Politik

Merkel-Vertrauter verschärft Ton gegen Putin: „Er zerstört alles“

Angela Merkel lässt den Ton gegen Russlands Präsident Putin verschärfen. Ihr Russland-Beauftragter Gernot Erler wirft Putin vor, die europäische Friedensordnung in Frage zu stellen. Im ZDF braucht Merkel die einschlägigen Fragen des Moderators Claus Kleber gar nicht zu beantworten: Sie enthalten alle Klischees, die Merkel immer schon mal zu Putin loswerden wollte.
09.12.2014 23:59
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist unzufrieden mit der Außenpolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie wirft ihm Wortbrüchigkeit vor. Der Russland-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Gernot Erler, sagte der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza:

„Was wir sehen ist eine wachsende Frustration der Kanzlerin gegen den russischen Präsidenten. Wladimir Putin hat ihr viel versprochen, aber bisher hat er nicht sein Wort gehalten. Das war beispielsweise beim Waffenstillstandsabkommen von Minsk der Fall, der im September ausgehandelt wurde.“

Erler sagte, er teile die Gefühle Merkels. Auch er sei „frustriert“, weil Putin „alles zerstöre, was in Minsk erreicht wurde“. Russland sei als Partner behandelt worden. Doch dieser Schritt sei vergebens gewesen. „Es führt kein Weg mehr zurück in diese Zeit“, so Erler.

Angela Merkel will in der Ukraine-Krise den Druck auf Russland nicht mindern. „Wir werden diese Probleme nicht überwinden, wenn wir die Dinge nicht klar beim Namen nennen“, sagte sie am Dienstag auf dem CDU-Parteitag in Köln.

Russland habe etwa mit der Annexion der Krim gegen internationales Recht verstoßen und mache Nachbarländer zu Einflusssphären. Zudem stelle Russland die europäische Friedensordnung infrage. „Das Ziel ist eine territorial unversehrte Ukraine“, die frei und selbstbestimmt über ihre Zukunft entscheiden könne, sagte Merkel. „Das ist die Durchsetzung der Stärke des Rechts.“

Merkel drohte Russland zugleich mit neuen Sanktionen. Sie wisse, dass diese schmerzhaft für die deutsche Wirtschaft seien. „Sie sind auch kein Selbstzweck. Aber sie werden beschlossen, wenn sie unvermeidlich sind.“

Die Kanzlerin hielt sich in einem ZDF-Interview eher bedeckt - was allerdings leicht möglich war, denn die Fragen des Moderators Klaus Kleber deckten im wesentlichen ab, was Merkel zu Putin vielleicht denkt, aber nicht sagen will:

„Treibt Sie die Sorge um, dass Russlands, dass Putins Hunger nach Territorium vielleicht noch nicht gestillt sein könnte mit der Krim, und wie wollen Sie sich dagegen einstellen?“

„Die Weltlenker schauen immer auf Sie, als diejenige, die den engsten Draht zu Vladimir Putin hat. Spielt in Ihrem persönlichem Verhältnis miteinander das Wort Enttäuschung eine Rolle?“

„Die Menschen im Baltikum schauen sehr ängstlich auf ihren riesigen Nachbarn und fragen sich, ob denn das Wort der NATO tatsächlich hält, dass man notfalls das Baltikum verteidigt. Gilt das auch dann, wenn so etwas wie ein Tarnkappenangriff – ähnlich wie in Lugansk und Donezk – im Baltikum stattfindet? Ist denn vorstellbar, dass die NATO dann tatsächlich notfalls mit Waffen antwortet?“

Merkel sagte, dass Enttäuschung keine politische Kategorie sei und sie auf den Weg einer diplomatischen Lösung setze.

Ihr enger Vertrauter Erler ist allerdings der Ansicht, dass die von der EU verhängten Russland-Sanktionen ein großen Eindruck bei den Russen gemacht hätten. Russland verfüge über ausreichende Währungsreserven, um eine Wirtschafts-Krise zu verhindern. Allerdings habe der Kreml nicht mit einem geschlossenen Auftreten der Europäer gerechnet.

Erler wörtlich:

„Putins jüngste Entscheidung, den Bau von South Stream [einer Gaspipeline von Russland nach Italien] zu stoppen war ein Versuch, Zwietracht zu säen. Bulgarien, Ungarn und Serbien, also Länder, die - gelinde gesagt – Russland sehr zuvorkommend behandeln, werden am meisten unter dieser Entscheidung leiden. Vielleicht sollen sie auch gegen jene geschlossene Politik Europas mobilisiert werden.“

Große Sorgen bereiten dem Russland-Beauftragten die Luftrumverletzungen der russischen Luftwaffe. Die Londoner Denkfabrik European Leadership Network hat 40 Vorfälle zwischen April und Mitte November dokumentiert, die sich zwischen der Nato und Russland abgespielt haben. Allerdings haben sich die Vorfälle im internationalen Luftraum ereignet, auf den die Nato noch keinen exklusiven Anspruch hat.

Am vergangenen Wochenende, hat sich ein Geschwader von 24 russischen Bombern und Transportflugzeugen dem litauischen Luftraum genähert und die litauische Armee in Alarmbereitschaft versetzt. Doch Erler warnt die NATO davor, auf derartige Provokationen einzugehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Hitzeschutzplan für Sporttreibende: Das Gesundheitsrisiko soll gemindert werden
05.06.2025

Durch die Klimakrise wird es in Deutschland immer heißer. Gerade für Sporttreibende kann das im Sommer zur Gefahr werden: Mit ihrem neuen...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission startet Defizitverfahren gegen Österreich
05.06.2025

Österreich steht wegen seiner hohen Neuverschuldung unter Druck. Die EU-Kommission will ein Defizitverfahren einleiten – und könnte...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerentlastungen: Bundesregierung will Investitionen ankurbeln
05.06.2025

Steuerliche Anreize sollen die deutsche Wirtschaft aus der Flaute holen. Die Bundesregierung setzt auf Abschreibungsmöglichkeiten und eine...

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...