Politik

SPD-Chef Gabriel wirbt für Freihandel: TTIP senkt keine Standards

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagt, das TTIP wahre alle wichtigen Sozialstandards und schütze die kulturelle Vielfalt in Europa. Auch Angela Merkel macht Druck und will in Schloss Elmau Fortschritte über das umstrittene Freihandelsabkommen erzielen.
02.06.2015 08:08
Lesezeit: 2 min

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will das umstrittene EU-USA-Handelsabkommen TTIP retten und die massiven Vorbehalte der Bürger zerstreuen. In der TTIP-Debatte «stehen nach meinem Eindruck Ängste und Sorgen im Vordergrund, während über die Chancen zu wenig gesprochen wird», schreibt Gabriel in der Einladung für eine große Wirtschaftskonferenz, an der an diesem Dienstag in Berlin auch der Handelsbeauftragte von US-Präsident Barack Obama, Michael Froman, sowie EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström teilnehmen.

Durch TTIP («Transatlantic Trade and Investment Partnership») sollen doppelte Standards und Zölle wegfallen und mit 800 Millionen Verbrauchern der größte Wirtschaftsraum der Welt entstehen. Was genau in dem Abkommen steht, ist nur einem illustren Kreis bekannt: Auch die Abgeordneten zum Deutschen Bundestag dürfen in der US-Botschaft in Berlin nicht an die Vorlagen der Amerikaner, die nur für ausgesuchte Regierungsstellen einsichtig sind.

Gabriel betont, viele Bedenken der TTIP-Gegner seien grundlos. «Anders als häufig behauptet, wird TTIP etwa unsere hohen Standards beim Umwelt-, Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Sozialschutz und der öffentlichen Daseinsvorsorge wahren und unsere kulturelle und mediale Vielfalt unberührt lassen.» Verständlich sei hingegen die Kritik an den bei TTIP vorgesehenen Schiedsgerichten, vor denen Konzerne Staaten auf Schadenersatz verklagen könnten.

In der SPD gibt es erheblichen Widerstand gegen TTIP, was für Gabriel als Parteichef ein Problem ist. Gabriel hatte bereits beim CETA nachgeben müssen, obwohl er zuvor seiner Partei versprochen hatte, das Abkommen nicht zu unterzeichnen.

Gabriel hat sich auf einen Punkt festgelegt, der im TTIP eine besondere Rolle spielt: Das System der Schiedsgerichte soll komplett reformiert und ein EU-Handelsgerichtshof etabliert werden, der Streitigkeiten beilegen soll. Die einflussreichen Handelspolitiker im EU-Parlament hatten zuletzt mehrheitlich für eine Fortsetzung der Verhandlungen mit den USA gestimmt - das alte System der Schiedsgerichte aber in Frage gestellt.

Tatsächlich liegt das Problem des TTIP aber vor allem in der Beschleunigung des Lohn-Dumpings, wie ein unabhängiges Gutachten zeigt.

Die deutschen Wirtschaft fordert Brüssel und Washington auf, Tempo zu machen. «Die Verhandlungsführer aus Europa und den USA sollten den Rückenwind aus dem Europäischen Parlament nutzen, um nun konkrete Fortschritte in den TTIP-Verhandlungen zu erzielen. Die Dynamik darf jetzt in den Verhandlungen nicht verloren gehen», sagte Industriepräsident Ulrich Grillo der Deutschen Presse-Agentur.

Die TTIP-Befürworter fürchten, dass das Abkommen zur jahrelangen Hängepartie verkommt, wenn nicht vor der heißen Phase im US-Präsidentschaftswahlkampf ein Durchbruch erzielt wird. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will ebenfalls noch 2015 Erfolge sehen - und TTIP beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau prominent beraten.

Aus Sicht der Verbraucherorganisation Foodwatch ist durch TTIP eine klare Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln in Gefahr. In einer Stellungnahme spreche sich die EU-Kommission gegen verbindliche Angaben aus. Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode sagte der dpa: «Das Beispiel Herkunftskennzeichnung zeigt einmal mehr: Die Gefahr bei TTIP ist weniger, dass Standards gesenkt werden, sondern dass bestehende Regelungen in Zukunft nur noch sehr schwierig zu verbessern sind.»

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