Politik

Per Notdekret: Italienische Regierung übernimmt Stahlwerk

Lesezeit: 1 min
02.12.2012 22:36
Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines gigantischen Umweltskandals gegen das größte Stahlwerk des Landes. Daraufhin hat Mario Monti per Notdekret angeordnet, dass der italienische Staat das Werk sanieren wird. Es geht um 25.000 Arbeitsplätze. Kosten der umweltgerechten Sanierung: 3 Milliarden Euro aus der Staatskasse.
Per Notdekret: Italienische Regierung übernimmt Stahlwerk

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Aktuell: Untreue-Vorwurf: ThyssenKrupp-Vorstand Claasen legt Amt nieder

Am Freitag übernahm die italienische Regierung die direkte Aufsicht des Ilva Stahlwerks im süditalienischen Tarent, berichtet das Wall Street Journal (WSJ). Es ist mit 12.000 Angestellten eines der größten Stahlwerke Europas und eine Säule der italienischen Industrie. Premierminister Mario Monti stellte ein Notdekret aus, um den weiteren Betrieb des Werkes zu gewährleisten, während eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung gegen das Unternehmen wegen Umweltverschmutzung durchgeführt wird.

Es besteht der Verdacht auf ein Komplott zur Umweltkriminalität, so das WSJ. Die Staatsanwaltschaft in Tarent untersuche, ob die Unternehmensführung des Ilva Stahlwerks zusammen mit italienischen Politikern und Behörden die möglichen gesundheitlichen Risiken heruntergespielt hat, die von den Abgasen des Werkes verursacht werden. Eine Reihe von Untersuchungen bringe den Tod von hunderten Menschen im Zeitraum von 2004 bis 2010 mit den Abgasen des Stahlwerkes in Zusammenhang.

Bereits im Juli seien acht Manager des Stahlwerkes wegen des Verdachts auf Umweltzerstörung festgenommen worden, berichtet das WSJ. Es gab jedoch keine Anklage und sie haben wiederholt jede Schuld bestritten. Das Stahlwerk habe alle italienischen und europäischen Gesundheits- und Umweltvorschriften erfüllt, so Ilva. Währenddessen macht die Belegschaft des Werkes Druck. In der letzten Woche haben Arbeiter mehrere Straßen in Tarent und Genua, einer norditalienischen Stadt mit einem weiteren Ilva-Werk, blockiert. Außerdem haben sie in Rom vor dem Parlament lautstark protestiert.

„Unser Eingreifen war notwendig, weil das Werk von strategischer Bedeutung für die Region und das Land ist“, wird Mario Monti vom WSJ zitiert. Er kündigte einen Umstrukturierungsplan im Umfang von 3 Milliarden Euro an, der die Emissionen des Stahlwerkes verringern solle. Die Finanzierung komme sowohl vom Unternehmen als auch vom Staat. So könne die Schließung des Werkes verhindert werden, die das Land 8 Milliarden Euro pro Jahr kosten würde, etwa 0,5 Prozent des BIP. Auch der Wegfall zehntausender Arbeitsplätze wäre eine weitere Belastung für die italienische Regierung.

Während die Stahlarbeiter bei Ilva ihre Entlassung befürchten, machen sich Hersteller in ganz Italien Sorgen um steigende Stahlpreise und verspätete Lieferungen. Denn wenn die Probleme in Tarent nicht gelöst werden, müssen sie ihren Stahl teurer etwa aus Deutschland importieren. Die zu erwartenden Zusatzkosten gehen in die Milliarden Euro.

Weitere Themen

Streit um ArcelorMittal beigelegt: EU rettet französisches Stahlwerk

Von der EU inspiriert: In Brüssel steht der hässlichste Weihnachtsbaum der Welt

Zwangsräumung in China: Kung Fu-Kämpfer vertreibt Schlägertruppe


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...