Politik

Nationalstaaten können Bargeld-Abschaffung nicht verhindern

Sollte sich auf EU-Ebene eine Abschaffung von Bargeld abzeichnen, können Nationalstaaten dies nicht verhindern. Dies gilt auch, wenn sie das Bargeld zuvor in den Verfassungsrang erheben, so Österreichs führender Verfassungsrechtler Heinz Mayer.
29.02.2016 01:29
Lesezeit: 1 min

Österreich will das Bargeld in den Verfassungsrang erheben. Doch das Anliegen ist rechtlich nicht umzusetzen. Einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist es nicht möglich, durch ein Verfassungsgesetz die Umsetzung von Europarecht zu verhindern. Nationales Recht kann nämlich nicht vom Europarecht ausgehebelt werden.

Der aktuelle Anlass der Diskussion in Österreich ist der Plan der österreichischen Regierung, die Abschaffung von Bargeld zu verhindern: Finanzminister Hans Jörg Schelling brachte einen Ministerratsvortrag ein, in dem die Bundesregierung Bargeld für „schützenswert“ erklären sollte. Gleichzeitig wolle man sich zum Erhalt von Bargeld verpflichten. Reinhold Lopatka, ein Parteikollege Schellings und der Obmann des ÖVP-Parlamentsklubs, wollte das Bargeld deshalb in der Verfassung verankern lassen.

Der Kurier zitiert Lopatkas Begründung: „Mit der Verfassungsbestimmung könnten wir unsere Bundesregierungsmitglieder binden, im EU-Rat einer Abschaffung des Bargelds nie zuzustimmen.“  Weil im EU-Rat Einstimmigkeit zur Abschaffung von Bargeld erforderlich sei, wäre das Bargeld für immer zementiert.

Doch rechtlich ist diese Herangehensweise nicht gedeckt: „Völliger Unsinn. Nationalstaaten können eine Bargeld-Abschaffung, sollte sie auf EU-Ebene entschieden werden, selbst mit einem Verfassungsgesetz nicht verhindern. Europarecht geht nationalem Recht vor, auch nationalem Verfassungsrecht“, sagte Heinz Mayer, Österreichs führender Verfassungsrechtler und ehemaliger Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien, den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

In Wien wurde am Donnerstag der Vorschlag Lopatkas bereits modifiziert: Die Regierung hat sich auf einen unverbindlichen „Entschließungsantrag für den Erhalt des Bargelds durch den Nationalrat“ geeinigt. Die österreichische Krone zitiert daraus: In diesem wird „als Ausdruck der verfassungsgesetzlich garantierten Privatautonomie“ die Regierung aufgefordert, „sich auf allen Ebenen der Europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft dafür einzusetzen, dass weiterhin der uneingeschränkte Zahlungsverkehr mit Euro-Banknoten und -Münzen durch keine Maßnahmen eingeschränkt und das Bargeld als Zahlungsmittel beibehalten wird.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik „Trump ist nur eine Episode“: Boltons Abrechnung mit dem Mann im Weißen Haus
18.05.2025

Während Europa nervös auf jeden Tweet aus Washington reagiert, warnt Ex-Sicherheitsberater John Bolton: Nicht Trump sprengt die NATO –...

DWN
Technologie
Technologie Cyberkriminalität: Nur ein Klick von der Katastrophe entfernt
18.05.2025

Cyberkriminalität ist zur globalen Supermacht aufgestiegen – mit höherem Schaden als die Volkswirtschaften Deutschlands und Japans...

DWN
Panorama
Panorama Whisky – die stets liquide Luxus-Geldanlage
18.05.2025

Wein, Uhren, Schmuck, Handtaschen, Kunst, Oldtimer – es gibt viele Möglichkeiten, in alternative Geldanlagen zu investieren. Die meisten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Marokko als chinesisches Tor zur EU – doch Handelskrieg könnte Riegel vorschieben
18.05.2025

Peking investiert Milliarden in Marokkos Industrie – doch geopolitische Spannungen und der drohende Protektionismus eines möglichen...

DWN
Politik
Politik Gefängnis, Gericht, Geschichte – Stammheim 50 Jahre nach dem RAF-Prozess
18.05.2025

Vor 50 Jahren begann in Stammheim der RAF-Prozess – ein juristisches Mammutverfahren gegen den Terror. Wie viel Rechtsstaat blieb im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Analyse: „Die alte Weltordnung ist am Ende – und sie wird nicht zurückkehren“
18.05.2025

Das Zeitalter des freien Welthandels ist vorbei – die Welt wird neu vermessen. China produziert, die USA rüsten sich, und Europa...

DWN
Politik
Politik Handelskriege auf Risiko – Trumps russisches Roulette mit der US-Wirtschaft
18.05.2025

Mit Zöllen, Drohungen und Handelskriegen will Washington die Industrie heimholen. Doch was, wenn der Revolver in der Hand des Präsidenten...

DWN
Finanzen
Finanzen Greg Abel übernimmt: Der stille Stratege hinter Warren Buffetts Milliarden-Imperium
17.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära. Doch an die Stelle des legendären Investors tritt kein charismatischer Visionär,...