Politik

Banken-Analyst: USA haben Machtwort zu Griechenland gesprochen

Lesezeit: 2 min
22.06.2015 10:59
Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, kommt in einer Analyse der Griechenland-Krise zu dem Ergebnis, dass die US-Regierung den Euro-Rettern am Wochenende klargemacht haben dürfte: Der Konflikt müsse beendet werden. Die Gründe: Ohne Griechenland als „Flugzeugträger“ im Mittelmeer wäre die Nato im Schwarzen Meer nachhaltig destabilisiert.
Banken-Analyst: USA haben Machtwort zu Griechenland gesprochen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Folker Hellmeyer, einer der sachkundigsten Beobachter der Euro-Krise, sieht die Zeichen in der Euro-Krise auf Kompromiss. Seine Beobachtungen decken sich mit einem Bericht der FT, in welchem Experten von US-Think Tanks vor einem Abdriften Griechenlans in die Arme Moskaus warnen. Die FT zitiert außerdem Angela Merkel und Francois Hollande, die beide die Bedeutung des Gipfels am Montagabend herunterspielen. Es sei noch genug Zeit in dieser Woche, um zu einer Einigung zu gelangen, sagte demnach Merkel. Hollande sagte, es reiche, wenn der Gipfel einen grundsätzliche Richtung festlegen würde, wie man zu einem Kompromiss kommen könne. Für beide geht es um viel Geld: Die Euro-Zone ist mit 340 Milliarden Euro in Griechenland im Feuer. Diese historisch hohe Summe aus Steuergeldern wäre bei einem Gexit unwiderruflich weg. 

Hellmeyer analysiert in seinem aktuellen Forex-Report die neuen Pläne der griechischen Regierung und die Reaktionen der Euro-Retter:

Es bestehen Hoffnungen, dass der letzte Vorhang dieses griechischen Dramas heute bevorsteht. Alle Augen sind auf Brüssel gerichtet.

Es ist aller Voraussicht nach das längste Drama, das Griechenland seit der Antike je lieferte. Der Spannungsbogen war bisweilen wegen Wiederholung der Szenen beeinträchtigt, da zwei griechische Protagonisten sich an keine Scripts und Regieranweisungen hielten und immer wieder Verhaltensweisen wiederholten, die dann erwartungsgemäß in dramatischen Sackgassen landeten.

Das führte zu einer gewissen Frustration und auch Langeweile bei den Zuschauern und der Regie.

Die Frage lautet heute:

Wird es eine Tragödie, gibt es eine tragfähige Lösung oder bereitet dieses Drama den Boden für weitere Dramen?

Die USA, die nicht direkt mit am Tisch sitzen, hatten am Wochenende eine klare Botschaft gesandt, die Krise jetzt zu bereinigen. Sieht so Achtung vor Souveränität aus? Dahinter steht fraglos geopolitisches Kalkül. Ohne den „Flugzeugträger“ Griechenland wären die USA im Mittelmeer und in der Folge im Schwarzen Meer nachhaltig destabilisiert. Die Machtposition der USA spielt erstaunlicherweise eine nicht unerhebliche Rolle in diesem Prozess der stolzen und selbstbestimmten Eurozone.

Vor diesem Hintergrund muss die Frage erlaubt sein, welches Selbstverständnis die Nationen der Eurozone in sich tragen. Das gilt umso mehr, als dass die Rechnungen der US-Geopolitik hier in Kontinentaleuropa bezahlt werden (Flüchtlinge, Sanktionen, Wachstumsverluste, Arbeitsplatzverluste, Wohlstandsverluste, rückläufige Sicherheit … Halten die USA sich an Sanktionen? – Exporte nach Russland +6% per 2014!).

Der neueste Vorschlag bezüglich der griechischen Reformliste erlaubt wohl berechtigte Hoffnungswerte auf eine Lösung. Die Reaktionen von Entscheidungsträgern der EU signalisieren den absoluten Willen, Griechenland im Euroraum zu halten und weiteres Chaos für die Menschen in Griechenland zu verhindern.

Die ersten Reaktionen an den Finanzmärkten weisen in diese Richtung.

Mehr zum Thema: Interview mit Hellmeyer zu den verhängnisvollen Konsequenzen der Russland-Sanktionen auf die EU-Staaten.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Ex-Militärberater Jörg Barandat: „Wasser und Energie sind untrennbar miteinander verbunden.“
19.05.2024

Wasser sollte nicht getrennt von anderen Faktoren wie Energie und Klima betrachtet werden, sagt Jörg Barandat, langjähriger Berater...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Im Sog der Krise: Chinas Immobilienbranche unter Druck
19.05.2024

Seit einigen Jahren belastet die Immobilienkrise China und beeinträchtigt das wirtschaftliche Wachstum. Die Geduld vieler Gläubiger...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft EU-Kommission unterstützt Lausitz: Auf dem Weg zum "Netto-Null-Valley"
19.05.2024

Wie kann man ohne die Freisetzung von Treibhausgasen produzieren? Das Kohlerevier in der Lausitz strebt danach, als Modellregion in Europa...

DWN
Politik
Politik 75 Jahre Europarat: Ein Jubiläum in turbulenten Zeiten
19.05.2024

Der einst stolze Europarat feiert sein 75-jähriges Bestehen, doch das Jubiläum findet inmitten von Krisen und Unsicherheit statt,...

DWN
Finanzen
Finanzen P2P-Kredite als alternative Geldanlage: Chancen und Risiken
19.05.2024

P2P-Kredite sind eine aufstrebende Anlageklasse, die Privatpersonen ermöglicht, direkt in den Kreditbedarf anderer Privatpersonen zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Erfolg zur Krise: Wie Adidas seine Dominanz im Sportmarkt verlor
19.05.2024

Adidas, einst ein Riese im Sportmarkt, kämpft nach katastrophalen Kooperationen und einem Börsenabsturz gegen den Aufstieg von Nike. Mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Kritik, nutzt Potenzial unzureichend
19.05.2024

Eine neue Studie der Stiftung Klimaneutralität zieht eine kritische Bilanz zur Rolle der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Demnach...

DWN
Politik
Politik Scholz verspricht Hilfe - Überschwemmungen im Saarland zeigen Naturgewalt
19.05.2024

Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte Kleinblittersdorf im Saarland, um nach den heftigen Regenfällen und Überschwemmungen Hilfe zu...