibt, dass Digitalisierung ein Bestandteil der Unternehmensstrategie ist. Weitere Vorreiter beim Thema Digitalisierung sind die Unternehmen aus der Ernährungs- und Tabakbranche, von denen 64 Prozent die Bedeutung der Digitalisierung schon heute als sehr wichtig oder wichtig einstuften. Schlusslicht bildet der Handel, für den überproportional häufig (45 Prozent) Digitalisierung heute noch unbedeutend erscheint.

Zu den grundsätzlichen Chancen und Risiken beim Einsatz digitaler Technologien befragt, nannten 80 Prozent der mittelständischen Unternehmen als größtes Risiko die steigenden Anforderungen an die Datensicherheit. Ebenfalls kritisch betrachtet wird die Abhängigkeit der Unternehmen von der technischen Infrastruktur.

Gelassen betrachten die Unternehmen den steigenden Wettbewerb durch Startups und branchenfremde Anbieter. Bei den Vorteilen stehen technischen Prozesse eher im Fokus als die Datenanalyse. Eine wesentliche Chance beim Einsatz digitaler Technologien sehen die mittelständischen Unternehmen in effizienteren Prozessen und den damit einhergehenden Kosteneinsparungen. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch intelligente Produktionsprozesse und die Vernetzung von Abläufen werden ebenso als wichtige Chance im Zusammenhang mit Digitalisierung gesehen.

Die Mehrheit der Unternehmen (47 Prozent), für die das Thema Digitalisierung bereits heute relevant ist, beurteilen ihre Mitarbeiter als ausreichend qualifiziert. Daher überrascht es nicht, dass nur wenige Mittelständler (14 Prozent) in den nächsten zwölf Monaten planen, qualifizierte IT-Fachleute einzustellen. Allerdings ist deutlich erkennbar, dass das Thema Digitalisierung in Zukunft bei der Ausbildung in den mittelständischen Unternehmen an Bedeutung gewinnen wird: 41 Prozent der Unternehmen werden künftig die Ausbildung der eigenen Nachwuchskräfte stärker auf digitale Technologien ausrichten. Im Branchenvergleich liegt auch hier die Agrarwirtschaft mit 63 Prozent weit vorn.

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