Politik

Nach der Wahl: Koalitions-Poker in Stuttgart, Mainz und Magdeburg

Lesezeit: 2 min
14.03.2016 23:54
Die SPD will in Baden-Württemberg nicht der Verlockung erliegen, mit Hilfe der CDU Ministerpräsident Kretschmann zu stürzen. In Sachsen-Anhalt stehen die Chancen der Grünen nicht schlecht, erstmals in eine Regierung einzutreten. In Rheinland-Pfalz ist die FDP das Zünglein an der Waage.
Nach der Wahl: Koalitions-Poker in Stuttgart, Mainz und Magdeburg

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Deutschland herrschen seit der Landtagswahl italienische Verhältnisse.

Nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg will die SPD keine sogenannte Deutschland-Koalition mit CDU und FDP bilden. Der Landesvorstand beschloss einem Parteisprecher zufolge am Montagabend in Stuttgart, ein solches Bündnis auszuschließen. Spitzenkandidat Nils Schmid sagte demnach, die SPD werde dazu nicht die Hand reichen. Zuvor hatte neben der CDU-Führung auch EU-Kommissar Oettinger die Idee lanciert, den Wahlsieger Winfried Kretschmann durch eine andere Koalition zu Fall zu bringen. 

CDU und FDP hatten darauf spekuliert, die SPD für ein solches Bündnis gewinnen zu können. Bei der Landtagswahl am Sonntag waren die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann stärkste Kraft geworden. Allerdings verlor die bisherige grün-rote Koalition ihre Mehrheit. Rechnerisch möglich sind noch ein grün-schwarzes Bündnis oder eine Koalition aus Grünen, SPD und FDP. Ein Ampel-Bündnis stößt aber bei den Liberalen auf Widerstand.

Kretschmann will am Mittwoch erste Sondierungsgespräche mit SPD und FDP sowie mit der CDU führen. Die SPD bildete dem Sprecher zufolge auf der Vorstandssitzung am Montagabend dafür eine sechsköpfige Verhandlungskommission.

In Sachsen-Anhalt wollen Grüne und SPD mit der CDU die Chancen für eine gemeinsame Regierungsbildung ausloten. Die Landesvorstände von Grünen und Sozialdemokraten beschlossen am Montagabend in Magdeburg jeweils einstimmig die Aufnahme von Sondierungsgesprächen. Die SPD-Landesvorsitzende Katrin Budde, die nach dem Wahldebakel ihrer Partei erheblich unter Druck geraten war, lässt ihr Amt vorerst ruhen.

Die bisherige schwarz-rote Koalition von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte bei der Landtagswahl am Sonntag ihre Regierungsmehrheit verloren. Um auch künftig weiter regieren zu können, strebt Haseloff nun eine Koalition mit SPD und Grünen an. Die ersten Sondierungsgespräche sind für Mittwoch geplant.

Der Landesvorstand der Grünen erklärte, die Gespräche über ein Dreierbündnis müssten der "demokratisch-ökologischen Erneuerung" Sachsen-Anhalts dienen. Am 1. April ist ein Landesdelegiertenrat geplant, der über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abstimmen soll.

Die grüne Spitzenkandidatin Claudia Dalbert hatte zuvor angekündigt, ihre Partei werde eine Regierungsbeteiligung "sehr, sehr sorgfältig prüfen". Sie betonte zugleich, am Ende müsse eine klare grüne Handschrift erkennbar sein. Die Grünen hatten am Sonntag 5,2 Prozent der Stimmen erhalten.

Haseloff selbst rechnet mit einer "etwas komplizierteren" Regierungsbildung, zeigte sich aber optimistisch, dass "wir diese Regierung in den nächsten Wochen zustande bekommen". Der SPD-Landesvorstand beriet am Montagabend auch über das schlechte Abschneiden bei der Wahl. Die SPD war auf 10,6 Prozent abgestürzt. Budde, die Spitzenkandidatin ihrer Partei war, hatte zunächst persönliche Konsequenzen abgelehnt. Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen soll nun ein neuer Landesvorstand gewählt werden. Budde lässt ihr Amt bis dahin ruhen.

Zuvor hatte auch der langjährige Fraktionschef der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, seinen Rückzug angekündigt. "Nach dieser Wahl befinden wir uns in einer neuen Phase der politischen Auseinandersetzung, wofür es neue Ideen und neue Gesichter braucht", erklärte Gallert, der auch Spitzenkandidat seiner Partei war. Er habe den Beschluss bereits vor einigen Monaten gefasst. Gallert schlug den finanzpolitischen Sprecher der Fraktion, Swen Knöchel, als seinen Nachfolger vor.

In Rheinland-Pfalz will die SPD möglichst bald Gespräche mit FDP und Grünen über eine Ampel-Koalition aufnehmen. Der Landesvorstand beschloss einem Parteisprecher zufolge am Montagabend einstimmig, noch in dieser Woche Sondierungsgespräche mit beiden Parteien aufzunehmen. Damit wird es zunächst keine Gespräche mit der CDU geben.

Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hatte die bisherige rot-grüne Koalition ihre Mehrheit verloren. Die SPD wurde aber stärkste Kraft. Rechnerisch möglich sind eine Ampel-Koalition und ein Bündnis von SPD und CDU. Auch eine große Koalition schließt die SPD nicht aus, ihre Präferenz liegt aber auf einer Ampel-Koalition.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte bereits nach Gremiensitzungen der Bundes-SPD in Berlin betont, eine große Koalition sei nur für "Notsituationen". Die FDP steht einem Dreier-Bündnis mit SPD und Grünen allerdings zurückhaltend gegenüber. Dreyer richtet sich auf eine langwierige Regierungsbildung ein. "Gespräche mit Hand und Fuß werden Zeit brauchen", sagte sie am Montagabend in Mainz. Es werde kompliziert.

Die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner hob hervor, dass der Ball nun im Feld von Dreyer liege. Diese müsse jetzt eine stabile Koalition hinbekommen. Trotz der Verluste für die Union bleibt Klöckner Landesvorsitzende. Sie sei gebeten worden, die Partei weiter zu führen, sagte Klöckner nach einer Landesvorstandssitzung. Sie stehe zur Verfügung.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...