Politik

Anschlag in Istanbul: Türkei nimmt drei russische Staatsbürger fest

Lesezeit: 2 min
13.01.2016 10:52
Die Türkei versucht nach dem Anschlag von Istanbul, den Verdacht auf Russland zu lenken. Die Verhaftung von drei Russen könnte bedeuten, einen letzten Versuch des militärischen Einsatzes der Nato in Syrien zu erzwingen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die türkische Polizei hat einem Medienbericht zufolge nach dem Anschlag in Istanbul drei russische Staatsbürger mit angeblichen Verbindungen zur Terror-Miliz IS festgenommen. Die Polizei habe in deren Unterkunft in der Mittelmeerstadt Antalya auch zahlreiche Dokumente und CDs sichergestellt, meldete die Dogan News Agency am Mittwoch. Der russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge hat das russische Konsulat die Verhaftungen bestätigt.

Ob die Festnahmen in direktem Zusammenhang mit dem Anschlag von Istanbul standen, ist unklar. Antalya ist eines der beliebtesten Urlaubsziele von Deutschen in der Türkei.

Bei dem Anschlag im Zentrum Istanbuls sind am Dienstag zehn Menschen getötet worden, darunter mindestens acht Deutsche. Bereits wenige Minuten nach dem Ereignis, zu dem es objektiv kaum belastbare Fakten gibt, hatte der türkische Präsident Erdogan mitgeteilt, der Attentäter sei ein 1988 geborener Syrer gewesen, der für den IS kämpft. Fakten legte Erdogan nicht vor.

Erdogan hatte nach dem Anschlag angekündigt, die Türkei werde gegen alle ihre Feinde kämpfen. Erdogan sagte in Ankara, dass Russland versuche, einen Vasallen-Staat in Syrien zu errichten. Allerdings versucht die Türkei selbst, ihr eigenes Territorium auszudehnen. Erdogan sagte: „Russlands Anliegen ist nicht der Kampf gegen den IS. Ganz im Gegenteil. Russland möchte in der Region Latakia und im Umland einen syrischen ,Boutique‘-Staat errichten, um sich dort ein Betätigungsfeld zu schaffen. Dabei bombardiert Russland unsere turkmenischen Geschwister. Aus dieser Sicht war der Jet-Streit nicht der Grund für die Verschlechterung unserer bilateralen Beziehungen, sondern ein willkommener Anlass.“

Das Problem der Türkei: Die Russen und Syrer dringen in Syrien immer weiter nach Norden vor. Beobachter glauben, dass es ihnen in Kürze gelingen könnte, die Region Latakia vollständig vom IS zu befreien. Die Türkei wäre dann in dieser Region außen vor. Es ist gut denkbar, dass die Schuld-Zuweisung an die Russen Teil einer Strategie ist, die Niederlage in Syrien noch einmal abzuwenden: Denn wenn die Türkei als nächstes behauptet, zu wissen, dass der Täter aus Nord-Syrien kommt und die Nato um Beistand bittet, können sich die Nato-Staaten diesem Ruf nur schwer entziehen. Erdogan hat sich dieses Vorgehen offenbar beim französischen Präsidenten Hollande angesehen. Der hatte nach Paris allerdings die EU um Beistand gebeten. Bei der Nato fällt die Entscheidung in Washington, und da ist man auf Erdogan seit dem Abschuss der russischen Maschine und dem türkischen Alleingang im Nordirak nicht gut zu sprechen.

Russland hat die Anschläge umgehend verurteilt. Das Außenministerium teilt laut Zaman mit, dass die Anschläge ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit seien, dass die Staatengemeinschaft gemeinsam gegen den islamistischen Terror kämpfen müsse.

Vor dem Anschlag in Istanbul hatte der türkische Geheimdienst MIT vor Terrorangriffen auf Touristen im Land gewarnt. Die Zeitung Hürriyet berichtete, die Hinweise vom 17. Dezember und 4. Januar seien an Sicherheitsbehörden im ganzen Land gegangen. In den Warnungen hatte der MIT behauptet, Selbstmordattentäter der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seien ins Land eingedrungen. Sie könnten nach Istanbul oder Ankara weitergereist sein oder auch über die Türkei in andere europäische Länder ziehen.

Hürriyet berichtete, in der Warnung des MIT heiße es, der IS plane Selbstmordanschläge „auf in der Türkei lebende Nichtmuslime, Ausländer, Tourismusregionen, von ausländischen Besuchern stark frequentierte Orte oder auf Botschaften und Konsulate der entsprechenden Länder und auf NATO-Einrichtungen im Land“.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Hat von der Leyen Bulgarien Euro- Beitritt unter „Umgehung der Regeln“ in Aussicht gestellt?
05.06.2023

Ein angebliches Telefonat sorgt in Bulgarien für erhebliche politische Unruhe. Dabei soll EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen dem...

DWN
Politik
Politik Grüne Planwirtschaft: Energie-Effizienz-Gesetz wird zum „Wachstumskiller“
05.06.2023

Das Ifo-Institut sieht durch das neue Energie-Effizienz-Gesetz eine Art Wirtschafts-Schrumpfungsprogramm auf uns zurollen. Das eigentliche...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU-Data-Act: Innovativ und souverän oder eher schädlich?
05.06.2023

Kleinen und mittelständischen Unternehmen werden laut Bestrebungen der EU-Kommission durch den Data Act bessere Wettbewerbsbedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmen können sich bald für „Klimaschutzverträge“ bewerben
05.06.2023

Mit sogenannten „Klimaschutzverträgen“ will Wirtschaftsminister Habeck Unternehmen subventionieren, die auf eine klimafreundliche,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Aufträge für deutsche Maschinenbauer brechen ein
05.06.2023

Deutsche Maschinenbauer haben mit einer anhaltend schlechten Auftragslage zu kämpfen. Nach einer leichten Erholung im Vormonat gab es im...

DWN
Politik
Politik Im Kosovo rächen sich jetzt alte Fehler des Westens
04.06.2023

Die jüngsten Ausschreitungen im Kosovo hatten zwar einen aktuellen Anlass. Doch die Lunte an das Pulverfass war schon viel früher gelegt....

DWN
Finanzen
Finanzen Amerikas Bankenkrise, Teil 2: Welche Schäden verursachen die Zinsanstiege?
04.06.2023

DWN-Finanzexperte Michael Bernegger beschreibt, welche strukturellen Gründe hinter der Bankenkrise in den USA stehen - und warum diese...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Diebstahl und Gewalt machen US-Einzelhandel unprofitabel
04.06.2023

Der US-Einzelhandel leidet unter der ansteigenden Kriminalität. Der massive Anstieg von Diebstahl und Gewalt vernichtet den Profit. Das...