Politik

Merkel leitet Kurs-Wechsel ein: Kontingente für Flüchtlinge

Angela Merkel leitet eine Kurs-Korrektur in der Flüchtlings-Politik ein: Statt der offenen Grenzen soll es nun Kontingente für Flüchtlinge geben. SPD-Chef Sigmar Garbriel schließt sich der Wende an und fordert ein Ende der „chaotischen Zuwanderung“. Praktisch dürfte das Konzept ohne massive Grenzsicherungen nicht funktionieren.
16.11.2015 22:54
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundeskanzlerin Angela Merkel vollzieht in der Flüchtlingspolitik eine Kehrtwende und fordert die Festlegung der Europäischen Union und der Türkei auf Kontingente. Zugleich betonte sie beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs von wichtigen Industrie- und Schwellenländern am Montag im türkischen Belek nahe Antalya, dass es dann nicht weiter zu illegaler Migration in die EU kommen dürfe. Sie machte erneut deutlich, dass Deutschland nicht einseitig eine Obergrenze festlegen könne. Dazu wird sie seit Wochen aus ihrer CDU und CSU gedrängt. Merkel argumentiert, das Grundgesetz kenne keine Obergrenze für Asylbewerber.

Sie sagte: „Wenn wir vorankommen wollen, müssen wir die illegale Migration möglichst beenden und dann muss man mit der Türkei darüber sprechen, über die Lastenteilung welche finanziellen Hilfen, welche Zahl von Flüchtlingen kann man aufnehmen und dann europaweit verteilen.“ Sie mahnte: „Aber es ist ganz, ganz wichtig, dass wir dann keine illegale Migration mehr haben. Solange wir die haben, können wir nicht über weitere Dinge reden.“

Der Prozess müsse „Zug um Zug mit der Türkei und der EU“ verabredet werden. „Da liegt sicher noch eine große Zahl von Diskussion innerhalb der Europäischen Union vor uns.“ Sie sagte: „Das ist der Weg, den wir den Flüchtlingen schuldig sind, das ist die Form von Lastenteilung, die wir der Türkei schuldig sind in unserer unmittelbaren Nachbarschaft und es ist die beste Art und Weise, mit dem Problem umzugehen.“

Das größte Problem für Merkel und die EU ist die Türkei, die nun das Problem für die Europäer lösen soll (Video am Anfang des Artikels): Die Türkei erpresst die EU seit längerem mit den Flüchtlingen. Sie geht hart gegen Flüchtlinge vor und kassiert, so Aussagen von Flüchtlingen, Schutzgelder von den Schleppern. Außerdem blüht in der Türkei der Markt mit gefälschten Pässen. Vor allem aber will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan freie Hand bei seinem Feldzug gegen die PKK. Amnesty International wirft der Türkei vor, die Menschenrechte der Flüchtlinge zu verletzen.

In den EU-Mitgliedsstaaten wird es für Kontingente genauso wenig Zustimmung geben wie für die Quote. Die Ost-Europäer werden sich nach den Pariser Anschlägen in ihrer harten Haltung bestätigt sehen – allen voran der ungarische Premier Viktor Orban. Polen hat bereits angekündigt, nach den Anschlägen aus der Quote auszusteigen. Die Osteuropäer werden die USA als Vorbild nennen, wo sich bereits jetzt der Widerstand gegen Flüchtlinge aus Syrien formiert.

SPD-Chef Sigmar Gabriel erwartet mit den angestrebten Kontingenten für Bürgerkriegsflüchtlinge im kommenden Jahr einen „Neustart in der Flüchtlingspolitik“. Anstelle der „chaotischen Zuwanderung“ sollten dann große Kontingente von Menschen zugelassen werden, die über sichere Fluchtrouten und unabhängig von Schleppern nach Deutschland und Europa kämen, sagte der SPD-Chef am Montag in Berlin. Dabei müsse das Motto gelten, „Frauen und Kinder zuerst“.

Sowohl Regierungssprecherin Christiane Wirtz als auch Gabriel betonten, dass neue Kontingent-Regelungen für Bürgerkriegsflüchtlinge nichts am Anspruch von Asylbewerbern nach Artikel 16a des Grundgesetzes ändern würden. Es werde in Deutschland „keine Einschränkung des Asylrechts“ geben, sagte der Vizekanzler.

Tatsächlich wird es der EU nur gelingen, eine geregelte Einwanderung zu ermöglichen, wenn die Außengrenzen gesichert werden. Doch auch die Binnengrenzen sind ein Problem: Bei dem Versuch, Schengen zu retten, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag, dass nach bisherigem Ermittlungsstand alle Terroristen EU-Bürger gewesen seien. Francois Hollande sagte in seiner Rede in Versailles, dass die EU zerfallen werde und Mauern und Stacheldraht errichten werden, wenn es nicht gelingt, die Außengrenzen zu schützen.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bahn: Sanierung des Schienennetzes dauert länger – die Folgen
05.07.2025

Die Pläne waren ehrgeizig – bis 2030 wollte die Bahn mit einer Dauerbaustelle das Schienennetz fit machen. Das Timing für die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt H&K-Aktie: Rüstungsboom lässt Aufträge bei Heckler & Koch explodieren
04.07.2025

Heckler & Koch blickt auf eine Vergangenheit voller Skandale – und auf eine glänzende Gegenwart und Zukunft. Der Traditionshersteller...