Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Deutschland und Österreich ist nach Einschätzung der EU-Kommission regelkonform. Die zeitlich begrenzten Maßnahmen seien sowohl notwendig als auch angemessen und entsprächen den Regeln des Schengen-Raums, erklärte die Brüsseler Behörde am Freitag. Die Entscheidungen in Berlin und Wien seien durch eine ernsthafte Bedrohung der inneren Sicherheit und der öffentlichen Ordnung bedingt, die durch den außergewöhnlichen Zustrom von Menschen auf der Suche nach internationalem Schutz hervorgerufen werde. Die Maßnahmen dienten dazu, die Kontrolle zurückzuerlangen.
Deutschland hatte die Kontrollen am 13. September eingeführt, Österreich am 16. September. An Landesgrenzen innerhalb des Schengen-Raums sind Kontrollen nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt erlaubt. Derartige Maßnahmen müssen von der EU-Kommission genehmigt werden.
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk fordert ein Umsteuern in der europäischen Flüchtlingspolitik. „Wir können nicht länger erlauben, dass Solidarität mit Naivität gleichgesetzt wird, Offenheit mit Hilflosigkeit, Freiheit mit Chaos“, sagte Tusk auf einem Treffen der europäischen Parteienfamilie in Madrid am Donnerstag. Tusk sagte, dass er damit die Situation an den Grenzen auf der sogenannten Balkan-Route meine.
„Wir können nicht länger den Eindruck erwecken, dass die große Welle an Migranten etwas ist, was wir wollen und dass wir eine durchdachte Politik der offenen Grenzen verfolgen“, fügte er hinzu. „Die Wahrheit ist: Wir haben unsere Fähigkeit verloren, unsere Grenzen zu schützen. Und deshalb ist unsere Offenheit keine bewusste Wahl, sondern eine Schwäche.“ Dies wurde in Madrid als Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewertet. Der aus Polen stammende Ratspräsident machte allerdings auch klar, dass er vor allem den Schutz der gemeinsamen EU-Außengrenzen meint. Diese müsse auch gemeinsam geschützt werden.
Zugleich kritisierte er in der Flüchtlingsdebatte scharf osteuropäische EU-Regierungen – ohne sie zu nennen: Man dürfe Populismus und Fremdenhass nicht nachgeben, „denn unser politisches Ziel sollte es sein, Europa gegen Rechtsextreme zu stärken – und nicht wie sie zu werden“. Tusk sagte, dass in der Debatte um eine solidarische Lastenverteilung „schändliche Argumente“ vorgebracht würden.
Österreich, Schweden und Slowenien haben wegen des Chaos bei der Versorgung der Flüchtlinge bereits Hilferufe in Richtung Brüssel geäußert.