Politik

Gedenkfeier in Moskau: EU und USA betreiben „Verrat an der Geschichte“

Die italienische Corriere della Sera hält die Blockade der russischen Gedenkfeier zum Kriegsende durch die EU und die USA für völlig unverhältnismäßig: Es sei ungerecht, heute den Beitrag der Sowjetunion nicht anzuerkennen.
09.05.2015 02:02
Lesezeit: 1 min

Der Mailänder Corriere della Sera kommentiert unter dem Titel «Die Abwesenheit der Politiker ist Verrat an der Geschichte» die Feier des Sieges über Hitler-Deutschland in Moskau am 9. Mai:

«Die meisten westlichen Regierungschefs nehmen nicht an der Parade teil, mit der auf dem Roten Platz der 70. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg gefeiert wird. Am Sonntag kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Moskau, im Gepäck die schweren Erinnerungen und den deutschen Wunsch nach Frieden. (...) Aber der Fakt bleibt: Bei der zentralen Feier ist der Westen nicht vertreten. Alle wissen, dass es 1945 gegen den Nazifaschismus ein gemeinsamer Sieg war. Es wäre ungerecht, heute den Beitrag der Sowjetunion nicht anzuerkennen.

Ohne die 20 Millionen Toten der Sowjetunion wäre es schwierig gewesen, die Nazi-Divisionen zu stoppen und zu schlagen. Sich daran zu erinnern, bedeutet nicht, Stalin zu applaudieren oder das Unakzeptable zu vernachlässigen, was er und seine Erben Osteuropa zumuten. (...) Das Gewicht des Sieges von 1945 sollte aber überwiegen. (...)

Auch bei den Gedenkfeiern zur Landung in der Normandie war der Krim-Konflikt schon ausgebrochen. Russlands Präsident Putin war trotzdem nach Frankreich gereist. Es wäre niemandem eingefallen, dass die Russen die Gedenkfeier boykottieren könnten. (...) Die USA wollten nicht, dass Präsident Barack Obama neben Putin eine Militär-Parade am Roten Platz entgegennimmt. Die EU ist den Amerikanern einfach geschlossen gefolgt, wohl auch aus Angst, als zerstrittener Haufen zu erscheinen, wenn einige nach Moskau angereist wären ud andere nicht.»

Den 70. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Hitler feiert Russland an diesem Samstag in Moskau mit der größten Militärparade in der Geschichte des Landes. Moderne Panzer und Interkontinentalraketen rollen bei der Waffenschau über den Roten Platz. An der Seite von Weltkriegsveteranen nimmt Kremlchef Wladimir Putin die Siegesparade ab. An ihr nehmen auch rund 16.000 Soldaten sowie Kampfflugzeuge teil. In zahlreichen weiteren russischen Großstädten finden ebenfalls Militärparaden statt.

Viele westliche Politiker boykottieren die Gedenkveranstaltung wegen des neuen Kalten Krieges gegen Russland. Zahlreiche Staatsgäste auch aus der EU sind dennoch zur Siegesfeier nach Moskau gereist. Auch die Staatschefs von China und Indien nehmen an der Parade teil.

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