Politik

Spanien: Wichtige Rajoy-Verbündete tritt zurück

Die Ministerpräsidentin der Region Madrid Esperanza Aguirre ist am Montag überraschend zurückgetreten. Sie galt als wichtige Stütze für die Politik des konservativen Premierministers Mariano Rajoy – auch wenn sie sich zuletzt zunehmend kritisch gegenüber dem Premier zeigte.
18.09.2012 10:02
Lesezeit: 2 min

Aktuell: Merkel gegen Hollande: Reformen statt Bankenunion

Nachdem zunächst der gesundheitliche Zustand Aguirres als Grund für den Rückzug angenommen wurde, wird nun vermutet, dass doch parteipolitische Gründe ausschlaggebend gewesen sein dürften.

Schon 2008, nach den Parlamentswahlen, die Mariano Rajoy damals zum zweiten Mal verloren hatte, wurde Aguirre als mögliche Gegenkandidatin für den Parteitag gehandelt. Sie konnte allerdings nicht ausreichend Delegierte auf ihre Seite bringen, um so die Parteiführung zu übernehmen.

In den vergangenen Wochen und Monaten wurde die Kritik Aguirres an der Regierung Rajoy stärker. Insbesondere gegen die Mehrwertsteuererhöhung, die noch vor einem Jahr Aguirre und Rajoy selbst bekämpften, als es Rodríguez Zapatero diese plante. Nach erfolgter Steuererhöhung kritisierte Aguirre die Entscheidung Rajoys öffentlich.

Die sozialistische Vorgängerregierung unter Rodríguez Zapatero hatte der Madrider Landesregierung nicht die Steuern ausgezahlt, die ihr zustanden. Rajoy machte dies ähnlich, obwohl er ein Parteifreund der neuen Ministerpräsidentin Aguirre war. Bei der letzten Zahlung behielt die Zentralregierung eine Milliarde Euro ein, und das wurde ihm von Aguirre am 3. September scharf kritisiert, denn so würde das Defizit der Landesregierung erhöht.

Anfang September gab es weitere interne Streitigkeiten. Mayor Oreja, baskischer PP-Politiker und Innenminister unter der Regierung Aznar, der die Terrorgruppe ETA stark bekämpfte, sowie Esperanza Aguirre widersetzten sich der ETA-freundlichen Politik Rajoys, die im Widerspruch zur bisherigen Politik der Volkspartei steht.

Die kürzliche Genehmigung der Freilassung des ETA-Mörders und Geiselnehmers Bolinaga wegen angeblicher Endphase seiner Nierenkrebserkrankung – was von der Gerichtsmediziner bestritten wird – hat in der PP für großen Unmut gesorgt. Dies wird die PP in den baskischen Landtagswahlen am 21. Oktober viele Stimmen kosten, denn es wird als Verrat an den Terroropfern und den PP-Wählern in der Region gewertet. Am selben Tag werden in Galizien vorgezogenen Landtagswahlen stattfindenden. Dort droht der PP starke Konkurrenz durch die neue Partei des ehemaligen Banesto-Präsidenten Mario Conde.

Die Landtagswahlen in Madrid im Mai 2011 gewann Aguirre zum dritten Mal seit 2003 mit einer historischen absoluten Mehrheit. Viele wählten Esperanza Aguirre, nicht die PP, die unter der Führung Rajoys profillos ist und keine wegweisenden Entscheidungen trifft. Solche Ergebnisse wird die PP nie mehr einfahren.

Unwahrscheinlich erscheint, dass Aguirre zusammen mit anderen unzufriedenen Leuten aus der PP eine neue Partei aufbauen wird. Wie sie selbst nach ihrem Rücktritt sagte, dachte sie stets, die Politik sei eine vorübergehende Beschäftigung, und acht Jahre seien eigentlich genug. Am Ende war sie 36 Jahre aktiv in der Politik.

Nachfolger Aguirres wird ihr Stellvertreter Igancio González – ein klarer Gegner Rajoys, der allerdings über weniger Charisma verfügt.

Eines scheint klar: Aguirre hat einen guten Zeitpunkt für einen Nachfolger gewählt, der bis 2015 Zeit hat, sich bekannt und beliebt zu machen. Ihre Entscheidung ist aber auch ein Schlag ins Kontor Rajoys, denn die Folgen der verfehlten Krisenpolitik der PP-Zentralregierung bei den zwei Landtagswahlen Ende Oktober werden von Bedeutung sein und könnten eventuell verheerend für Rajoys Zukunft als Premierminister sein.

Mehr Themen:

Nigel Farage nennt Van Rompuy einen „feuchten Lappen“: 3.000 Euro Strafe

Hohe Renten in Südeuropa gehen zu Lasten der Deutschen

Wirtschaftsspione unterwandern EU-Zentrale in Brüssel

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
06.06.2025

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen...

DWN
Politik
Politik Trump gegen Europa: Ein ideologischer Feldzug beginnt
06.06.2025

Donald Trump hat Europa zum ideologischen Feind erklärt – und arbeitet systematisch daran, den Kontinent nach seinen Vorstellungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die wertvollsten Marken der Welt: Top 5 fest in US-Hand
06.06.2025

Während die Weltwirtschaft stagniert, explodieren die Markenwerte amerikanischer Konzerne. Apple regiert unangefochten – China und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Star-Investorin: „Wir erleben eine neue Generation von KI-Gründern“
06.06.2025

US-Chaos, Trump und Kapitalflucht: Europas KI-Talente kehren dem Silicon Valley den Rücken – und bauen die Tech-Giganten der Zukunft vor...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturprognose unter Druck: Wie der Zollstreit Deutschlands Exporte trifft
06.06.2025

Zölle, Exporteinbrüche und schwache Industrieproduktion setzen Deutschlands Wirtschaft zu. Die aktuelle Konjunkturprognose gibt wenig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Internationale Handelskonflikte: So schützen sich exportorientierte KMU
06.06.2025

Ob Strafzölle, Exportverbote oder politische Sanktionen – internationale Handelskonflikte bedrohen zunehmend die Geschäftsmodelle...

DWN
Panorama
Panorama Musk gegen Trump: Politische Zweckbeziehung artet in öffentlichen Machtkampf aus – die Tesla-Aktie leidet
06.06.2025

Elon Musk und Donald Trump galten als Zweckbündnis mit Einfluss – doch nun eskaliert der Streit. Was steckt hinter dem Zerwürfnis der...

DWN
Politik
Politik Kim Jong Un stellt sich offen hinter Putin – USA schlagen Alarm
06.06.2025

Nordkorea liefert Soldaten und Waffen an Russland – und Kim Jong Un verspricht Putin bedingungslose Unterstützung im Ukraine-Krieg....