Politik

Verhafteter von Molenbeek verweigert Auslieferung nach Frankreich

Lesezeit: 2 min
19.03.2016 23:13
Der bei einer Razzia in Brüssel festgenommene Salah Abdeslam befindet sich noch in Belgien. Seinem Anwalt zufolge werde sich sein Mandant weigern, das Land zu verlassen. Frankreich drängt jedoch auf eine rasche Auslieferung. Frankreichs Regierung erklärt, dass dieser Mann der Drahtzieher der Anschläge von Paris gewesen sein soll.
Verhafteter von Molenbeek verweigert Auslieferung nach Frankreich

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach der Ergreifung eines Mannes namens Salah Abdeslam in Brüssel dringt Frankreich auf die rasche Auslieferung des mutmaßlichen Paris-Attentäters. Abdeslams Anwalt erklärte jedoch am Samstag, sein Mandant wolle sich dagegen wehren. Dass Abdeslam bei einem Polizeieinsatz in Brüssel festgenommen werden konnte, wurde von Paris als „wichtiger Schlag“ gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Europa gewertet.

Abdeslam, ein mutmaßlicher Komplize sowie drei Menschen, die ihnen Unterschlupf gewährt haben sollen, waren am Freitag bei einer Großrazzia im Brüsseler Stadtteil Molenbeek festgenommen worden. Der Franzose marokkanischer Abstammung, nach dem vier Monate lang gefahndet wurde, soll bei der Vorbereitung und Ausführung der Pariser Anschläge vom November mit 130 Toten eine entscheidende Rolle gespielt und vor allem logistische Hilfe geleistet haben.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande sagte am Freitagabend, Abdeslam müsse „so schnell wie möglich“ von Belgien ausgeliefert werden. Am Samstag beriet er mit Ministern und Sicherheitsvertretern über die nächsten Schritte. Nach dem Dringlichkeitstreffen sagte Innenminister Bernard Cazeneuve, die Erfolge der Woche seien ein „Schlag“ gegen den IS. Mehrere „extrem“ gefährliche Verdächtige seien dingfest gemacht worden, Abdeslam werde sich vor der französischen Justiz verantworten müssen.

Das jedoch wollen Abdeslam und seine Verteidigung verhindern: Sein Anwalt Sven Mary sagte nach einer Anhörung am Sitz der Bundespolizei in Brüssel, er könne bereits jetzt sagen, „dass wir seine Auslieferung nach Frankreich ablehnen werden“. Demnach wurde sein Mandant offiziell wegen der Pariser Anschläge beschuldigt und in vorläufige Haft genommen.

Erleichtert über die Festnahme zeigte sich unterdessen Abdeslams Familie. Die Anwältin seines Bruders Mohammed sagte im belgischen Fernsehen, ihr Mandant wolle im Namen seiner Familie die Botschaft übermitteln, dass alle ein „Gefühl der Erleichterung“ verspürten. In erster Linie fühle die Familie so, weil Abdeslam lebend gefasst wurde, sagte Nathalie Gallant dem Sender RTBF. „Das war eine ihrer Hoffnungen.“

Ebenfalls erleichtert, allerdings aus anderen Gründen, zeigten sich auch mehrere Vertreter der Opfer der Pariser Anschläge. Nun sei ein „wirklicher Prozess“ gegen einen Verdächtigen möglich, der zweifellos an den Attacken beteiligt gewesen sei, erklärte Georges Salines, der eine Gruppe von Überlebenden und Angehörigen leitet. Andere versprachen sich von einem Prozess auch einen Einblick in das Denken junger Menschen, die sich derart radikalisierten.

Nach der Ergreifung von Abdeslam wird nun noch nach zwei Verdächtigen gefahndet, die an den Anschlägen beteiligt gewesen sein sollen. Einer von ihnen ist Mohamed Abrini, der andere Soufiane Kayal, allerdings ist dessen Identität nicht genau geklärt. Die internationale Polizeibehörde Interpol rief alle Mitgliedsländer zu erhöhter Wachsamkeit bei Grenzkontrollen auf, um eine Flucht möglicher Komplizen zu verhindern.

Vor den Pariser Anschlägen hatte Abdeslam offensichtlich in Ulm mögliche Komplizen abgeholt. Wie der Südwestrundfunk unter Berufung auf polizeiliche Ermittlungen berichtete, fuhr er in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober mit einem auf seinen Namen angemieteten Wagen nach Ulm und offenbar nach nur rund einer Stunde wieder zurück. Bei dem Abstecher könnte er drei Männer, die sich als Syrer ausgegeben hatten, aus einer Flüchtlingsunterkunft abgeholt haben, in deren Nähe er geparkt hatte. Die drei Männer fehlten dort seither, berichtete der SWR.

 

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...