Politik

Niemand hört auf Merkel: EU-Staaten errichten Zäune gegen Flüchtlinge

Noch vor wenigen Tagen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt, Zäune seien keine Lösung in der Flüchtlingskrise. Doch in der EU hört niemand mehr auf sie: Am Donnerstag gab auch Österreich bekannt, dass ein Grenzzaun zu Slowenien errichtet wird.
28.10.2015 16:53
Lesezeit: 2 min

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Martin Trauth von der AFP hat eine interessante Übersicht erstellt, welche Länder ihre Grenzen mit Zäunen und Befestigungen sichern wollen:

Europa zäunt sich ein: In der Flüchtlingskrise geht es längst nicht mehr nur um Absperrungen an der Außengrenze der Europäischen Union. Nach Ungarn will nun auch Österreich eine Absperrung an Teilen seiner Grenze zum EU-Nachbarn Slowenien errichten. Ein Überblick über den Bau von Zäunen durch die EU-Mitgliedstaaten, um Flüchtlinge vom Grenzübertritt abzuhalten.

UNGARN: Die Regierung in Budapest hatte im August zuerst die Grenze zum Nicht-EU-Land Serbien mit 175 Kilometer Zaun und Stacheldraht dicht gemacht. Als die Flüchtlinge dann die Route über den Nachbarn Kroatien nahmen, baute Ungarn auch dort einen 41 Kilometer langen Zaun - es war die erste Absperrung seit Beginn der Krise zwischen zwei EU-Ländern. Der rechtskonservative Regierungschef Viktor Orban verkündete am Sonntag beim Brüsseler Sondergipfel zur Krise, sein Land befinde sich "nicht mehr auf der Route" der Flüchtlinge. Tatsächlich versuchen diese nun, über Slowenien nach Österreich und Deutschland zu gelangen.

ÖSTERREICH: Nach massiver Kritik aus Deutschland in den vergangenen Tagen will Wien nun mehrere Kilometer einer Absperrung um den Grenzübergang Spielfeld in der Steiermark errichten - offiziell wird von einer "technischen Sicherheitsmaßnahme" gesprochen. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte dem Sender Ö1, es gehe nicht darum, die Grenze "dicht zu machen". Vielmehr solle ein "geordneter, kontrollierter Zutritt" geschaffen werden. Außenminister Sebastian Kurz hatte schon vergangene Woche gesagt, es sei "falsch" zu sagen, dass Zäune nicht funktionierten.

GRIECHENLAND: Weil immer mehr Flüchtlinge über den Landweg aus der Türkei kamen, baute Griechenland schon 2012 einen zehn Kilometer langen doppelten Stacheldrahtzaun am einem Grenzabschnitt, an dem der Fluss Evros in das Nachbarland fließt. Seitdem kommen die Menschen fast ausschließlich in Booten über das Mittelmeer nach Griechenland, nur einige wenige durchschwammen in den vergangenen Jahren den Evros. Die EU-Kommission, die in Zäunen keine Lösung für die Krise sieht, wollte für das Bauwerk schon damals kein Geld geben, dafür beteiligte sich die Türkei mit mehreren Millionen Euro an der Finanzierung.

BULGARIEN: Wegen der wachsenden Zahl von Syrien-Flüchtlingen stellte Bulgarien im Sommer 2014 einen 30 Kilometer langen Stacheldrahtzaun an einem besonders unübersichtlichen Abschnitt der Grenze zur Türkei fertig. Von 2013 auf 2014 halbierte sich nach bulgarischen Angaben darauf die Zahl der illegalen Grenzübertritte. Anfang des Jahres beschloss die Regierung in Sofia, das drei Meter hohe Bauwerk weiter auszubauen.

SPANIEN war unter den EU-Ländern Vorreiter beim Zaunbau. Die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla im nordafrikanischen Marokko sind seit den 1990er Jahren mit meterhohen Zäunen umgeben worden. In Melilla ist das Bauwerk elf Kilometer lang. Anfangs war es nur drei Meter hoch, inzwischen sind es sechs Meter und besteht aus zwei großen Zäunen und dazwischen liegenden weiteren Absperrungen, die mit Bewegungsmeldern und Kameras gesichert sind. Dennoch versuchten in den vergangenen Jahren weiter tausende Menschen, die Absperrung zu überwinden.

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