Finanzen

Nordrhein-Westfalen: Der kranke Mann Deutschlands

In Nordrhein-Westfalen schrumpfte im vergangenen Jahr die Industrieproduktion, das Bruttoinlandsprodukt stagniert. Damit landet das bevölkerungsreichste Bundesland am Ende der Rangliste in Deutschland. Angeführt wird diese von Baden-Württemberg.
30.03.2016 17:50
Lesezeit: 2 min

Am Mittwoch wurden die Daten zum Wirtschaftswachstum der einzelnen Bundesländer 2015 von den Statistischen Landesämtern bekannt gegeben. Besonders enttäuschend sind die Zahlen aus Nordrhein-Westfalen. Hier stagnierte die wirtschaftliche Entwicklung.

Das gesamtdeutsche Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betrug im letzten Jahr real 1,7 Prozent. Dabei ist die Spannweite der Bundesländer um diesen Mittelwert recht hoch: Sie reicht von Stagnation bis zu einer Rate von 3,1 Prozent. Insgesamt überwiegen allerdings die Länder mit einem zumindest durchschnittlichen Wachstum deutlich. Die Spitzengruppe mit Werten zwischen 2,4 Prozent und 3,1 Prozent setzt sich aus dem Saarland, Brandenburg, Bremen, Berlin und Baden-Württemberg zusammen.

Dann folgen Bayern und Niedersachsen (jeweils 2,1 Prozent). Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Hessen und Sachsen sind eng um den deutschen Durchschnitt gruppiert. Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen weisen mit 1,4 Prozent und 1,1 Prozent immerhin noch deutliche Wachstumsraten auf, während in Sachsen-Anhalt (0,1 Prozent) und NRW die Wirtschaft stagnierte, wie die Helaba in ihrem Regionalfokus meldete.

Dass trotz der zahlenmäßigen Übermacht der Wachstumsländer nicht ein höheres Durchschnittswachstum erreicht werden konnte, liegt an dem wirtschaftlichen Gewicht der einzelnen Bundesländer. So bremst NRW mit einem Anteil am deutschen BIP von 21 Prozent und seinem Null-Wachstum die gesamtdeutsche Rate 2015 erheblich. Wäre dort eine leicht unterdurchschnittliche Wachstumsrate erzielt worden, hätte sich das BIP-Wachstum in Deutschland auf 2 Prozent erhöht.

Die Wirtschaft in Baden-Württemberg ist 2015 so kräftig gewachsen wie in keinem anderen Bundesland. Hauptgrund für den Boom im Südwesten: Die exportstarken Industrieunternehmen wuchsen mit 4,6 Prozent fast drei Mal so stark wie der Bundesdurchschnitt. Zudem trägt die Industrie in Baden-Württemberg zu einem Drittel zur Wirtschaftsleistung bei, in Gesamtdeutschland dagegen nur zu 22,6 Prozent.

Neben diesen kurzfristigen Betrachtungen ist es wichtig, das Wirtschaftswachstum über einen längeren Zeitraum zu analysieren. Hierbei weichen die Ergebnisse der Bundesländer nicht so weit voneinander ab wie bei den jährlichen Daten: Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre betrug das jährliche reale BIP-Wachstum in Deutschland 1,4 Prozent. Die Spitzenwerte von Berlin, Bayern und Baden-Württemberg lagen zwischen 1,9 Prozent und 2,1 Prozent. Sehr nahe am Durchschnitt (+/-0,1 Prozentpunkte) waren Niedersachsen, Sachsen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen anzutreffen. Den Bereich von immerhin rund 1 Prozent erreichen Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, NRW, Hamburg, Bremen und Hessen. Das Saarland und Sachsen-Anhalt bilden mit 0,6 Prozent bzw. 0,5 Prozent das Schlusslicht beim langfristigen Wachstumsvergleich, wie die Helaba in ihrer Analyse schreibt.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...